Metadaten

Jayme, Erik; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1994, 1. Abhandlung): "Entartete Kunst" und internationales Privatrecht: vorgetragen am 6. November 1993 — Heidelberg: Winter, 1994

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.48170#0027
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Entartete Kunst

17

gehörigen oder inländischen juristischen Personen standen“.45 Das
Gesetz galt überdies nicht im Land Österreich. Klees „Sumpfle-
gende“ gehörte aber einer russischen Staatsangehörigen. Der Ver-
waltungsakt war also selbst nach dem nationalsozialistischen
Gesetz fehlerhaft.46
Ferner wurden die eingezogenen Werke nicht selten ins Aus-
land, vor allem in die Schweiz47, veräußert und hatten dann ein viel-
fältiges Schicksal. Sie wechselten häufig den Besitzer und kehrten
auch gelegentlich an ihren Ausgangspunkt48 oder in eine andere
deutsche Kunstsammlung zurück. Die „Sumpflegende“ von Klee
wurde von den Nationalsozialisten 1941 für 500 Schweizer Franken
an das Hamburger Kunstkabinett Gurlitt veräußert.49 Das Bild
erschien 1962 auf einer Auktion bei Lempertz in Köln; es wurde
dort in die Schweiz veräußert und kehrte 1982 durch einen Ankauf
der Gabriele Münter-Johannes Eichner-Stiftung nach Deutschland
zurück. Es befindet sich seitdem im Lenbach-Haus in München.
Der Auslandsbezug führt zu Fragen des Internationalen Sachen-
rechts.50 In der Schweiz sind dingliche Herausgabeansprüche unver-
jährbar51, nach deutschem Recht unterliegen sie nach 30 Jahren der
Verjährung. Das „wandernde“ Kunstwerk im internationalen
„Kunst-Privatrecht“ stellt eine besondere Herausforderung für den
Kollisionsrechtler dar.52
45 BGBl. 1938 I, 612.
46 Dies war auch zur Zeit des Nationalsozialismus den Behörden bewußt. Leihga-
ben von Nicht-Reichsangehörigen wurden im Schloß Niederschönhausen
gesondert verwahrt und man dachte daran, sie an die Eigentümer zurückzuge-
ben (ZStA 50.01-1018, Bl. 3, Mitteilung der Paul Klee-Stiftung).
47 Vgl. hierzu Georg Kreis, „Entartete“ Kunst für Basel - Die Herausforderung von
1939, Basel 1990.
Vgl. auch die Pressenotiz „Lehmbrucks „Knieende“ kommt nach Dresden
zurück - 1,9 Mio Mark“, in: Rhein-Neckar-Zeitung, 18.11.1993, S. 2 (die Skulp-
tur wurde in New York versteigert).
48 Vgl. zu der Skulptur „Knieende“ von Lehmbruck die vorige Fußnote; Dietrich
Schubert, Um die Knieende muß man sich bemühen, Frankfurter Allgemeine
Zeitung, 6.12.1993, S. 35.
49 LG Berlin, 27.3.1992, oben Note 2.
50 Vgl. hierzu Stoll, Sachenrechtliche Fragen des Kulturgüterschutzes in Fällen
mit Auslandsberührung, in: Dolzer/Jayme/Mußgnug (Hrsg.), oben Note 41,
S.53ff.
51 Vgl. oben Note 35.
52 Vgl. Winkworth v. Christie, Manson & Woods Ltd and another [1980] 1 All E.R.
1121 (Ch.). In England gestohlene Kunstwerke wurden in Italien veräußert und
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften