Astrolab und Klosterreform an der Jahrtausendwende
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Sonnenquadrant gab, wie immer man ihn korrigierte, die Zeit in
mittleren Breiten stets falsch an.146 147
Um 1050 erfand er ein verwandtes Gerät, dem Neuerungen auf
Astrolabien im arabischen Spanien vorgearbeitet hatten, wohl auch
Anregungen seines Freundes Berengar. Wie ein Sonnenquadrant
zeigte es die Tageszeit an, jedoch die für den Standort des Herstellers
zutreffende. Dabei wurde das Astrolab zum ersten Mal in seiner
lateinischen Geschichte bei astronomischen Beobachtungen einge-
setzt. Hermann gab nämlich die jahreszeitlichen Schwankungen der
Sonnenhöhe auf der Insel Reichenau genau an, nicht nach periodischen
Messungen, sondern nach einmaligem Kalkül (rario), das aus dem
Astrolab eine analoge Rechenmaschine machte. Mit einer geometri-
schen Figur verwandelte er die Gradzahlen in proportionale Teilstrek-
ken und übertrug sie senkrecht auf das Säulchen einer Sonnenuhr mit
drehbarem waagrechten Schattenstab.
Sie war billiger herzustellen, einfacher zu bedienen, leichter mitzu-
nehmen als ein Astrolab und zeigte trotzdem die Stunde genauer an als
alle herkömmlichen horologiaf^ So trug Hermann die exakte Zeit-
messung über die Klausur der Schriftkundigen hinaus, in den Alltag
mobiler Laien hinein. Als ‘Hirtenuhr’ tat seine Erfindung jahrhunder-
telang all denen vorzügliche Dienste, die in einer überschaubaren
146 De distributione quadrantis, hg. vonMigne PLBd. 143 Sp. 409 f., besser hg. von
Millas, Assaig S. 305-307 ist zwar im Anschluß an Notizen Hermanns
überliefert, aber kein authentisches Werk von ihm. Dazu Millas, Assaig S. 157 f.;
Jose M. Millas Vallicrosa, La introduccion del cuadrante con Cursor en Europa,
Isis 17 (1932) S. 218-258, hier S. 230-248; Poulle, Instruments S. 38 f. An eine
Bearbeitung durch Hermann glauben, ohne auf die sprachliche Form zu achten,
Zinner, Instrumente S. 155 f., 374; Brian Stock, Science, Technology, and
Economic Progress in the Early Middle Ages, in: Lindberg, Science S. 1-51, hier
S. 37; Turner, Museum S. 204.
147 Hermann, De mensura horologii, hg. von Migne PL Bd. 143 Sp. 405-408;
Gunther, Astrolabes Bd. 2 S. 418M20, bei beiden unter dem schiefen Titel ‘De
utilitatibus astrolabii II, T. Meine kritische Edition ist in Arbeit. Zu Hermanns
Autorschaft und den Handschriften Vyver, Traductions S. 268-273; Oesch,
Berno S. 169-173; ergänzend Borst, Forschungsbericht S. 436, 452 f. Über die
Quellen Zinner, Astrolab S. 17-19; über Grundsätze und Handhabung des
Geräts Zinner, Instrumente S. 50 f., 374; Bergmann, Innovationen S. 168-171.
Daß Hermann hier the first record ofthe astrolabe’s use for serious observational
purposes schrieb, übersieht Olaf Pedersen, Astronomy, in: Lindberg, Science S.
303-337, hier S. 312.
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Sonnenquadrant gab, wie immer man ihn korrigierte, die Zeit in
mittleren Breiten stets falsch an.146 147
Um 1050 erfand er ein verwandtes Gerät, dem Neuerungen auf
Astrolabien im arabischen Spanien vorgearbeitet hatten, wohl auch
Anregungen seines Freundes Berengar. Wie ein Sonnenquadrant
zeigte es die Tageszeit an, jedoch die für den Standort des Herstellers
zutreffende. Dabei wurde das Astrolab zum ersten Mal in seiner
lateinischen Geschichte bei astronomischen Beobachtungen einge-
setzt. Hermann gab nämlich die jahreszeitlichen Schwankungen der
Sonnenhöhe auf der Insel Reichenau genau an, nicht nach periodischen
Messungen, sondern nach einmaligem Kalkül (rario), das aus dem
Astrolab eine analoge Rechenmaschine machte. Mit einer geometri-
schen Figur verwandelte er die Gradzahlen in proportionale Teilstrek-
ken und übertrug sie senkrecht auf das Säulchen einer Sonnenuhr mit
drehbarem waagrechten Schattenstab.
Sie war billiger herzustellen, einfacher zu bedienen, leichter mitzu-
nehmen als ein Astrolab und zeigte trotzdem die Stunde genauer an als
alle herkömmlichen horologiaf^ So trug Hermann die exakte Zeit-
messung über die Klausur der Schriftkundigen hinaus, in den Alltag
mobiler Laien hinein. Als ‘Hirtenuhr’ tat seine Erfindung jahrhunder-
telang all denen vorzügliche Dienste, die in einer überschaubaren
146 De distributione quadrantis, hg. vonMigne PLBd. 143 Sp. 409 f., besser hg. von
Millas, Assaig S. 305-307 ist zwar im Anschluß an Notizen Hermanns
überliefert, aber kein authentisches Werk von ihm. Dazu Millas, Assaig S. 157 f.;
Jose M. Millas Vallicrosa, La introduccion del cuadrante con Cursor en Europa,
Isis 17 (1932) S. 218-258, hier S. 230-248; Poulle, Instruments S. 38 f. An eine
Bearbeitung durch Hermann glauben, ohne auf die sprachliche Form zu achten,
Zinner, Instrumente S. 155 f., 374; Brian Stock, Science, Technology, and
Economic Progress in the Early Middle Ages, in: Lindberg, Science S. 1-51, hier
S. 37; Turner, Museum S. 204.
147 Hermann, De mensura horologii, hg. von Migne PL Bd. 143 Sp. 405-408;
Gunther, Astrolabes Bd. 2 S. 418M20, bei beiden unter dem schiefen Titel ‘De
utilitatibus astrolabii II, T. Meine kritische Edition ist in Arbeit. Zu Hermanns
Autorschaft und den Handschriften Vyver, Traductions S. 268-273; Oesch,
Berno S. 169-173; ergänzend Borst, Forschungsbericht S. 436, 452 f. Über die
Quellen Zinner, Astrolab S. 17-19; über Grundsätze und Handhabung des
Geräts Zinner, Instrumente S. 50 f., 374; Bergmann, Innovationen S. 168-171.
Daß Hermann hier the first record ofthe astrolabe’s use for serious observational
purposes schrieb, übersieht Olaf Pedersen, Astronomy, in: Lindberg, Science S.
303-337, hier S. 312.