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Simon, Erika; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1981, 5. Abhandlung): Das Satyrspiel Sphinx des Aischylos: vorgelegt am 11. Juli 1981 — Heidelberg: Winter, 1981

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https://doi.org/10.11588/diglit.47798#0010
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Erika Simon

Die Tragödien Laios und Ödipus
Nicht nur die erhaltenen Sieben gegen Theben, auch die anderen drei
Dramen der Tetralogie hatten Theben zum Schauplatz. Wenn die auf
Papyrus erhaltene Hypothesis des Laios richtig hergestellt ist, wofür
vieles spricht4, hatte das erste Drama einen Chor aus thebanischen
Greisen, und Laios selbst sprach, vor seinem Gang nach Delphi, den
Prolog. Der Inhalt des Stückes war der Tod dieses Königs, der von
einem Boten berichtet wurde, durch den noch unbekannten, aber dem
Zuschauer wohlbekannten Mörder5. Es wurde plausibel vermutet, daß
man am Schluß den Laios auf der Bahre herantrug und daß die Tra-
gödie mit der Totenklage des Chores endete.
Für das folgende Stück, den Ödipus, bleibt es nach Albin Lesky, der
die communis opinio wiedergibt, „die wahrscheinlichste Annahme, daß
es die Aufdeckung der Greuel brachte“6, also des Vatermordes und des
Inzestes mit der Mutter. Es hätte sich demnach um ein Geschehen ge-
handelt, das Sophokles, damals schon junger Rivale des Aischylos7, als
reifer Dichter erneut auf die Bühne brachte. Sein lange nach dem Tod
des Aischylos aufgefuhrter Oedipus Rex wurde für die folgenden Zeiten
zur kanonischen Fassung des Mythos. Die Annahme, daß Aischylos
diese Fassung schon 467 v. Chr. in ihren wesentlichen Elementen vor-
ausgenommen habe8, scheint mir aus den folgenden Überlegungen
problematisch zu sein.
Im Oedipus des Sophokles spielt die Mutter und Gemahlin des Ödi-
pus, Jokaste, eine wichtige Rolle. Dem Aischylos dagegen ging es, wie
die erhaltenen Sieben zeigen, ausschließlich um die männlichen Mit-
glieder des Labdakidenhauses9. Obwohl thebanische Mädchen die
Chorlieder in den Sieben singen, kreisen ihre Gedanken immer wieder
4 Mette I F 169; Mette II 34ff.; Taplin 63 Anm. 1.
5 Ob Mette I F 172, in dem der Dreiweg bei Potniai erwähnt wird, zum Laios
oder zum Ödipus gehört, ist allerdings umstritten; vgl. Robert 273; Taplin 85
mit Anm.
6 Lesky 89; ähnlich Mette II 35; anders Taplin, s. unten Anm. 16. - Die zu weit-
gehende Rekonstruktion von Robert 273 ff. wurde in der Forschung zu Recht mit
Skepsis betrachtet; vgl. unten Anm. 16. 52. 90.
7 Vgl. TrGF IV (Radt) 49f. T 36. 37; Lesky 68.
8 Man hat sogar daran gedacht, daß der aischyleische Ödipus wie der sophokleische
(zu dessen Datierung vgl. Lesky 217ff.) mit einer Pest begann; vgl. Mette II 35
zu F 691.
9 R. Kannicht teilt mir freundlicherweise zu diesem Punkt mit: „Dies gilt auch
dann, wenn man Antigone und Ismene mit den Handschriften an Threnos und
 
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