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Arno Borst
sagen deren Textgeschichte bedenkt.19 Ptolemaios kannte noch kein
astronomisches Universalinstrument; jedes Beobachtungsgerät, das er
nannte, diente einem besonderen Zweck. Sein Weltbild aber beruhte
mehr auf arithmetischen und geometrischen Erwägungen der Vorgän-
ger als auf eigener Messung der Phänomene. Sogar dort, wo er
beteuerte, er habe genau beobachtet, hat er meist bloß gerechnet und
die angeblichen Meßwerte nach den vorgefundenen Theorien manipu-
liert.20
Einen Schritt weiter ging der Neuplatoniker Synesios von Kyrene, als
er nach seiner Ausbildung in Alexandria 399 an den Kaiserhof nach
Konstantinopel entsandt wurde; einem der Mächtigen dort überreichte
er als Geschenk ein silbernes copooxoitEiov samt Beschreibung.
Synesios berief sich auf die stereographische Projektion, die nach
seiner Ansicht Hipparchos zu verdanken sei, ebenso wie der Stunden-
anzeiger, den Ptolemaios lediglich benutzt, nicht verbessert habe.
Synesios ließ ein materielles Abbild des idealen Kosmos bauen, eine
ausgehöhlte Scheibe mit den Örtern vieler Sterne, über der sich eine
gitterförmige ‘Spinne’ mit Streifen für Stunden- und Horizontkreise
drehte. Das Instrument war noch für Liebhaber spekulativer Betrach-
tung gedacht, immerhin schon zur Ortung von Sternen und zur
Zeitmessung ihrer Bewegungen geeignet, indes aufwendiger und
19 Dagegen bereits Georg Kauffmann, Astrolabium, in: Paulys Realencyclopädie
der classischen Altertumswissenschaft, Bd. 4 (21896) Sp. 1798-1802; neuerdings
Vyver, Traductions S. 284 Anm. 62; Michel, Traite S. 6 f.; Olaf Pedersen, A
Survey of the Almagest (1974) S. 405; Kunitzsch, Glossar S. 461 f. Als
Gegenbeweis führt Zinner, Astrolab S. 10 f. ein langes Ptolemaios-Zitat an, das
Einzelheiten des Astrolabs zu beschreiben scheint. Erst die Edition bei Zinner,
Ptolemaeus S. 286 f. läßt erkennen, daß es aus De mensura astrolabii stammt.
Die bessere, Zinner unbekannt gebliebene Ausgabe von Millas, Assaig S. 297 Z.
25-52 (unten Anm. 69) zeigt, daß der Kontext nur zwei kurze und allgemeine
Sätze als Zitat ausgrenzt (Z. 25-29).
20 Zinner, Astrolab S. 9; Otto Neugebauer, The Early History of the Astrolabe
(zuerst 1949), jetzt in: Derselbe, Astronomy and History. Selected Essays (1983)
S. 278-294, hier S. 278-280, 285 f. (doch siehe unten Anm. 21) plädieren
trotzdem dafür, daß mit horoscopium instrumentum (oben Anm. 16) das
nachmalige Astrolab gemeint sei. Ihnen folgen u. a. Alistair C. Crombie, Von
Augustinus bis Galilei. Die Emanzipation der Naturwissenschaft (21977) S.
87-91; Waerden, Astronomie S. 301 f. Ebd. S. 252-295 zu den fingierten
Messungen des Ptolemaios. Zu seinen Instrumenten Henri Michel, Messen über
Zeit und Raum. Meßinstrumente aus fünf Jahrhunderten (1965) S. 122-132;
Bennett, Circle S. 12-19.
Arno Borst
sagen deren Textgeschichte bedenkt.19 Ptolemaios kannte noch kein
astronomisches Universalinstrument; jedes Beobachtungsgerät, das er
nannte, diente einem besonderen Zweck. Sein Weltbild aber beruhte
mehr auf arithmetischen und geometrischen Erwägungen der Vorgän-
ger als auf eigener Messung der Phänomene. Sogar dort, wo er
beteuerte, er habe genau beobachtet, hat er meist bloß gerechnet und
die angeblichen Meßwerte nach den vorgefundenen Theorien manipu-
liert.20
Einen Schritt weiter ging der Neuplatoniker Synesios von Kyrene, als
er nach seiner Ausbildung in Alexandria 399 an den Kaiserhof nach
Konstantinopel entsandt wurde; einem der Mächtigen dort überreichte
er als Geschenk ein silbernes copooxoitEiov samt Beschreibung.
Synesios berief sich auf die stereographische Projektion, die nach
seiner Ansicht Hipparchos zu verdanken sei, ebenso wie der Stunden-
anzeiger, den Ptolemaios lediglich benutzt, nicht verbessert habe.
Synesios ließ ein materielles Abbild des idealen Kosmos bauen, eine
ausgehöhlte Scheibe mit den Örtern vieler Sterne, über der sich eine
gitterförmige ‘Spinne’ mit Streifen für Stunden- und Horizontkreise
drehte. Das Instrument war noch für Liebhaber spekulativer Betrach-
tung gedacht, immerhin schon zur Ortung von Sternen und zur
Zeitmessung ihrer Bewegungen geeignet, indes aufwendiger und
19 Dagegen bereits Georg Kauffmann, Astrolabium, in: Paulys Realencyclopädie
der classischen Altertumswissenschaft, Bd. 4 (21896) Sp. 1798-1802; neuerdings
Vyver, Traductions S. 284 Anm. 62; Michel, Traite S. 6 f.; Olaf Pedersen, A
Survey of the Almagest (1974) S. 405; Kunitzsch, Glossar S. 461 f. Als
Gegenbeweis führt Zinner, Astrolab S. 10 f. ein langes Ptolemaios-Zitat an, das
Einzelheiten des Astrolabs zu beschreiben scheint. Erst die Edition bei Zinner,
Ptolemaeus S. 286 f. läßt erkennen, daß es aus De mensura astrolabii stammt.
Die bessere, Zinner unbekannt gebliebene Ausgabe von Millas, Assaig S. 297 Z.
25-52 (unten Anm. 69) zeigt, daß der Kontext nur zwei kurze und allgemeine
Sätze als Zitat ausgrenzt (Z. 25-29).
20 Zinner, Astrolab S. 9; Otto Neugebauer, The Early History of the Astrolabe
(zuerst 1949), jetzt in: Derselbe, Astronomy and History. Selected Essays (1983)
S. 278-294, hier S. 278-280, 285 f. (doch siehe unten Anm. 21) plädieren
trotzdem dafür, daß mit horoscopium instrumentum (oben Anm. 16) das
nachmalige Astrolab gemeint sei. Ihnen folgen u. a. Alistair C. Crombie, Von
Augustinus bis Galilei. Die Emanzipation der Naturwissenschaft (21977) S.
87-91; Waerden, Astronomie S. 301 f. Ebd. S. 252-295 zu den fingierten
Messungen des Ptolemaios. Zu seinen Instrumenten Henri Michel, Messen über
Zeit und Raum. Meßinstrumente aus fünf Jahrhunderten (1965) S. 122-132;
Bennett, Circle S. 12-19.