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Alföldy, Géza; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1983, 1. Abhandlung): Sir Ronald Syme, "Die Römische Revolution" und die deutsche Althistorie: vorgelegt am 4. Dez. 1982 — Heidelberg: Winter, 1983

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.47809#0045
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Sir Ronald Syme, 'Die römische Revolution’ und die deutsche Althistorie 35

Rechts, dem öffentlichen und dem privaten, die Fakultätslinie durch-
ging, wo der wunderliche Zufall die Numismatik und sogar die Epi-
graphik zu einer Art von Sonderwissenschaft gemacht hatte und ein
Münz- oder Inschriftenzitat außerhalb dieser Kreise eine Merkwürdig-
keit war - diese Epoche gehört der Vergangenheit an, und es ist
vielleicht mit mein Verdienst, aber vor allen Dingen mein Glück
gewesen, daß ich bei dieser Befreiung habe mittun können’143. Wie
sehr diese 'Befreiung’ für 'Die römische Revolution’ und für Symes
Werk im ganzen kennzeichnend ist, braucht nicht erörtert zu werden.
Wir müßten uns jedoch fragen, was Mommsen von der heutigen
Lage der Altertumswissenschaft an den deutschen Universitäten sagen
würde!
Zweitens, narrative oder pragmatische Historie. Das Werk Niebuhrs
und Mommsens 'Römische Geschichte’ hätte P. Veyne ähnlich wie
Symes Schriften charakterisieren können: Da gibt es leider nur
Geschichte, nämlich die Geschichte der Fakten, die für sich selbst
sprechen und sich selbst erklären; die Geschichte der Fakten, die
freilich aufgrund klarer leitender Ideen, doch nicht durch die Anwen-
dung irgendwelcher systematischer Theorie erfaßt werden. Ebenso
wie in der 'Römischen Revolution’, ließe sich dieses kennzeichnende
Merkmal auch in der klassischen deutschen Historiographie nicht
zuletzt anhand der Terminologie aufzeigen. Es war Mommsen, auf
den die Verwendung des Begriffes 'Revolution’ für die Geschichte
der Späten Republik zurückgeht: Nach ihm begann mit den Gracchen
eine Revolution144. Doch war für diesen achtundvierziger Revolutionär
'Revolution’ nicht dasselbe wie für die moderne Geschichts- oder
Politikwissenschaft: Jeder politische Umsturz konnte ihm als Revolu-
tion erscheinen, z.B. auch die Beseitigung einer Revolution, wie
Mommsen zur Wiederherstellung der Senatsherrschaft nach Gaius
Gracchus bemerkte: 'Restauration ist immer auch Revolution’145.
143 Abgedruckt bei L. M. Hartmann, Theodor Mommsen. Eine biographische Skizze,
Gotha 1908, 56f.; zitiert bei K. Christ, Von Gibbon zu Rostovtzeff 94 Anm. 22.
144 Th. Mommsen, Römische Geschichte, 8. Aufl., Berlin 1889, II 3ff.
145 Ebd. 126. Zu Mommsens Revolutionsbegriff siehe jetzt bes. C. Gaedeke, Ge-
schichte und Revolution bei Niebuhr, Droysen und Mommsen, Diss. Berlin 1978,
129ff, bes. 164ff; E. Tornow, Der Revolutionsbegriff und die späte römische
Republik - eine Studie zur deutschen Geschichtsschreibung im 19. und 20. Jh.,
Frankfurt am Main - Bem - Las Vegas - 1978, 9ff; K. Bringmann, GWU 31,1980,
357ff; weitere Literatur bei H. Castritius, a.a.O. (oben Anm. 20). Zur 'Theorie-
feindlichkeit’ Mommsens in der 'Römischen Geschichte’ vgl. jetzt K. Christ,
Römische Geschichte und deutsche Altertumswissenschaft (oben Anm. 124) 61 f.
 
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