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Alföldy, Géza; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1983, 1. Abhandlung): Sir Ronald Syme, "Die Römische Revolution" und die deutsche Althistorie: vorgelegt am 4. Dez. 1982 — Heidelberg: Winter, 1983

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.47809#0032
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Geza Alföldy

... would coolly have sacrificed his nearest and dearest’88. Zugleich
war er so etwas wie ein Kleinbürger, den nicht nur 'the hard realism’
oder 'the caution and the parsimony’ kennzeichneten, sondern auch
'the lack of chivalry’89. Seine Tugenden werden bei Syme beinahe
in vitia umgedreht. 'His personal courage was not above reproach’;
seine clementia war nur dann gegenwärtig, 'when murder could serve
no useful purpose’; der Schlachtruf der pietas erschallte nur, wenn
es nutzbringend zu sein schien; und seine Gerechtigkeit brauchte
nicht ohne Grund propagiert zu werden90. Selbst sein Äußeres, mit
seinen schlechten Zähnen und seinem strohblonden Haar, war alles
andere als gewinnend, und sein ehrwürdiges und freundliches Gesicht
war nur eine Maske91. Dieses Urteil war eine Provokation, auch
wenn Syme der Ansicht war, daß in der Betrachtung der Persön-
lichkeit des Augustus 'condemnation and apology ... are equally out
of place’, und daß Augustus’ 'ability and greatness will all the more
sharply be revealed by unfriendly presentation’92. Das Porträt ist
äußerst ungünstig, obwohl Syme dem Augustus doch 'craft and diplo-
macy, high courage and a sense of destiny’ zuwies93, ebenso wie das
Verdienst, daß 'the Roman State, based firmly on a united Italy and
a coherent Empire, was completely renovated, with new institutions,
new ideas and even a new literature that was already classical’94.
Es mag sein, daß diese 'moralische Geschichtsschreibung’ in der Art
des Tacitus der Wirklichkeit nicht entspricht, um so weniger als uns
die Persönlichkeit des Augustus, wie Syme zugibt, ähnlich wie die
Sphinx auf seinem Siegelring, ein Rätsel aufgibt95. Wer sich jedoch
über das zeitgenössisch zugespitzte, höchst negative Charakterbild des
Augustus in der 'Römischen Revolution’ empört, möge sich an die
Entstehungszeit dieses Werkes erinnern. Es geschah nicht zufällig,
daß im Jahre 1940 ein englischer Rezensent zu diesem Buch - geschrie-
ben in einer Epoche, die den Aufstieg von Diktaturen und die
Schwäche der parlamentarischen Systeme sah - folgendes bemerkte:

88 Ebd. 427.
89 Ebd. 453 f.
90 Ebd. 299 und bes. 480f.
91 Ebd. 480.
92 Ebd. 191 und 7.
93 Ebd. 234.
94 Ebd. 521.
95 Ebd. 113.
 
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