Metadaten

Hengel, Martin; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1982, 1. Abhandlung): Achilleus in Jerusalem: eine spätantike Messingkanne mit Achilleus-Darstellungen aus Jerusalem ; vorgelegt am 28. November 1981 — Heidelberg: Winter, 1982

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.47804#0030
License: Free access  - all rights reserved
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
20

Martin Hengel

vinziellen Einfachheit der Darstellung - die drei Büsten werden nur
durch eine schlichte Linie eingefaßt, jeder Hinweis auf die Mauern
und Türme fehlt - ist die Einheit der Gesamtkomposition beach-
tenswert: genau dieselben Gestalten erscheinen auch auf der an-
deren Seite der Kanne und geben so dem Ganzen die innere Ge-
schlossenheit.
2.3 Die Darstellung der „Lösung Hektors“ auf Seite B des Kannen-
körpers ist ikonographisch am interessantesten und in ihrer Weise
ebenfalls ein Unikum, das sich weit von den üblichen Darstellun-
gen des beliebten Themas - das ja die Ilias abschließt - entfernt.
Gegen den Wortlaut der Ilias, wo sich Achilleus gegenüber der
Bitte des sterbenden Hektor kategorisch weigert, den Leichnam des
Gegners freizugeben, auch wenn sein Vater „ihn mit Gold auf-
wöge“19, folgt der Künstler den verlorengegangenen Opvyci; des
Aischylos, dem Abschluß eines Zyklus von drei Achilleusdramen.
Danach forderte Achilleus von dem zu ihm gekommenen Priamos,
daß dieser den Leichnam seines Sohnes mit Gold aufwiege, eine
Szene, die sich durch die große Waage am Ende des Dramas
außerordentlich bühnenwirksam gestalten ließ. Eine Besonderheit
des Aischylos, die K. Deichgräber hervorhob, war es wohl auch, daß
er Priamos und seine Begleiter nicht mehr - wie in der Ilias - als
gleichwertige Gegner, sondern, wie schon der Name des Dramas
zeigt, als phrygische Barbaren dargestellt hat20. Im Gegensatz zu der
19 Ilias 22,351 f. oüö’ eixev a'auröv ypuoö epvaomüai ävüyox/ AapSaviör^Hpiapot;-
348-353 werden nicht, wie M. von der Kolf PW XXII, 2 (1954) Sp. 1878 ver-
mutete, zwei möglicherweise schon vor Homer bekannte Sagenversionen ver-
bunden, von denen die eine bei Homer, die andere später bei Aischylos aus-
geführt wird, sondern der Dialog enthält eine Klimax, die in der Aufwiegung
durch Gold gipfelt: Selbst dann will A. den Leichnam seines Gegners nicht
freigeben. Zum Motiv s. jetzt W. Basista, Hektors Lösung, Boreas 2 (1979),
5-36, der sich allerdings bewußt auf die Ilias und die archaischen Darstellungen
beschränkt.
20 H. J. Mette, Die Fragmente der Tragödien des Aischylos, Berlin 1959, F. 254.
Nach dem A-Scholion zur Ilias 10, 351b Erbse: ö öe Aio/v/ot; en’ dÄr|ÜEia<;
avTiorabpov /pvobv xsnoipxE xpöp tö "Exropot; oöpa sv $pu^iv. Vgl. Hesych.
Lex. A 7374 L: 'd[vTip]po7rov’ (cj. Mette, Fragmente S. 91/Fr. 254c) töv öäxöv
toö "Exropot;. rj ro äwiaTabpov. Aio/uAo<; <hpv£f{<;}. Vgl. dazu H. Kenner, Zur
Achilleis des Aischylos, Wiener Jahreshefte 23 (1941) 1-24; H. J. Mette, Der
verlorene Aischylos, 1963, 120; B. Döhle, Klio 49 (1967), 94 f. 137, und Schade-
waldt, Hermes 71 (1936), 63 = Hellas und Hesperien, 21970, I: „Aischylos hat
den Lösungsakt selbst betont und zu höchster dinglicher Anschaulichkeit heraus-
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften