Astrolab und Klosterreform an der Jahrtausendwende
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Orient mitbringen.35 Er bekam jedoch nicht so leicht ausgehändigt, was
Hermann außerdem vor sich liegen hatte, ein Verzeichnis arabischer
Sternnamen und Himmelskoordinaten, dazu eine Liste arabischer
Fachausdrücke für die Bestandteile des Geräts. Das heißt: Nicht ein
Seemann oder Geschäftsreisender, sondern die Zunft der Stubenge-
lehrten leitete das Zeitalter des Astrolabs im Okzident ein. Dann aber
führte der nächste Weg zum Orient nicht über Italien, sondern über
Spanien. Dorthin blickte denn auch die ältere philologische For-
schung.
Am Kalifenhof in Cordoba begann seit etwa 930 die islamische
Kultur weithin auszustrahlen, in das christliche Katalonien, ja bis zum
Hof der Ottonen nach Sachsen. Aus syrischen, ägyptischen, byzanti-
nischen Anregungen speiste sich eine wissenschaftliche Bildung, die
seit etwa 960 den Umgang mit Astrolabien übte. Am besten lernte das
Instrument kennen, wer es in Händen hielt und sich mündlich
einweisen ließ. Deshalb kamen Aufzeichnungen über das Astrolab, die
etwa der Astronom und Geometer Maslama von Madrid zwischen 961
und 976 seiner Schule vererbt haben könnte, nur in Bruchstücken und
späten Spiegelungen auf uns.36
Hermann der Lahme schien aus solchen verschütteten Quellen noch
unmittelbar geschöpft zu haben.37 Die ältere Forschung konnte sich
Überlieferung von Wissenschaft nur schriftlich vorstellen und traute
35 Zu den Anfängen des Konstanzer Fernhandels, die im späten 10. Jahrhundert
greifbar werden, Friedrich Wielandt, Das Konstanzer Leinengewerbe, Bd. 1
(1950) S. 11-14. Andre van de Vyver und Charles Verlinden, L’auteur et la
portee du Conflictus ovis et lini, Revue beige de philologie et d’histoire 12 (1933)
S. 58-81 haben geklärt, daß diese angeblich von Hermann dem Lahmen verfaßte
Dichtung, hg. von Migne PL Bd. 143 Sp. 445-458 nicht als Beleg für die
Bodenseeregion herangezogen werden darf wie bei Manitius, Literatur Bd. 2 S.
771-774.
36 Zum wissenschaftlichen Aufschwung allgemein Millas, Traducciones S. 87-91;
Thomas F. Glick, Islamic and Christian Spain in the Early Middle Ages (1979) S.
248- 276. Zu Maslama und anderen Autoren Gunther, Astrolabes Bd. 2 S.
249- 251; Michel, Traite S. 9 L; Zinner, Astrolab S. 15-17; Jose M. Millas
Vallicrosa, Losprimeros tratadosde astrolabioenlaEspanaärabe (zuerst 1955),
jetzt in: Millas, Estudios S. 61-78; Destombes, Astrolabe S. 17-21; Kunitzsch,
Sternnamen S. 28-31; Turner, Museum S. 15 f.
37 So Moritz Cantor, Vorlesungen über Geschichte der Mathematik, Bd. 1 (zuerst
1880, 41922) S. 887-889; Millas, Traducciones S. 103 f. Anders schon Ernst
Zinner, Die Geschichte der Sternkunde von den ersten Anfängen bis zur
Gegenwart (1931) S. 330, 398. Unentwegt noch Edward Grant, Das physikali-
sche Weltbild des Mittelalters (1980) S. 31.
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Orient mitbringen.35 Er bekam jedoch nicht so leicht ausgehändigt, was
Hermann außerdem vor sich liegen hatte, ein Verzeichnis arabischer
Sternnamen und Himmelskoordinaten, dazu eine Liste arabischer
Fachausdrücke für die Bestandteile des Geräts. Das heißt: Nicht ein
Seemann oder Geschäftsreisender, sondern die Zunft der Stubenge-
lehrten leitete das Zeitalter des Astrolabs im Okzident ein. Dann aber
führte der nächste Weg zum Orient nicht über Italien, sondern über
Spanien. Dorthin blickte denn auch die ältere philologische For-
schung.
Am Kalifenhof in Cordoba begann seit etwa 930 die islamische
Kultur weithin auszustrahlen, in das christliche Katalonien, ja bis zum
Hof der Ottonen nach Sachsen. Aus syrischen, ägyptischen, byzanti-
nischen Anregungen speiste sich eine wissenschaftliche Bildung, die
seit etwa 960 den Umgang mit Astrolabien übte. Am besten lernte das
Instrument kennen, wer es in Händen hielt und sich mündlich
einweisen ließ. Deshalb kamen Aufzeichnungen über das Astrolab, die
etwa der Astronom und Geometer Maslama von Madrid zwischen 961
und 976 seiner Schule vererbt haben könnte, nur in Bruchstücken und
späten Spiegelungen auf uns.36
Hermann der Lahme schien aus solchen verschütteten Quellen noch
unmittelbar geschöpft zu haben.37 Die ältere Forschung konnte sich
Überlieferung von Wissenschaft nur schriftlich vorstellen und traute
35 Zu den Anfängen des Konstanzer Fernhandels, die im späten 10. Jahrhundert
greifbar werden, Friedrich Wielandt, Das Konstanzer Leinengewerbe, Bd. 1
(1950) S. 11-14. Andre van de Vyver und Charles Verlinden, L’auteur et la
portee du Conflictus ovis et lini, Revue beige de philologie et d’histoire 12 (1933)
S. 58-81 haben geklärt, daß diese angeblich von Hermann dem Lahmen verfaßte
Dichtung, hg. von Migne PL Bd. 143 Sp. 445-458 nicht als Beleg für die
Bodenseeregion herangezogen werden darf wie bei Manitius, Literatur Bd. 2 S.
771-774.
36 Zum wissenschaftlichen Aufschwung allgemein Millas, Traducciones S. 87-91;
Thomas F. Glick, Islamic and Christian Spain in the Early Middle Ages (1979) S.
248- 276. Zu Maslama und anderen Autoren Gunther, Astrolabes Bd. 2 S.
249- 251; Michel, Traite S. 9 L; Zinner, Astrolab S. 15-17; Jose M. Millas
Vallicrosa, Losprimeros tratadosde astrolabioenlaEspanaärabe (zuerst 1955),
jetzt in: Millas, Estudios S. 61-78; Destombes, Astrolabe S. 17-21; Kunitzsch,
Sternnamen S. 28-31; Turner, Museum S. 15 f.
37 So Moritz Cantor, Vorlesungen über Geschichte der Mathematik, Bd. 1 (zuerst
1880, 41922) S. 887-889; Millas, Traducciones S. 103 f. Anders schon Ernst
Zinner, Die Geschichte der Sternkunde von den ersten Anfängen bis zur
Gegenwart (1931) S. 330, 398. Unentwegt noch Edward Grant, Das physikali-
sche Weltbild des Mittelalters (1980) S. 31.