Entartete Kunst
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Die Frage des Eigentums an dem Kulturgut nach erfolgter
Rückgabe bestimmt sich nach dem Recht des ersuchenden
Mitgliedstaates“.
Hier erhält also die „lex originis“ den Vorrang vor der Geltung der
jeweiligen „lex rei sitae“.80
2. Fiktionen: Kunstwerke als unbewegliche Sachen
Einen ähnlichen Gedanken kann man schon bei Savigny finden. Bei
einer Kunstsammlung, meinte er, sei das Eigentum nach dem Ort
ihrer Bestimmung zu behandeln, nicht aber nach dem jeweiligen
Lageort81. Es gäbe keinen Grund, sie anders zu behandeln als eine
unbewegliche Sache.82
Dieser Gedanke ging verloren und wurde erst vor kurzem durch
die französische Rechtsprechung wieder belebt.83 Der Sachverhalt
war folgender: Aus einer Kapelle in den Pyrenäen waren mittelal-
terliche Fresken gegen den Willen eines Teils der Eigentümer abge-
International Journal of Cultural Property 2 (1993), 73ff; Reichelt, Kulturgüter-
schutz der Europäischen Gemeinschaft im internationalen Kontext, in:
Eilmeier/Ratzenböck (Hrsg.), Kultur Medien - EG und Österreich, 1993, S.53ff.
80 Vgl. auch Jayme, Anknüpfungsmaximen für den Kulturgüterschutz im Interna-
tionalen Privatrecht, in: Etudes de droit international en l’honneur de Pierre
Lalive, Basel/Frankfurt am Main 1993, S. 717fif.
Eine solche Anknüpfung an das „Heimatrecht“ des Kunstwerks entspricht den
öffentlich-rechtlichen Tendenzen zum Schutz des nationalen Kulturguts; vgl.
Jayme, Kunstwerk und Nation: Zuordnungsprobleme im internationalen
Kulturgüterschutz, Heidelberg 1991, besprochen von Pieroth in NJW 1992,
1301f. Hier spalten sich gelegentlich Staat und Nation, vgl. das neue katalani-
sche Gesetz 9/1993 v. 30.9.1993 „del Patrimonio Cultural Catalan“, BOE Nr. 264
(4.11.1993), Art. 7 Abs. 1 dieses Gesetzes lautet: „Los bienes mäs relevantes del
patrimonio cultural catalän, tanto muebles como inmuebles, serän declarados
de interes nacional.“
81 Savigny, oben Note 70, S. 179f: „Zwar kann auch bei solchen Sachen die Absicht
geändert, sie können an einen anderen Ort, in ein anderes Land gebracht
werden; allein diese Veränderungen sind zufällig, und liegen außer dem gegen-
wärtigen Bewußtseyn und Willen des Besitzers.“ Vgl. auch S. 180 Fußn.t
(bewegliche Sachen „von bleibender räumlicher Bestimmung“).
82 Savigny, oben Note 70, S. 180.
83 Vgl. Reichelt, Kulturgüterschutz und Internationales Privatrecht, IPRax 1986,
73ff., 74.
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Die Frage des Eigentums an dem Kulturgut nach erfolgter
Rückgabe bestimmt sich nach dem Recht des ersuchenden
Mitgliedstaates“.
Hier erhält also die „lex originis“ den Vorrang vor der Geltung der
jeweiligen „lex rei sitae“.80
2. Fiktionen: Kunstwerke als unbewegliche Sachen
Einen ähnlichen Gedanken kann man schon bei Savigny finden. Bei
einer Kunstsammlung, meinte er, sei das Eigentum nach dem Ort
ihrer Bestimmung zu behandeln, nicht aber nach dem jeweiligen
Lageort81. Es gäbe keinen Grund, sie anders zu behandeln als eine
unbewegliche Sache.82
Dieser Gedanke ging verloren und wurde erst vor kurzem durch
die französische Rechtsprechung wieder belebt.83 Der Sachverhalt
war folgender: Aus einer Kapelle in den Pyrenäen waren mittelal-
terliche Fresken gegen den Willen eines Teils der Eigentümer abge-
International Journal of Cultural Property 2 (1993), 73ff; Reichelt, Kulturgüter-
schutz der Europäischen Gemeinschaft im internationalen Kontext, in:
Eilmeier/Ratzenböck (Hrsg.), Kultur Medien - EG und Österreich, 1993, S.53ff.
80 Vgl. auch Jayme, Anknüpfungsmaximen für den Kulturgüterschutz im Interna-
tionalen Privatrecht, in: Etudes de droit international en l’honneur de Pierre
Lalive, Basel/Frankfurt am Main 1993, S. 717fif.
Eine solche Anknüpfung an das „Heimatrecht“ des Kunstwerks entspricht den
öffentlich-rechtlichen Tendenzen zum Schutz des nationalen Kulturguts; vgl.
Jayme, Kunstwerk und Nation: Zuordnungsprobleme im internationalen
Kulturgüterschutz, Heidelberg 1991, besprochen von Pieroth in NJW 1992,
1301f. Hier spalten sich gelegentlich Staat und Nation, vgl. das neue katalani-
sche Gesetz 9/1993 v. 30.9.1993 „del Patrimonio Cultural Catalan“, BOE Nr. 264
(4.11.1993), Art. 7 Abs. 1 dieses Gesetzes lautet: „Los bienes mäs relevantes del
patrimonio cultural catalän, tanto muebles como inmuebles, serän declarados
de interes nacional.“
81 Savigny, oben Note 70, S. 179f: „Zwar kann auch bei solchen Sachen die Absicht
geändert, sie können an einen anderen Ort, in ein anderes Land gebracht
werden; allein diese Veränderungen sind zufällig, und liegen außer dem gegen-
wärtigen Bewußtseyn und Willen des Besitzers.“ Vgl. auch S. 180 Fußn.t
(bewegliche Sachen „von bleibender räumlicher Bestimmung“).
82 Savigny, oben Note 70, S. 180.
83 Vgl. Reichelt, Kulturgüterschutz und Internationales Privatrecht, IPRax 1986,
73ff., 74.