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Seebaß, Gottfried; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1985, 4. Abhandlung): Die Himmelsleiter des hl. Bonaventura von Lukas Cranach d. Ä.: zur Reformation e. Holzschnitts ; vorgetragen am 15. Dezember 1984 — Heidelberg: Winter, 1985

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https://doi.org/10.11588/diglit.47818#0055
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Die Himmelsleiter des hl. Bonaventura

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kompt/“. Verändert aber wurde der Wortlaut des inneren Spruch-
bandes. Hier blieb es zwar bei der Jesajastelle: „Ich bin der Erst/ vnd
bin der Letzt/ Esa. 44 [6].“, an den Platz des Zitats aus Dtn 32,39 aber,
das eine Mahnung an die Menschen enthalten hatte, trat nun ein ande-
res, in dem verheißend auf das Heilswerk Gottes Bezug genommen
und gleichzeitig die Verbindung des alttestamentlichen Gottesbe-
griffes mit der Person Jesu enger gestaltet wurde: „Ich bin der HErr/
vnd ist äusser mir kein Heiland/ Esa. 43 [11].“ Hier handelt es sich um
eine jener Stellen, an denen Luther zurÜbersetzung des alttestament-
lichen Rettergottes den neutestamentlichen Heilandsbegriff ver-
wandte, um auf diese Weise die Einheit von alttestamentlichem Gott
und Christus hervorzuheben.83 Und gleichzeitig stellt sich dadurch
nun nicht der einzige Gott der Schöpfung und des Gerichts, sondern
der erlösende Gott vor. Hatte in den vorreformatorischen Texten eine
gewisse Spannung zwischen der Trinität und der Hervorhebung des
alleinigen Gottseins Gottes bestanden, so war nun durch die Ein-
fügung des rettenden Gottes in die Selbstvorstellung auch der trinita-
rische Charakter besser gewahrt.
Die reformatorische Deutung bemächtigt sich aber auch jener
Texte, die die Stellung des Menschen als Kampfplatz Gottes und des
Satans zum Ausdruck bringen. Dabei bleiben die Einflüsterungen der
teuflischen Wesen am unteren Ende vor den beiden Gruppen, die die
Menschheit in ihren verschiedenen Ständen repräsentieren, weithin
unverändert erhalten. Man hob allerdings im Neusatz die darin enthal-
tene gebundene Sprachform und den Reim hervor. Und bei dem rech-
ten Spruch genügte es offenbar nicht, durch das Kopfstehen das ‘Ver-
kehrte’ in der Rede des Teufels zum Ausdruck zu bringen, man setzte
ihr ein klärendes: „Der Teuffel spricht.“ voran. Die Worte der aus dem
Himmel herabschwebenden Engel stellte man nicht nur auf den Wort-
laut der Lutherübersetzung um und fügte hier, wie sonst, die Fundstel-
len hinzu: „Ringet darnach/ das jr durch die enge Pforte eingehet/
Luce 13 [24].“ und „Kompt herzu/ last vns dem HErrn frolocken/jaut-
zen dem Hort vnsers heils/ Psal. 95 [17].“ Man wendete sie vielmehr
auch recte zum Leser, so daß sie nun nicht mehr als von den Engeln
den Menschen zugesprochen, sondern diesen und dem Betrachter des
Holzschnitts unmittelbar geltend erscheinen. Geändert wurden dar-
über hinaus die zwischen Himmel und Erde schwebenden Spruch-
bänder. Das von Gottvater ausgehende erhielt nun den Wortlaut:

83

Vgl. dazu: Bornkamm, Luther und das Alte Testament, S. 190-194.
 
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