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Gottfried Seebass
den Form113, der Vers aus Ps 95,1 sogar erst 1531.114 115 Damit ergibt sich
dieses Jahr als frühest mögliches Datum der ersten reformatorischen
Fassung. Sollte aber das Programm tatsächlich von Luthers Genesis-
auslegung bestimmt sein, so spräche das für einen Ansatz in den vier-
ziger Jahren, da Luther erst im Sommer 1542 in seiner Vorlesung
Gen 28 behandelte. Wäre dann die Druckausgabe maßgebend, müßte
die Neufassung nach 1552 datiert werden. Nach Auskunft von Herrn
Dr. Claus in Gotha weisen auch die Drucktypen der Überschriften
eher in die fünfziger Jahre. Dann wäre der Druckstock der Cranach-
schen Himmelsleiter zusammen mit dem der Hölle von Cranach
zunächst an Georg Rhau weitergegangen. Rhau, der vor allem für
seinen Hortulus Animae ältere Cranach-Druckstöcke verwandte11:>,
hätte diese beiden unbenutzt liegen lassen, und erst unter den Erben
Rhaus wäre es zu den reformatorisch geänderten Versionen gekom-
men. Ein Terminus ante quem ergibt sich daraus, daß die reformato-
rische Höllendarstellung auf 1561 datiert ist. Da die Isolierung und
Neufassung der Hölle sicher die reformatorisch veränderte Himmels-
leiter voraussetzt, könnte diese zwischen 1550 und 1560 entstanden
sein. Aber auch hier müßten die Wasserzeichen aller Exemplare
genau untersucht werden.
Erst nach diesem Zeitpunkt ist wahrscheinlich die Himmelsleiter
und Hölle erneut verbindende reformatorische Fassung mit den Tex-
ten in Antiqua entstanden. Einen Terminus ante quem aber gibt es
auch hier mit der Verwendung des aus dem Druckstock herausge-
schnittenen Gnadenstuhl-Medaillons in Amsterdam 1616 (Abb. 22).
Damals setzte man - eine Erinnerung an die frühere Umschrift aus Jes
44,6 - auf den noch sichtbaren Anfang des Schriftbandes in der Rech-
ten Gottvaters die kleineren Buchstaben a und o. So dürfte wohl an die
Mitte der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts als Entstehungszeit für diese
Version zu denken sein. Damit aber ergibt sich eine rund 100-jährige
spannungs- und wandlungsreiche Geschichte der ‘Himmelsleiter des
heiligen Bonaventura’ von Lukas Cranach d.Ä., deren man freilich
nur ansichtig wird, wenn man an der Verbindung von Wort und Bild
nicht achtlos vorbeigeht.*
113 Vgl. WA. DB 11, I, S. 40, 130 u. 132.
114 WA.DB 10, I, S. 417.
115 Vgl. Zimmermann, Cranach und Rhau, S. 10, 12f, 15f.
* Über die unermüdliche Hilfe bei der Beschaffung von Literatur und Vorlagen
hinaus habe ich meiner Assistentin Irene Dingel für das ständige, anregend-
weiterführende Gespräch zu danken, in dem der Beitrag entstanden ist.
Gottfried Seebass
den Form113, der Vers aus Ps 95,1 sogar erst 1531.114 115 Damit ergibt sich
dieses Jahr als frühest mögliches Datum der ersten reformatorischen
Fassung. Sollte aber das Programm tatsächlich von Luthers Genesis-
auslegung bestimmt sein, so spräche das für einen Ansatz in den vier-
ziger Jahren, da Luther erst im Sommer 1542 in seiner Vorlesung
Gen 28 behandelte. Wäre dann die Druckausgabe maßgebend, müßte
die Neufassung nach 1552 datiert werden. Nach Auskunft von Herrn
Dr. Claus in Gotha weisen auch die Drucktypen der Überschriften
eher in die fünfziger Jahre. Dann wäre der Druckstock der Cranach-
schen Himmelsleiter zusammen mit dem der Hölle von Cranach
zunächst an Georg Rhau weitergegangen. Rhau, der vor allem für
seinen Hortulus Animae ältere Cranach-Druckstöcke verwandte11:>,
hätte diese beiden unbenutzt liegen lassen, und erst unter den Erben
Rhaus wäre es zu den reformatorisch geänderten Versionen gekom-
men. Ein Terminus ante quem ergibt sich daraus, daß die reformato-
rische Höllendarstellung auf 1561 datiert ist. Da die Isolierung und
Neufassung der Hölle sicher die reformatorisch veränderte Himmels-
leiter voraussetzt, könnte diese zwischen 1550 und 1560 entstanden
sein. Aber auch hier müßten die Wasserzeichen aller Exemplare
genau untersucht werden.
Erst nach diesem Zeitpunkt ist wahrscheinlich die Himmelsleiter
und Hölle erneut verbindende reformatorische Fassung mit den Tex-
ten in Antiqua entstanden. Einen Terminus ante quem aber gibt es
auch hier mit der Verwendung des aus dem Druckstock herausge-
schnittenen Gnadenstuhl-Medaillons in Amsterdam 1616 (Abb. 22).
Damals setzte man - eine Erinnerung an die frühere Umschrift aus Jes
44,6 - auf den noch sichtbaren Anfang des Schriftbandes in der Rech-
ten Gottvaters die kleineren Buchstaben a und o. So dürfte wohl an die
Mitte der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts als Entstehungszeit für diese
Version zu denken sein. Damit aber ergibt sich eine rund 100-jährige
spannungs- und wandlungsreiche Geschichte der ‘Himmelsleiter des
heiligen Bonaventura’ von Lukas Cranach d.Ä., deren man freilich
nur ansichtig wird, wenn man an der Verbindung von Wort und Bild
nicht achtlos vorbeigeht.*
113 Vgl. WA. DB 11, I, S. 40, 130 u. 132.
114 WA.DB 10, I, S. 417.
115 Vgl. Zimmermann, Cranach und Rhau, S. 10, 12f, 15f.
* Über die unermüdliche Hilfe bei der Beschaffung von Literatur und Vorlagen
hinaus habe ich meiner Assistentin Irene Dingel für das ständige, anregend-
weiterführende Gespräch zu danken, in dem der Beitrag entstanden ist.