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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]; Wilhelmi, Thomas <PD Dr.> [Bearb.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 11,2): Schriften zur Kölner Reformation — Gütersloh, 2003

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https://doi.org/10.11588/diglit.30231#0181
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zweite verteidigungsschrift (1543)

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Tractats ¹ , da er beschreybet, wer Richter sein solle, wenn man sagt, das der
das Papstumb in hatt, solichs nitt mitt recht inhabe.

Gerichtliche sprüch werden ja darumb allein erfordret, damit man nitt auß
vnuerstandt fürsünd vnd vnrecht halte, das nitt sünde oder vnrecht ist, Oder
iemandt als ein ² sünder oder vngerechten halte vnd meide, der es nit ist. Nun
aber: wer zweyfflet, das trunckenheyt, hurey, Simoni, Gottes lestern vnd der
gleychen sünd vnnd vnrecht seye? Wer darff ³ dann etwas rechtlichs erklerens,
das die priester in hurey ligen oder Concubinen bey sich haben, wenn die
Concubinen one alle | cib/Ccjb | scheuwe offentlich bey ihnen wohnen vnnd
sich ihrer schanden selb rhümen, auch die kinder vor augen lauffen, Also auch
von der Simony, wenn am tag liget, wie sie Prebenden ⁴ offenlich kauffen vnnd
verkauffen, durch schenck ⁵ vnnd miet ⁶ bekomenn vnnd hingeben? Also ist
nun auch trunckenheyt Gots lesterung vnd andere laster. Was mage es dann
anders sein, in solichen so gar ⁷ wüst offenbaren ergernissen vnd greuwelen
erst rechtliche declaration vnnd sententz erforderen vnd das von denen das
mehrer theyl ⁸ , die selb den ernst der Canonum vnd Götlichs gesatzes nitt erdulden
mögen, dann ⁹ Gottes ᵃ vnnd aller rechten spotten, Gott vnd seine liebe
Gemeinde tratzen ¹⁰ vnnd verhönen?

Die lieben H. Vätter ᵇ haben bedacht, das soliche so offentliche ergerliche
priester dem armen volck gefehrliche ergernüß geben vnnd die Religion Christi
gar zerstören, auch von sich selb bezeugen, das sie lauter Epicureij ¹¹ sindt
vnnd von Gott nichts halten. Darumb haben sie auß Gottes gepott so gar
ernstlich gesetzet vnnd gebotten, das die Christen leyen mitt sollichen so offenbaren
lesterlichen ᶜ priesteren in einigem Göttlichen ampt keine gemeinschafft
haben sollen, vnd, wo sie das thun, das sie sich ires Gotlosen wesens

a) Drf. Göttes.
b) Drf. Vättter.
c) Drf. lesterlichem.

1. Antonius de Rosellis, De monarchia seu de potestate imperatoris et papae, cap. 71. Antonio
de Rosellis, Monarchia seu Tractatus, S.262f.
2. für einen.
3. bedarf.
4. kirchliche Pfründen.
5. Schenkung, Gabe zur Bestechung.
6. [gegen] Rentenzahlungen.
7. ganz.
8. das von denen das mehrer theyl: das zum größeren Teil von solchen.
9. darüber hinaus.
10. vor den Kopf stoßen, reizen. Lexer 2, Sp.1498.
11. Menschen, die auf materiellen Genuß aus sind. Bucer meint hier wie Luther bewußt
herabsetzend und polemisch Intellektuelle, die auf das Diesseitige aus sind, in ihrer kirchenfernen
Haltung die Religion verspotten, über die Gläubigen lachen und damit das Christentum
von innen her gefährden. Greschat, Martin Bucer, S.136; Lienhard, Croyants et sceptiques
au XVI ᵉ siècle, S.15–54; Maron, Martin Luther und Epikur, S.29–33 und passim.
 
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