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Dihle, Albrecht; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1981, 2. Abhandlung): Der Prolog der "Bacchen" und die antike Überlieferungsphase des Euripides-Textes: vorgetragen am 18. November 1980 — Heidelberg: Winter, 1981

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https://doi.org/10.11588/diglit.47795#0038
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Albrecht Dihle

angenommen. Bei diesem Fragment aus dem ‘Kresphontes’ des Euripi-
des führt die Angabe der Rollenverteilung auf diesen Schluß. Zum Ver-
gleich mit dem Hamburger Papyrus 118/119 hat B. Gentili31 einen Pa-
riser Papyrus (Sorb. inv. 2252) aus dem 3. Jh. v. C. herangezogen, der
aus dem ‘Hippolytos’ des Euripides die Prologverse 1-57 und 73-106
enthält, also die Chorpartie ausspart. In dem von Bruno Snell ausführ-
lich behandelten32 sog. „Tragödienliederpapyrus“ der Straßburger
Sammlung aus hellenistischer Zeit (ca. 100 v. C.) sind Gesangspartien
aus der ‘Medea’ und den ‘Phoinissen’ des Euripides und aus einer unbe-
kannten Tragödie mit einem Botenbericht aus dem ‘Hektor’ des Asty-
damas (4. Jh. v. C.)33 vereinigt. Auch hier entspricht die Auswahl den
Bedürfnissen einer Theaterpraxis, in der man herausgehobene Stücke
klassischer Dramen isoliert aufführte. Botenberichte und Prologe wa-
ren naturgemäß die beliebtesten Stücke zum rezitativischen Einzelvor-
trag. Daß aber auch Stichomythien dazu ausgewählt wurden, läßt sich
aus dem zuvor genannten Pariser Papyrus mit dem Anfang des ‘Hippo-
lytos' erschließen, der die Prologrede und die anschließende Stichomy-
thie enthält, aber das dazwischentretende Chorlied ausspart. Endlich hat
E. G. Turner gezeigt (L’ant. dass. 32, 1963, 120ff.), daß der o. g. Papy-
rus Ox. 2458 die berühmte Wiedererkennungsszene des ‘Kresphontes’
für eine isolierte Aufführung bearbeitet enthält, daß es sich also um
einen Bühnentext handelt.
Natürlich kann man nicht immer sagen, ob ein Papyrusbuch, dessen
Reste vorliegen, einen Lese- oder einen Theatertext enhielt. Das gilt für
die Anthologie tragischer Trimeter des Hibeh-Papyrus 174 aus dem 2.
Jh. n. C. Die Vermerke /oqoü oder pekog /opob, die sich auf diesem
wie auf einer ganzen Reihe dramatischer Papyri aus verschiedenen Zei-
ten finden, lassen jedenfalls keinen Schluß auf die Bestimmung des be-
treffenden Buches zu34 . Eindeutig ist die literarische Bestimmung bei
den aus Euripides zusammengestellten Gnomologien, insbesondere
wenn sie nach Themen angeordnet sind35. Bei allen Papyri mit Excerp-
31 VgL B. Gentili, Theatrical Performances in the Ancient World. Amsterdam 1979, 18f.
32 Herrn. Einz. 5, 1937, 69ff.
33 Vom ‘Hektor’ des Astydamas hat der o. g. Straßburger Papyrus, der Papyrus Hibeh
174 und der Papyrus Amkerst 10 Reste erhalten.
34 Z. B. P. Hibeh 4 (3. Jh. v. C.) mit Fragmenten des ‘Oineus’ des Euripides; P. Hibeh
174 (2. Jh. v. C.) mit Astydamas ‘Hektor’; P. Lond. 77 (2. Jh. n. C.) mit der ‘Medea’
des Neophron (?); P. Bodmer 4 mit dem ‘Dyskolos’ Menanders.
35 P. Berol. 9779 (BKT 5) aus dem 2. Jh. v. C.; P. Ross. Georg. 1,9 (2. Jh. v. C.); Pap.
bei V. Bartoletti, Att. XI. Congr. Int. Pap. Florenz 1966,Iff. Vgl. auch E. Fraenkel,
Kl. Schriften 415ff.
 
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