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Albrecht Dihle
nis der Scholien einfach beiseite schieben, selbst wenn die Begründung
mit der Gefährlichkeit des 1532 fälligen Sprunges wenig stichhaltig ist
und es keineswegs nahe liegt, aus der Beschreibung des Fluchtweges
durch das Gebälk (1371/72) auf einen Auftritt auf dem Dach zu schlie-
ßen. Daß aber die Mitteilung des Scholions nicht einfach aus 137 If. und
der Erwägung, der Phryger habe dann 1532ff. einen zu großen Sprung
tun müssen, herausgesponnen ist, kann man aus 1504, dem Auftritt des
Orestes tiqö ötupaTOJv, folgern. Wenn der Grammatiker, dessen Erklä-
rung das Scholion erhalten hat, seine Interpolationstheorie nur aus
1371 und 1532 ableitete, hätte er doch wohl auch 1504 berücksichtigt.
Die Angabe, es handele sich bei 1366/68 um eine Schauspielerinterpo-
lation, muß also ursprünglich von ihrer Begründung im Scholion zu
1366 unabhängig gewesen sein. Die drei Verse werden in anderen Ex-
emplaren, die der Erklärer kannte, gefehlt haben oder sonstwie als
Schauspielerinterpolation gekennzeichnet gewesen sein. Mit der deutli-
chen Unabhängigkeit von der Begründung gewinnt die Angabe als sol-
che an Wert. Die Erklärung der Interpolation scheint in der uns vorlie-
genden Notiz sekundär zu sein gegenüber der überlieferten Angabe,
hier liege eine solche Interpolation vor.
Schon 1359f. drückt der Chor die Hoffnung aus, von einem Diener
mehr über die Vorgänge im Palast erfahren zu können, und nachdem
der Phryger wenige Verse nach seinem Auftritt gesungen hat, unter-
bricht ihn der Chor mit der Frage (1380) tl ö’ eotiv, ‘EZ.Evr]g tcqöcctoV,
löctiov KÖ.oa. Der Phryger wird also sofort auch für den Zuschauer als
Diener identifiziert.
Die Verse 1366/68 haben demnach gar keine dramatische Funktion,
denn das Auftreten eines Dieners ist implicite schon 1359f. angekün-
digt. Die ebenso unnötige wie umständliche Ankündigung der Verse
1366/68 verwischt lediglich die zu fordernde Plötzlichkeit des Erschei-
nes des Phrygers, die zu seiner äußersten, mit musikalischen und
sprachlichen Mitteln ausgemalten Erregung gehört. Die Verse 1366ff.
sind also nicht nur wegen 1359f. und 1380 überflüssig. Sie sind depla-
ziert, weil sie das Ethos des Auftritts stören.
Etwas anderes kommt hinzu: Sowohl das Auftreten des Menelaos
1554 als auch dasjenige des Orestes 1506 wird von dem Chor in jeweils
einigen Sprechversen (1504ff. bzw. 1549ff.) angekündigt. Beide Male
bezeichnen diese Sprechverse den Übergang von einer Chorpartie zu
einem gesprochenen Dialog. Die Sprechverse 1366—69 aber, die das
Auftreten des Phrygers ankündigen, unterbrechen eine durchgehend
gesungene Partie, in die sich Chor und Phryger teilen.
Albrecht Dihle
nis der Scholien einfach beiseite schieben, selbst wenn die Begründung
mit der Gefährlichkeit des 1532 fälligen Sprunges wenig stichhaltig ist
und es keineswegs nahe liegt, aus der Beschreibung des Fluchtweges
durch das Gebälk (1371/72) auf einen Auftritt auf dem Dach zu schlie-
ßen. Daß aber die Mitteilung des Scholions nicht einfach aus 137 If. und
der Erwägung, der Phryger habe dann 1532ff. einen zu großen Sprung
tun müssen, herausgesponnen ist, kann man aus 1504, dem Auftritt des
Orestes tiqö ötupaTOJv, folgern. Wenn der Grammatiker, dessen Erklä-
rung das Scholion erhalten hat, seine Interpolationstheorie nur aus
1371 und 1532 ableitete, hätte er doch wohl auch 1504 berücksichtigt.
Die Angabe, es handele sich bei 1366/68 um eine Schauspielerinterpo-
lation, muß also ursprünglich von ihrer Begründung im Scholion zu
1366 unabhängig gewesen sein. Die drei Verse werden in anderen Ex-
emplaren, die der Erklärer kannte, gefehlt haben oder sonstwie als
Schauspielerinterpolation gekennzeichnet gewesen sein. Mit der deutli-
chen Unabhängigkeit von der Begründung gewinnt die Angabe als sol-
che an Wert. Die Erklärung der Interpolation scheint in der uns vorlie-
genden Notiz sekundär zu sein gegenüber der überlieferten Angabe,
hier liege eine solche Interpolation vor.
Schon 1359f. drückt der Chor die Hoffnung aus, von einem Diener
mehr über die Vorgänge im Palast erfahren zu können, und nachdem
der Phryger wenige Verse nach seinem Auftritt gesungen hat, unter-
bricht ihn der Chor mit der Frage (1380) tl ö’ eotiv, ‘EZ.Evr]g tcqöcctoV,
löctiov KÖ.oa. Der Phryger wird also sofort auch für den Zuschauer als
Diener identifiziert.
Die Verse 1366/68 haben demnach gar keine dramatische Funktion,
denn das Auftreten eines Dieners ist implicite schon 1359f. angekün-
digt. Die ebenso unnötige wie umständliche Ankündigung der Verse
1366/68 verwischt lediglich die zu fordernde Plötzlichkeit des Erschei-
nes des Phrygers, die zu seiner äußersten, mit musikalischen und
sprachlichen Mitteln ausgemalten Erregung gehört. Die Verse 1366ff.
sind also nicht nur wegen 1359f. und 1380 überflüssig. Sie sind depla-
ziert, weil sie das Ethos des Auftritts stören.
Etwas anderes kommt hinzu: Sowohl das Auftreten des Menelaos
1554 als auch dasjenige des Orestes 1506 wird von dem Chor in jeweils
einigen Sprechversen (1504ff. bzw. 1549ff.) angekündigt. Beide Male
bezeichnen diese Sprechverse den Übergang von einer Chorpartie zu
einem gesprochenen Dialog. Die Sprechverse 1366—69 aber, die das
Auftreten des Phrygers ankündigen, unterbrechen eine durchgehend
gesungene Partie, in die sich Chor und Phryger teilen.