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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]; Wilhelmi, Thomas <PD Dr.> [Bearb.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 11,2): Schriften zur Kölner Reformation — Gütersloh, 2003

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https://doi.org/10.11588/diglit.30231#0164
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Chrisostomus:

Gegen Gott darff
man keine
Patronen.
Got erhöret nit so
bald, wenn andere
für vns bitten, als
wenn wyr selb
bitten.

Christus ist vnd
thut alles gut
allein.

160
zweite verteidigungsschrift (1543)

lornen schafen vom hauß Jsrael. Zu dieser aber sagt er: Dein glaube ist groß,
dir geschehe, wie du wilt«. Diß hatt der liebe Chrysostomus geschriben in
Homelia de profectu Euangelij, quae habetur Tomo vj. ¹ . Zeygen nun die C.
Deputaten an ² , welche Vätter dem Euangelio vnnd Chrysostomo widersprechen.
5

Welcher warlich Orthodoxus, recht gesunde Lehrer, inn ietz angezogener
Homeli auß der erzelten thaten Christi weyter schreybet: Gegen Gott darff ³
man keyner Patronen noch vil vmblauffens ⁴ , das du anderen freundtlich
zusprechest; du würst, wann du schon allein bist vnnd keinen Patronen hast
vnnd durch dich | ixxxixa/Zja | selb bittest, nicht desto weniger erlangen, was 10
du begerest. Dann Gott bewilliget nit so bald, wenn andere für vns bitten, als
wenn wyr selb bitten, ob wyr schon voller böses sindt. Diese rede vnd Christlich
lehre des heyligen vnnd warlich recht gelerten Chrysostomi halte, frommer
Leser, gegen dem, das die C. Deputaten lehren, wie das erschrocken gewissen
für Gott mit besserem vertrawen komme, wenn es vil fürbitter von 15
den verstorbenen Heyligen für Gott mitbringe, Vnd seye Gott ein ehr, wann
sich der mensch nitt wurdig achte, Got selb anzurüffen one fürbitter.

Also sichstu abermal, Christlicher Leser, das dieser C. Deputaten streyt wider
vns nichts ist dann falsches zumessen ihrer selb gedichten, verkeren vnd lesteren
vnser gesunden lehr, wider nit allein die Göttlich Schrifft vnnd haltung ⁵ 20
der waren Gemeinden Christi vnd aller H. Vätter, sonder auch wider jhr selb
vnd aller menschen gewissen vnd verstandt.

Wie dann auch ist (da mit ich bey diesem Artikel nichts außlasse), das sie zu
letst bey dieser Materi anfechten, das ich geschriben, der Herre Christus habe
allein allen gewalt in Himel vnd Erden ⁶ , seye, thue vnd gebe alles, das wyr vns 25
nützlich begeren mögen, Schreyben, Jch spreche: Christus allein, als ob der
Vatter seiner gewalt beraubt were. Jtem: der Herr gebe vnd beweise seine gutthaten,
auch durch die Sacrament vnd andere seine mittel, die ja nit Christus
seien, darumb | lxxxixb/Zjb | seye er nit alles, das wir nützlich begeren mögen.
Sehet, soliche vngotsförchtige Sophistereye geperen vns die schew vnd der 30
haß des creutzes Christi, lieb eyteler ehren vnd wollusts. Sie singen teglich
Christo, dem Herren: »Tu solus sanctus, tu solus altissimus, Iesu Christe ⁷ «:
Du bist allein heylig, du bist allein der Höchste, Jesu Christe; solle ich darumb
sagen, das sie den Vatter seyner Heyligkeit vnd Hoheit berauben?

1. Chrysostomus, Hom. de profectu evangelii, 12. PG51, Sp.320.
2. Zeygen ... an: Es sollen ... anzeigen.
3. bedarf.
4. Herumlaufens.
5. Brauch.
6. Mt 28,18.
7. Teil des »Gloria in excelsis Deo«, des Lob- und Bittgesanges in der katholischen

Messe. Vgl. Ps 83,19 und Lk 1,35.
 
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