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Simon, Erika; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1981, 5. Abhandlung): Das Satyrspiel Sphinx des Aischylos: vorgelegt am 11. Juli 1981 — Heidelberg: Winter, 1981

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https://doi.org/10.11588/diglit.47798#0021
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Das Satyrspiel Sphinx des Aischylos

19

Prolog und Parodos der Sphinx
Die soeben betrachteten Vasenbilder und besonders der Krater des
Agrigento-Malers (Taf. 6,2) überliefern nach alledem das 'tableau’
vom Anfang der aischyleischen Sphinx, freilich mit den für die Vasen-
malerei charakteristischen Abwandlungen. So ist bei Hermonax und
anderen Malern - nicht aber auf dem verschollenen Bild des Agri-
gento-Malers - Ödipus proleptisch hinzugefugt. Eine weitere auf das
Konto der Bildkunst gehende Ergänzung ist die Sphinx auf ihrer Säule.
Das repac; hockte sicher nicht von Anbeginn auf der Bühne. Vielmehr
muß die Epiphanie des seltsamen Wesens vor den Augen der staunen-
den Silene inszeniert worden sein, denn Situationen dieser Art waren
für das Satyrspiel typisch46. Die Vasenmaler haben die Sphinx als Hin-
weis darauf angebracht, worum es in dieser Versammlung geht. Wie
sonst hätte es der Betrachter der Vase wissen sollen? Außerdem sind,
von wenigen Ausnahmen abgesehen, die Vasenbilder bekanntlich
keine Illustration einzelner Bühnenszenen47. Im allgemeinen geben sie
einfach den Mythos wieder48, freilich in der Gestalt, die ihm das Drama
gegeben hatte. Die Zuschauer im Dionysostheater wußten ohne die
Säule mit der Sphinx, was am Beginn des Satyrspiels vorging, der Pro-
log informierte sie. Aus den Worten des Prologsprechers, die dieser an
die Thebanerversammlung richtete, konnten sie wie am Anfang der
Sieben alles Nötige entnehmen. War es dort der König Eteokles, so
muß es hier der König Kreon gewesen sein, der auf mehreren Vasen
unter den Thebanem hervorgehoben ist.
Der bildhafte Beginn des Satyrspiels Sphinx zeigte demnach die Rat-
geber des Königs und diesen selbst in einer der vielen Versammlungen,
in denen sie das Rätsel der Sphinx zu lösen suchten49. Es handelte sich,
46 Die Begegnung der Satyrn mit einem plötzlich auftauchenden rcpa«; gehörte zu
den wichtigsten Motiven des Satyrspiels; vgl. Guggisberg 71ff. Auch Chourmou-
ziades 33 ist der Meinung, daß Aischylos die Sphinx als rcpa; auf der Bühne
erscheinen ließ.
47 Vgl. E. Zwierlein-Diehl, Gnomon 47, 1975, 65.
48 Theaterattribute wie Masken oder Kothurne sind in den auf Vasen wiederge-
gebenen Tragödienszenen sehr selten, wie die Durchmusterung von Trendall/
Webster lehren kann. Die Vasenmaler pflegen Bühnenrequisiten meist nur dann
zu zeigen, wenn sie nicht den Mythos darstellen wollen, sondern das Treiben
der Schauspieler 'hinter den Kulissen’.
49 Apollodor 3, 53. Als Versammlungsort ist die Akropolis von Theben, die Kad-
meia, anzunehmen; s. unten S. 31f.
 
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