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Hengel, Martin; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1982, 1. Abhandlung): Achilleus in Jerusalem: eine spätantike Messingkanne mit Achilleus-Darstellungen aus Jerusalem ; vorgelegt am 28. November 1981 — Heidelberg: Winter, 1982

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https://doi.org/10.11588/diglit.47804#0040
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30

Martin Hengel

Kanne mit dem tragenden Stab und den schmalen Schalen berührt
sich mit ägyptischen Darstellungen, und den thronenden Achilleus
könnte man mit dem sitzenden Totenrichter vergleichen50 (s. A. 34).
Ihre nächste, ja einzige Parallele ist die Waage bei Hektors Lösung
auf dem schon erwähnten koptischen Bronzeteller (s. noch Kor-
rekturnachtrag u. S. 55ff.).
2.4 Die größten Schwierigkeiten in der Deutung bereitete die
Kitharaszene am Hals von Seite B. Hier haben wir über längere Zeit
hin verschiedene Möglichkeiten erwogen und wieder verworfen:
dazu gehörten Hermes und Paris bei der Übergabe des Apfels,
Apollo und Kassandra, oder - eine männliche Gestalt vorausgesetzt
- Apollo und Admetos, oder Apollo und Paris. Die letzte Szene
würde sich insofern gut in einem Achilleus-Zyklus einfügen, weil ja
Apollo Paris zur Tötung des Peliden mit dem Pfeil anleitet. Wenn
die rechte Gestalt mit der phrygischen Mütze einen Mann dar-
stellte, wäre dies die plausibelste Lösung. Aber eben dies erscheint
nach der völligen Reinigung der Kanne, die die Gestalt deutlicher
hervortreten ließ, ausgeschlossen zu sein. Es fehlen zudem die
entscheidenden Utensilien, der Bogen und der todbringende Pfeil.
Man wird darum nach einer anderen Lösung suchen müssen.
Die folgenden Überlegungen gehen von gewissen Grundvoraus-
setzungen aus:
1. Die linke Gestalt ist eine männliche, die rechte eine weibliche
Figur.
2. Da auf den anderen drei Darstellungen jeweils auf der linken
Seite Achilleus erscheint, ist es sehr wahrscheinlich, daß auch hier
links Achilleus dargestellt wird.
3. Der runde Gegenstand auf der Leier über der Hand des Achilleus
ist ein Plektron.
Vermutlich unterrichtet der Held eine Frau im Saitenspiel. Hier
wird man sofort an die schöne Darstellung des Statius erinnert, der
in seiner unvollendet gebliebenen Achilleis schildert, wie der Held
Deidameia, der Tochter des Königs Lykomedes von Skyros, Unter-
richt auf der Lyra erteilt:

50 Vgl. Chr. Seeber, Untersuchungen zur Darstellung des Totengerichts im Alten
Ägypten, München 1976, 67 ff. Abb. 15. 18. 20-22 u. ö. im Text und Anhang
Abb. 1-26.
 
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