Metadaten

Simon, Erika; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1981, 5. Abhandlung): Das Satyrspiel Sphinx des Aischylos: vorgelegt am 11. Juli 1981 — Heidelberg: Winter, 1981

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.47798#0034
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
32

Erika Simon

gab,108 paßt auch das Auftreten seiner Trabanten, der Silene. Ihr Grei-
senalter war hier ebenfalls angebracht. Denn der Zögling dieser Alten,
Dionysos, stammte aus dem gleichen Geschlecht wie Ödipus, nur aus
einer früheren Generation. Deshalb sind seine Erzieher nun schon so
alt; nach griechischem Glauben waren weder Silene noch Nymphen
vor Alter und Tod geschützt, wenn ihr Leben auch sehr viel länger als
das der Menschen war109.
Nach dem Sturz der Sphinx dürfte ein Aufatmen durch den Chor ge-
gangen sein. Vielleicht legte er jetzt Mäntel und Zepter ab und führte
einen wilden Freudentanz auf. Ödipus wurde als Sieger bekränzt, wie
es in einem nahezu wörtlich erhaltenen Fragment aus der Sphinx
heißt110:
Und ihm, dem Fremden, ... der altverehrte Kranz,
Der Fesseln beste nach Prometheus’ Wort.
Es handelt sich um ein Selbstzitat aus einem der aischyleischen Prome-
theusdramen, wohl aus dem Befreiten Prometheus, wie man der Athe-
naios-Stelle, die das Fragment überliefert, entnommen hat111. Die Be-
kränzung des Ödipus dürfte durch Kreon erfolgt sein, der nun sein Ver-
sprechen vom Anfang des Stückes einlöste. Daß Kreon auch Jokaste
heranführte, um sie dem Ödipus zur Frau zu geben, ist möglich. Sie
müßte von einer stummen Person gespielt worden sein, da das Stück in
eine Zeit fällt, die noch nicht drei Sprechrollen gleichzeitig auf der
fragmentierten Kanne in Berlin, die Sphinx und Ödipus als karikierte Wesen
zeigt, steht neben der 'Sphinx’ Kassmia. Die Inschrift wird als Name der Sphinx
verstanden, es könnte sich m.E. aber zugleich um eine Andeutung der Örtlich-
keit handeln; s. Hausmann 30 Abb. 31.
108 Den Dionysos Kadmeios; s. E. Simon, Die Götter der Griechen (1969) 272 ff.
109 Zur Langlebigkeit der Nymphen: Hesiod F 304 (Merkelbach/West); zur Sterblich-
keit der Satyrn s. die Marmorgruppe im Konservatorenpalast Inv. 951-53. Hel-
big4 II Nr. 1467 (H. v. Steuben).
110 Steffen F 62; Mette I F 181 aus Athenaios 15, 674 d; die Übersetzung nach
Mette II 37.
111 Mette I 256 llf. und II 19 setzt daher die Promethie versuchsweise in das Jahr
469 v. Chr. Das Problem der Datierung der Promethie kann hier nicht erörtert
werden. Der Pyrkaeus des Aischylos vom Jahre 472 kommt wohl deshalb als
Quelle des Zitats nicht in Frage, weil Fesselung und Bekränzung des Prometheus
in jenem Satyrspiel nicht unterzubringen sind (s. Mette ibidem). Da Selbstzitate
(wie etwa in der neuzeitlichen Musik) eine heitere, ja (selbst-)ironische Wirkung
haben können, waren sie vielleicht im Satyrspiel überhaupt beliebt. Sie zielten
jedenfalls auf das Erinnerungsvermögen des Publikums.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften