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Jüngel, Eberhard; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1985, 1. Abhandlung): Glauben und Verstehen: zum Theologiebegriff Rudolf Bultmanns; vorgetragen am 20. Okt. 1984 — Heidelberg: Winter, 1985

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https://doi.org/10.11588/diglit.47815#0042
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Eberhard Jüngel

2. Der neutestamentliche Glaubensbegriff - von Bultmann exegesiert
Bultmann hat die Ergebnisse seiner exegetischen Forschungen zum
Glaubensbegriff mehrfach zusammenhängend dargestellt. Die wich-
tigsten Darstellungen liegen in seiner von 1948 bis 1953 in drei Liefe-
rungen erschienenen (inzwischen in achter Auflage vorliegenden)
Theologie des Neuen Testaments und in Gestalt des 1955 publizierten
Artikels tugtedg) xtA. des Theologischen Wörterbuchs zum Neuen Testa-
ment vor. In beiden Darstellungen sind Ansätze aus der Zeit der Kon-
zeption der Theologischen Enzyklopädie weiterentwickelt worden.
Bei der Analyse des erst im Urchristentum zur beherrschenden
Bezeichnung des menschlichen Gottesverhältnisses gewordenen
Glaubensbegriffs stellt Bultmann zunächst „das a[lt]t[estament]lich-
jüdische Erbe ... in dem, was tuiotu; (-jtiotedeiv, iriorot;) bedeutet“, her-
aus90. IIicjTebEiv bedeutet in dieser Tradition oft: „den Worten Gottes
Glauben schenken“91. Aber auch die Bedeutung von Glauben als Ge-
horchen und als hoffendes Vertrauen entspricht dem alttestamentlichen
Sprachgebrauch92. Dasselbe gilt für das dem Glaubensbegriff implizite
Moment der Treue93.
„Von all diesen Bedeutungen“ will Bultmann jedoch einen „spezi-
fisch christliche[n] Sinn von kiotu;“ unterschieden wissen, „der durch
die Formel ttiotu; eit; am deutlichsten angegeben ist... jtiotu; ist hier
verstanden als die Annahme des christlichen Kerygma und damit als der
Heilsglaube, der sich Gottes in Christus gewirktes Heilswerk anerken-
nend zu eigen macht. Natürlich enthält tciotu; auch hier den Sinn von
Glauben schenken; und auch die Momente des Gehorsams, des Ver-
trauens, der Hoffnung und der Treue können mitgemeint sein... Aber
der primäre Sinn von tiioteueiv im spezifisch christlichen Sprachge-
brauch ist: Annahme des Kerygma von Christus. Dieser Sprachge-
brauch erklärt sich daher, daß es sich zunächst um Missionsterminolo-
gie handelt“, die sich auf das Heil, das Gott in Christus gewirkt hat,
bezieht. „Es ist daher klar, daß das Moment des vertrauenden Hoffens
im spezifisch christlichen Tcümcj-Begriff zurücktritt. Die tuotu; ei<; ...
90 R. Bultmann, Art. Tuoreuo xtä. A. C und D, ThWNT VI, 174-182. 197-230, 205, 32f.
91 AaO. 205, 34f. VgL 205,35-45: „Der Glaube gilt... der 'Schrift’ (J 2,22): dem, was im
Gesetz und in den Propheten geschrieben ist (Ag 23,14)...; ebenso aber auch dem,
was Gott gegenwärtig redet, etwa durch einen Engel (Lk 1,20.45; Ag 27,25)“ oder
durch den Täufer (Mk 11,31; Mt 21,32) oder durch Jesus (J 2,22; 5,46£; 8,45f. usw.).
92 Vgl. aaO. 206 f.
93 Vgl. aaO. 208.
 
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