Metadaten

Burkert, Walter; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1984, 1. Abhandlung): Die orientalisierende Epoche in der griechischen Religion und Literatur: vorgetragen am 8. Mai 1982 — Heidelberg: Winter, 1984

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.47812#0085
License: In Copyright
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Die orientalisierende Epoche

75

7. Asklepios und Asgelatas
Härtester Beweis für babylonischen Import nach Griechenland im Bereich von
Krankheitsdämonen und Heilgottheiten sind drei Kleinbronzen aus dem Hera-
heiligtum von Samos. Zwei davon sind erst 1979 veröffentlicht worden; sie stam-
men aus Fundschichten des 7. Jh.1. Dargestellt ist ein betender Mann mit einem
großen Hund. Solche Figuren weisen, wie entsprechende Funde im Zweistrom-
land und auch Keilschrifttexte sichern, auf die babylonische Heilgöttin Gula von
Isin, der 'großen Ärztin’, azugallatu. Hundeopfer gehören zu ihrem Kult; bei ihrem
Heiligtum in Isin ist eine ganze Reihe von Hundebestattungen zutage gekommen2.
Wenn mehrere Figuren dieser Art der Hera von Samos geweiht wurden, han-
delt es sich kaum mehr um zufälliges Souvenir. Eher dürfte auch Hera hier als
Heilgottheit angesprochen sein, traut man solche Hilfe doch praktisch allen Göt-
tern und erst recht den Göttinnen zu. Ob die Weihungen von östlichen Kauf-
leuten stammen, die bis Samos gelangten, oder aus Babylon mitgebracht wur-
den von Griechen wie Alkaios’ Bruder Antimenidas, ist nicht zu entscheiden.
Was Krankheit ist, läßt sich leicht über die Sprachgrenze hinweg erfassen, und
daß eine solche Figur gut dagegen ist, läßt sich kaum weniger leicht deutlich
machen.
Weiter zu gehen nötigt die markante Rolle, die der Hund im Kult des grie-
chischen Heilgotts kat’exochen, des Asklepios spielt. Neben dem Goldelfenbeinbild
im Tempel von Epidauros stand ein Hund; Hunde begleiten die Asklepiossöhne
auf einem Weihrelief von ebenda3. Der Mythos berichtet, Asklepios sei auf dem
Kynortion-Berg ausgesetzt, von einer Hündin ernährt, von Jägern, 'Hundeführem’ -
κυνηγέται - aber gefunden worden4. Unmittelbar in den Kult führt darüber hin-
aus die Bestimmung in der Lex Sacra aus dem Piraeus-Heiligtum des Asklepios,
wonach die Heilung Suchenden Voropfer darzubringen haben für Maleatas,
Apollon, Hermes, laso, Akeso und Panakeia, und schließlich 'für Hunde’ und
'für Hundeführer’, drei Kuchen in sämtlichen Fällen5.
Man kann die 'Hunde und Hundeführer’ vom Mythos her erklären, doch legen
die Bronzen vom Hera-Heiligtum eine viel unmittelbarere, anschauliche Erklärung
nahe: hier stehen 'Hunde und Hundeführer’ in effigie vor Augen. Man kann ver-
muten, daß solche Figuren auch im Piraeus-Heiligtum zu sehen waren, und dann
1 H. Kyrieleis, Babylonische Bronzen im Heraion von Samos, Jdl 94 (1979) 32-48. Vgl.
A. Furtwängler AK 21 (1978) 113f.
2 Fuhr (1977) 136.
3 Paus. 2, 27, 2, eine entsprechende Münze bei Fuhr (1977) 140 Abb. 10; Asklepios-
Weihrelief, Asklepsiossöhne mit Hunden: U. Hausmann, Kunst und Heiltum (1948)
Abb. 10; K. Kerenyi, Der göttliche Arzt (1948) Abb. 15 (aus Epidauros, Athen NM 1426).
Vgl. Μ. P. Nilsson, Griechische Feste (1906) 409, 7.
4 Apollodor FGrHist 244 F 138.
IG II/III2 4962 = LSCG 21, 9f.: κυσϊν πόπανα τρία· κυνηγέταις πόπανα τρία.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften