Die Himmelsleiter des hl. Bonaventura
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der vorreformatorischen noch der reformatorischen Version im ein-
zelnen entsprechende literarische Vorlage einer scala des Heils gab.2'
Wenn man bei der vorreformatorischen und reformatorischen Version
der Hölle die Unterschriften ganz entfernte, so kann das mit dem
Interesse eines Sammlers an der Darstellung als solcher, eben an dem
Holzschnitt, Zusammenhängen. Da aber die vorreformatorische Ver-
sion der Hölle stets einzeln gedruckt wurde, störte man sich möglicher-
weise auch daran, daß die Unterschrift so eindeutig auf die Himmels-
leiter hinwies, die der Sammler nicht in seinem Besitz hatte. Tatsäch-
lich verlor ja die Unterschrift unter der vorreformatorischen Hölle
ohne den oberen Holzschnitt allen Sinn.25 26 Die vorreformatorische
Höllen-Version war ganz einseitig als Ergänzung zur Himmelsleiter
gedacht und sollte daher nur gemeinsam mit dieser - und sei es in
Fotoreproduktion - aufbewahrt und gezeigt werden. Anders steht es in
diesem Punkt um die reformatorisch veränderte Hölle. Zwar wäre ihre
Überschrift als Erläuterung des Bildes gerade noch denkbar27, aber
voll verständlich wurde sie erst, wenn man auch unter dem Holzschnitt
in Worten die ‘Klagen der Verdammten’ zu lesen bekam.28 Erst mit
diesem längeren zugesetzten Text wurde aber auch die reformato-
rische Auflage der Hölle zu einem wirklich blattfüllenden ‘Einblatt-
druck’. Und es kann ja kein Zweifel darüber bestehen, daß die refor-
matorisch umgestaltete Höllenfassung sich von dem Bezug auf die
Himmelsleiter gelöst hatte und damit sozusagen ‘freiverkäuflich’
wurde. Ja, man muß sogar annehmen, daß in der reformatorischen
Fassung Himmelsleiter und Hölle ganz bewußt getrennt wurden.
Aus diesem Grunde sind Zusammenfugungen beider Überlieferun-
gen, wie sie etwa in dem einen der Exemplare der Albertina in Wien
oder einem der Exemplare in London vorliegen29, ein ausgesprochen
irreführendes ‘Kunstprodukt’, das sich aus der Kenntnis der vorrefor-
matorischen Fassung erklärt, aber eben keinerlei Rücksicht auf die
durch die Reformation erfolgte Veränderung nimmt und deswegen
möglichst wieder auseinandergenommen werden sollte. Im übrigen
lassen sich aber auch für die Entfernung der reformatorischen Texte
unter der Hölle verschiedene Gründe denken. Hier könnte der am
25 Vgl. dazu u. S. 44-46.
26 Vgl. Fassung 2.2.1. (Abb. 18) und 2.2.2. (Abb 19).
27 Vgl. o. bei Nr. 2.3.1.1.1.
28 Vgl. o. die Nr. 2.3.1.1.1.1. und 2.3.1.1.1.2.
29 Vgl. o. bei Nr. 1.2.1.3.2. (Abb. 14) und 2.3.1.1.1.3. (Abb. 20); darüber hinaus Nr.
1.2.1.4.2. (Abb. 15) und Nr. 2.2.2. (Abb. 19).
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der vorreformatorischen noch der reformatorischen Version im ein-
zelnen entsprechende literarische Vorlage einer scala des Heils gab.2'
Wenn man bei der vorreformatorischen und reformatorischen Version
der Hölle die Unterschriften ganz entfernte, so kann das mit dem
Interesse eines Sammlers an der Darstellung als solcher, eben an dem
Holzschnitt, Zusammenhängen. Da aber die vorreformatorische Ver-
sion der Hölle stets einzeln gedruckt wurde, störte man sich möglicher-
weise auch daran, daß die Unterschrift so eindeutig auf die Himmels-
leiter hinwies, die der Sammler nicht in seinem Besitz hatte. Tatsäch-
lich verlor ja die Unterschrift unter der vorreformatorischen Hölle
ohne den oberen Holzschnitt allen Sinn.25 26 Die vorreformatorische
Höllen-Version war ganz einseitig als Ergänzung zur Himmelsleiter
gedacht und sollte daher nur gemeinsam mit dieser - und sei es in
Fotoreproduktion - aufbewahrt und gezeigt werden. Anders steht es in
diesem Punkt um die reformatorisch veränderte Hölle. Zwar wäre ihre
Überschrift als Erläuterung des Bildes gerade noch denkbar27, aber
voll verständlich wurde sie erst, wenn man auch unter dem Holzschnitt
in Worten die ‘Klagen der Verdammten’ zu lesen bekam.28 Erst mit
diesem längeren zugesetzten Text wurde aber auch die reformato-
rische Auflage der Hölle zu einem wirklich blattfüllenden ‘Einblatt-
druck’. Und es kann ja kein Zweifel darüber bestehen, daß die refor-
matorisch umgestaltete Höllenfassung sich von dem Bezug auf die
Himmelsleiter gelöst hatte und damit sozusagen ‘freiverkäuflich’
wurde. Ja, man muß sogar annehmen, daß in der reformatorischen
Fassung Himmelsleiter und Hölle ganz bewußt getrennt wurden.
Aus diesem Grunde sind Zusammenfugungen beider Überlieferun-
gen, wie sie etwa in dem einen der Exemplare der Albertina in Wien
oder einem der Exemplare in London vorliegen29, ein ausgesprochen
irreführendes ‘Kunstprodukt’, das sich aus der Kenntnis der vorrefor-
matorischen Fassung erklärt, aber eben keinerlei Rücksicht auf die
durch die Reformation erfolgte Veränderung nimmt und deswegen
möglichst wieder auseinandergenommen werden sollte. Im übrigen
lassen sich aber auch für die Entfernung der reformatorischen Texte
unter der Hölle verschiedene Gründe denken. Hier könnte der am
25 Vgl. dazu u. S. 44-46.
26 Vgl. Fassung 2.2.1. (Abb. 18) und 2.2.2. (Abb 19).
27 Vgl. o. bei Nr. 2.3.1.1.1.
28 Vgl. o. die Nr. 2.3.1.1.1.1. und 2.3.1.1.1.2.
29 Vgl. o. bei Nr. 1.2.1.3.2. (Abb. 14) und 2.3.1.1.1.3. (Abb. 20); darüber hinaus Nr.
1.2.1.4.2. (Abb. 15) und Nr. 2.2.2. (Abb. 19).