Metadaten

Hengel, Martin; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1982, 1. Abhandlung): Achilleus in Jerusalem: eine spätantike Messingkanne mit Achilleus-Darstellungen aus Jerusalem ; vorgelegt am 28. November 1981 — Heidelberg: Winter, 1982

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.47804#0046
License: Free access  - all rights reserved
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
36

Martin Hengel

Das Attribut der phrygischen Mütze hat so bei Briseis - auch wenn
es selten ist - durchaus seine sachliche Berechtigung. Chorikios
von Gaza nennt sie ohne Umschweife ßapßapop. . . xori öopodÄw-
wp69.
Auf zahlreichen Abbildungen der Lytra erscheint - von der
frühesten Zeit an - Briseis, wenn auch in der Regel nur als Neben-
figur; so auf einigen älteren Kunstwerken in der Rolle des Mund-
schenks70. Darstellungen, die sie allein mit Achilleus zeigen, finden
sich nur auf zwei rotfigurigen Vasen71, auch das Motiv des gemein-
samen Lyraspiels ist in Verbindung mit der Lösung einzigartig.
Doch unsere Messingkanne zeigte ja auch bei allen anderen Abbil-
dungen eine sehr große Eigenwilligkeit.
Was den Aufbau des Bildes anbetrifft, so erinnert es an die Szene
zwischen Apollo und Daphne auf dem Silbereimer von Conpesti
aus der Ermitage (um 400 n. Chr.). Dort steht Apollo links un-
bekleidet, das linke Bein ruht abgewinkelt auf einem Felsenstück,
zwischen ihm und Daphne, die ihm rechts gegenüber auf dem
Boden sitzt, befindet sich auf einem hohen Postament eine ge-
hörnte Lyra, nach der er die Hand ausstreckt. Daphne, ebenfalls
unbekleidet, wendet den Kopf von ihm ab. Das erotische Moment,
das auf unserer Kanne nur behutsam angedeutet wird, tritt dort
sehr viel stärker hervor. Zugleich ist bei dem Eimer von Conpesti
auch das künstlerische Niveau wesentlich höher72 (s. A. 39). Die
vermutlich anspruchsvollere Vorlage der Jerusalemer Kanne, die
selbst von einem eher mittelmäßigen Künstler stammt, könnte
ähnlich ausgesehen haben.
Aischylos bezeichnet in den „Phryges“ (F 247) Lyrnessos auch als Heimat der
Andromache. O. Werner, Aischylos. Tragödien und Fragmente, 1959, 571 zu
fr. 76, vermutet, daß in diesem Fragment Priamos „zu (oder von) Briseis“
spricht. Vgl. auch Kossatz-Deißmann LIMC II s. v. Briseis.
69 Ed. Foerster/Richtsteig, 1929, Patroklos, 38, p. 457.
70 LIMC I s. v. Achilleus Nr. 644. 649 u. ö.; Briseis bekränzt Achilleus: 656 vgl.
680 f und h: Briseis versucht, Priamos vom Boden hochzuziehen; LIMC II s. v.
Briseis Nr. 22. 25. 28-30. Daneben erscheint auch noch das entgegengesetzte
Motiv der Klage um Patroklos, s. o. Anm. 55.
71 LIMC II s. v. Briseis Nr. 44. 45.
72 L. Matzulewitsch, op. cit. (Anm. 63) 134f. T. 46. Eine erotische Lyraszene, in
der Mann und Frau sich gegenübersitzen und die Frau ihre Hand zu der vom
Manne gespielten Lyra ausstreckt, begegnet uns auch auf einem etruskischen
Spiegel in Florenz, abgebildet bei F. Studniczka (Anm. 49), 144 Abb. 62. Es
handelt sich wohl um Adonis und Venus. Dazu jetzt LIMC I s. v. Adonis Nr. 19.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften