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Albrecht Dihle
setzt nie voraus, daß man Asien auch als exklusive Bezeichnung Klein-
asiens verwenden kann. Vielmehr bedeutet ein Ausdruck wie „die Grie-
chen in Asien“ stets etwa soviel wie „die Griechen auf asiatischem Ter-
ritorium“. Wenn es heißt, der Perserkönig habe 386 v. C. „ganz Asien“
erhalten, so bedeutet das nicht die Benennung Westanatoliens mit dem
Namen des Gesamtkontinents, sondern nur den Verweis auf den Ver-
zicht der Griechen auf jegliches asiatische Territorium, auf dem fortan
nur noch der Großkönig herrscht.
Auch die differenzierenden Territorialbezeichnungen, die von der ar-
chaischen bis zur frühhellenistischen Zeit mit dem Wort Asien gebildet
werden, etwa f] dvco ’Aoia, lassen sich ausnahmslos nur vor dem Hin-
tergrund eines Sprachgebrauchs verstehen, demzufolge Asien einer der
drei Kontinente der Oikumene ist. So erzählt Herodot, daß die Skythen
nach ihrem Sieg über die Meder „ganz Asien“ beherrschten (1,104),
womit er die Vorherrschaft der Skythen in den iranischen Ländern,
Ostkleinasien und Syrien meint, also im größten Teil des den Griechen
bekannten asiatischen Kontinentes. An anderen Stellen bezieht er sich
auf denselben Sachverhalt mit der genaueren Angabe, die Skythen hät-
ten 28 Jahre über die cxvgj ’Aoia geherrscht (4,1,1; 7,20,2). In der Tat
gab es im gleichfalls zum Kontinent Asien gehörigen Westanatolien in
dieser Zeit wohl keine skythische Vorherrschaft. Von der Herrschaft
der Assyrer über die ävo) ’Aoia spricht Herodot in demselben Zusam-
menhang (1,95).
Nirgends findet man in der klassischen Zeit den Namen Asiens als fe-
sten geographischen Terminus zur Bezeichnung Kleinasiens gebraucht
wie an unserer Bacchen-Stelle. Vielmehr ist mit Asien schlechthin wäh-
rend der genannten Epoche immer der Kontinent gemeint, so daß
’Aoia oder gar Jiäoa ’Aoia niemals einem anderen asiatischen Land
gegenübergestellt werden kann. Man spricht zwar von den Hellenen in
Asien und denkt dabei nur an Kleinasien, man sagt aber nicht „Asien,
Syrien und Medien“. Daß das Wort Asien ursprünglich einmal das To-
ponym für ein sehr begrenztes Stück Land in Westanatolien gewesen
war, wußte man zwar in klassischer und hellenistischer Zeit, und wir
werden darauf noch zu sprechen kommen (s.u.S. 17). Das ändert aber
nichts an dem allgemeinen und festen Sprachgebrauch, nach dem Asien
eben der dritte Kontinent neben Europa und Libyen war. Die Verse
17ff. des Bacchen-Prologes sind demnach ohne Parallele in klassischer
und frühhellenistischer Zeit. Strabon hat völlig recht mit seiner wieder-
holten Angabe, erst die Neueren - etwa im Gegensatz zu Herodot, den
er kurz zuvor erwähnt hat - bezeichneten mit dem Namen Asien nicht
Albrecht Dihle
setzt nie voraus, daß man Asien auch als exklusive Bezeichnung Klein-
asiens verwenden kann. Vielmehr bedeutet ein Ausdruck wie „die Grie-
chen in Asien“ stets etwa soviel wie „die Griechen auf asiatischem Ter-
ritorium“. Wenn es heißt, der Perserkönig habe 386 v. C. „ganz Asien“
erhalten, so bedeutet das nicht die Benennung Westanatoliens mit dem
Namen des Gesamtkontinents, sondern nur den Verweis auf den Ver-
zicht der Griechen auf jegliches asiatische Territorium, auf dem fortan
nur noch der Großkönig herrscht.
Auch die differenzierenden Territorialbezeichnungen, die von der ar-
chaischen bis zur frühhellenistischen Zeit mit dem Wort Asien gebildet
werden, etwa f] dvco ’Aoia, lassen sich ausnahmslos nur vor dem Hin-
tergrund eines Sprachgebrauchs verstehen, demzufolge Asien einer der
drei Kontinente der Oikumene ist. So erzählt Herodot, daß die Skythen
nach ihrem Sieg über die Meder „ganz Asien“ beherrschten (1,104),
womit er die Vorherrschaft der Skythen in den iranischen Ländern,
Ostkleinasien und Syrien meint, also im größten Teil des den Griechen
bekannten asiatischen Kontinentes. An anderen Stellen bezieht er sich
auf denselben Sachverhalt mit der genaueren Angabe, die Skythen hät-
ten 28 Jahre über die cxvgj ’Aoia geherrscht (4,1,1; 7,20,2). In der Tat
gab es im gleichfalls zum Kontinent Asien gehörigen Westanatolien in
dieser Zeit wohl keine skythische Vorherrschaft. Von der Herrschaft
der Assyrer über die ävo) ’Aoia spricht Herodot in demselben Zusam-
menhang (1,95).
Nirgends findet man in der klassischen Zeit den Namen Asiens als fe-
sten geographischen Terminus zur Bezeichnung Kleinasiens gebraucht
wie an unserer Bacchen-Stelle. Vielmehr ist mit Asien schlechthin wäh-
rend der genannten Epoche immer der Kontinent gemeint, so daß
’Aoia oder gar Jiäoa ’Aoia niemals einem anderen asiatischen Land
gegenübergestellt werden kann. Man spricht zwar von den Hellenen in
Asien und denkt dabei nur an Kleinasien, man sagt aber nicht „Asien,
Syrien und Medien“. Daß das Wort Asien ursprünglich einmal das To-
ponym für ein sehr begrenztes Stück Land in Westanatolien gewesen
war, wußte man zwar in klassischer und hellenistischer Zeit, und wir
werden darauf noch zu sprechen kommen (s.u.S. 17). Das ändert aber
nichts an dem allgemeinen und festen Sprachgebrauch, nach dem Asien
eben der dritte Kontinent neben Europa und Libyen war. Die Verse
17ff. des Bacchen-Prologes sind demnach ohne Parallele in klassischer
und frühhellenistischer Zeit. Strabon hat völlig recht mit seiner wieder-
holten Angabe, erst die Neueren - etwa im Gegensatz zu Herodot, den
er kurz zuvor erwähnt hat - bezeichneten mit dem Namen Asien nicht