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Schulin, Ernst; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1983, 2. Abhandlung): Burckhardts Potenzen- und Sturmlehre: zu seiner Vorlesung über das Studium der Geschichte (den Weltgeschichtlichen Betrachtungen)$dvorgetragen am 30. April 1983 — Heidelberg: Winter, 1983

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https://doi.org/10.11588/diglit.47810#0013
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Burckhardts Potenzen- und Sturmlehre

11

Entstehung der Vorlesung
Versuchen wir zunächst, anhand der nun gedruckt vorliegenden
Entwürfe die Entstehung von Burckhardts Konzeption nachzuzeich-
nen.
In den Sommerferien 1868 in Konstanz entwarf Burckhardt das
erste, später sog. Alte Schema. Er wollte sich für seine Einführungsvor-
lesung über das Studium der Geschichte vor allem auf Geistes-
geschichte konzentrieren. „Die Geschichte für uns nach Kräften eine
Geschichte des Geistes; die äußere, materielle Geschichte nur als
unvermeidliche Basis hiezu.“ (107) Er begründete diese Einschrän-
kung damit, daß dieser Kurs nicht zur Ausbildung von Geschichtsstu-
denten, sondern zur Einführung allgemeiner Hörer in das Geschichtli-
che gedacht sei. Hierfür strebte er eine nie ganz deutlich werdende
Zweiteilung an: er wollte zunächst das Vergangene als eine „fortlaufen-
de Geschichte des Geistes“ (122) anschaulich machen und dann die
geistigen Veränderungen oder das Geschichtliche in den verschiede-
nen Hauptgebieten Staat und Recht, Religionen, Philosophien, Wis-
senschaften, Poesie und Kunst behandeln. Das schien ihm wie ein
historischer und ein systematischer Teil unterscheidbar. Später unter-
schied er es merkwürdigerweise als Betrachtung der Geschichtsschrei-
bung und Erkennung des Geschichtlichen (158) oder er nannte es, als
er eine neue Disposition gefunden hatte, die eigentliche „große
Gesamtaufgabe der Geschichte im Allgemeinen“, zu zeigen, wie alles
Geschehene eine geistige und alles Geistige eine geschichtliche Seite
habe (228, auch 160). Immer fällt dabei auf, daß er von diesen beiden
Grundrichtungen - die er nachträglich als „in sich identisch“ (228)
bezeichnet - die erste, also die fortlaufende Geschichte des Geistes, die
geistige Seite alles Geschehens, weniger deutlich konzipiert. Er vergißt
sie manchmal sogar.17 Es ist die idealistische, das Geschehen vergeisti-
gende, ihm vor allem von Ranke und Droysen her bekannte Ge-
schichtsauffassung. Ihr stellt er die andere, ihn eigentlich interessie-

17 Zu Beginn des Alten Schemas, S. 107, nennt er nur die geschichtliche Seite alles
Geistigen; an der entsprechenden Stelle im Neuen Schema S. 228 zunächst auch;
die geistige Seite alles Geschehenen wird dann nachgetragen (dort Anm. 15).
 
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