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Hengel, Martin; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1982, 1. Abhandlung): Achilleus in Jerusalem: eine spätantike Messingkanne mit Achilleus-Darstellungen aus Jerusalem ; vorgelegt am 28. November 1981 — Heidelberg: Winter, 1982

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https://doi.org/10.11588/diglit.47804#0048
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Martin Hengel

In der römischen Literatur wird Briseis relativ häufig als die
Geliebte des Achilleus gefeiert, sie findet sich auch nicht selten
gerade auf spätrömischen Darstellungen der Lytra, doch dort ohne
eigene feste Funktion. Bei Prokopios von Gaza, dem Lehrer des
Chorikios (um 500 n. Chr.), klagt Phönix, der Erzieher des Achil-
leus, darüber, daß dieser sich nach der Rücksendung der Briseis
zwar von der Sklavin trösten lasse, jedoch seine Bitten als Bote des
Agamemnon und der Griechen nicht hören wolle. Er schließt er-
bittert: „Du aber, Achilleus, erfreue dich jetzt an der Kriegsgefan-
genen samt der nun anhebenden Schande“75. Trifft unsere Ver-
mutung zu, dann hätte ein spätantiker Künstler, der die Vorlage der
Kanne schuf, dieses Problem der Zuordnung der Briseis zur Lösung
Hektors76 - vielleicht im Anschluß an Theaterszenen oder den
Mimus - auf originelle Weise gelöst. Das Motiv des mit Briseis auf
der Lyra spielenden und singenden Achilleus wird indirekt auch
durch Chorikios von Gaza zur Zeit Justinians bestätigt. In seiner
Declamatio Patroklos bittet der Freund den Peliden, doch endlich
seinen Zorn fahren zu lassen und in den Kampf gegen die Troer
einzugreifen. Dabei trägt er auch die Meinung der Briseis, die den
Achilleus immer noch liebt, vor. Sie würde diesem sagen: „Was
singst du mir über die Siege der alten Helden vor? Singe mir ein
lieblicheres Lied, nämlich über deine Heldentaten. Dieses Lied
singe auch ich mit dir und wir werden (beide) so die Zuhörer eher
bezaubern. Denn das größere Vergnügen bereiten die Lieder, bei
denen eine männliche und weibliche Stimme zusammenklingen“77.
Ein derartiges Zusammenspiel beider Partner mit Gesang will wohl
75 Escher, Art. Briseis, PW III, 1 (1897) Sp. 857. Chorikios läßt Priamos bei dessen
Ablehnung des Heiratsantrages von Achilleus für Polyxene mehrfach auf die
Konkurrenz von Briseis verweisen; Priamos 43 ff. 78 ff. ed. Foerster/Richtsteig
p. 162 ff. 171. Prokopios v. Gaza, Procopii Gazaei epistolae et declamationes, edd.
A. Garzya/R.-J. Loenertz, SBP 9, Ettal 1963, p. 97 f. (98): ob öe vbv, ’A/ikkeO,
xrjc; aixpakwxou pexd xfj<; evxeöüev döo£(a<; dnoAaoe.
76 Kossatz-Deißmann LIMC II s. v. Briseis (Kommentar): „Bei allen Lytradarstel-
lungen spielt B. keine besondere Rolle, sondern ist nur Beifigur“. Außerhalb
der Achilleusszenen ist sie völlig bedeutungslos.
77 Patroklos § 72 (Foerster/Richtsteig p. 475): xi poi vixa<; dpyaiwv dvöpdiv
peXcpöeic;; xeprcvoxepov aöe poi pekoc;, xd<; od«; dpiox£ia<;. xoüxo xdy<b pexd oov
ovvccög) xö peko<; xai pccAAov ovxoi xoijc; dxouovxa«; ÜEÄyopEv. peiCcov ydp xwv
dopaxov f| xEpt|n<; dvöpEÜx xe xai yvvaixeia (poivrj xExpapsvGiv. Vgl. dazu Ilias 9,
189 zum Gesang des Achilleus: xfj (auf einer Leier mit silbernem Steg) ö ye
üvpöv ExeprcEV, aciÖE ö’ dpa xÄea dvöpöv.
 
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