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Lutz, Dietrich [Bearb.]; Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften und der Künste [Mitarb.]; Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin [Mitarb.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Bayerische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig [Mitarb.]; Österreichische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Akademie der Wissenschaften in Göttingen [Mitarb.]; Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz [Mitarb.]
Die deutschen Inschriften: DI (Band 15 : Münchner Reihe ; Band 4): Die Inschriften der Stadt Rothenburg ob der Tauber — München: Druckenmueller, 1976

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https://doi.org/10.11588/diglit.45638#0025
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4. Inschriftenarten, Herstellung, Inhalt und Formular46)
In Rothenburg sind die wichtigsten Inschriftenarten und Inschriftträger vertreten. In den kirchlichen
Bauten finden wir Bauinschriften, Grabsteine und Epitaphien, dazu die Totenschilde, von denen allerdings
nur ein Exemplar aus der Zeit vor 1650 erhalten ist (Nr. 625). Die städtischen Bauten tragen Bauinschriften,
seltener sind Inschriften juristischen Inhalts (z. B. Rechtssprüche und Eidvermahnungen, wie sie ehemals
im großen Ratssaal angebracht waren, Nr. 154). In den Schulen befanden sich - neben Bauinschriften -
Sprüche, meist belehrenden oder ermahnenden Inhalts (z. B. Nr. 379t)- Neben Glocken auf den Türmen
der Kirchen hängt auch eine auf dem Rathausturm (Nr. 210). Mit einer Ausnahme (Nr. 101) haben sich
keine Wegsteine, Bildstöcke, Feldkreuze oder Meilensteine mit Inschriften aus der Zeit vor 1650 erhalten.
Jahreszahlen finden sich eingehauen oder eingeschnitzt an Kirchen, öffentlichen Gebäuden, Brunnen,
Brücken, Toren und Privathäusern. Umfangreichere Inschriften an Bürgerhäusern, die es wahrscheinlich
auch in der Zeit vor 1650 schon gab, sind Um- und Neubauten zum Opfer gefallen.
Nach dem Material des Inschriftträgers sind Inschriften in Stein, Metall, Holz und anderen Werk-
stoffen zu unterscheiden, wobei jeweils verschiedene Arten der Herstellung angewandt sein können.
Inschriften in Stein sind in Rothenburg vom Ende des 13. Jahrhunderts bis 1650 stets vertreten, jedoch
nimmt ihre Zahl gegen Ende dieses Zeitraumes zugunsten der Metallinschriften ab. Diese Form der In-
schrift wird vor allem für Grabsteine und Grabmäler und für Bauinschriften an kirchlichen und kommu-
nalen Gebäuden verwendet.
Die einfachste Art der Inschrift auf Steinen, die aufgemalte Inschrift, ist in Rothenburg sehr selten ver-
treten (z. B. Nr. 268), was vermutlich mit der geringen Lebensdauer solcher Inschriften zusammenhängt.
Die Inschriften sind fast immer in den Stein eingehauen. Die vom Meißel geschlagene Kerbe ist in
nahezu allen Fällen v-förmig und nicht, wie z. B. auf der Comburg bei Schwäbisch Hall47) sehr häufig
zu beobachten, rechteckig oder quadratisch, ausgenommen die Inschrift der Mosesfigur an St. Jakob
(Nr. 31) und die Bauinschrift am Toppierschlößchen (Nr. 29), die wahrscheinlich ehemals mit einer farbi-
gen Masse (vermutlich mit Harz gebundener Ziegelsplitt) ausgefüllt waren. Man darf annehmen, daß viele
der Inschriften ursprünglich mit schwarzer oder roter Farbe ausgezogen waren, obwohl hiervon nur sehr
wenige Beispiele zeugen (z. B. Nr. 40).
Erhabene Inschriften sind wesentlich seltener als die eingehauenen. Die früheste erhabene Inschrift
gehört zu den ältesten Rothenburger Inschriften (Nr. 12), die jüngste ist um die Mitte des 15. Jahrhunderts
entstanden (Nr. 67). Die Buchstabenformen (gotische Majuskel und Minuskel) erhalten bei dieser Technik
eine starke flächige Kontur. Die erhabenen Inschriften sind alle aus Sandstein gearbeitet, da er der einzige
für diese Technik brauchbare Stein ist, der in der Umgebung von Rothenburg gefunden wird.
Als Inschriftsteine sind fast ausschließlich zwei Gesteinsarten verwendet: erstens ein ockerfarbener bis
graugrüner Sandstein, der in der Nähe Rothenburgs gebrochen werden kann. Er läßt sich vorzüglich
bearbeiten, hat aber den Nachteil, sehr witterungsanfällig zu sein. Zweitens wurde der fast überall an den
Tauberhängen anstehende Muschelkalk verwendet, der hart und spröde, aber auch langlebig ist. Er hat
den Nachteil, daß er sich nicht so fein bearbeiten läßt wie Sandstein, und wenn er nicht sorgfältig parallel
zur Schichtlage gebrochen und behauen wird, neigt die Oberfläche zum Abbröckeln, was die Lesbarkeit
der Inschriften stark beeinträchtigt. Marmor wurde in Rothenburg nur einmal verwendet (Nr. 549), die
Herkunft dieses Materials konnte nicht sicher geklärt werden. Auf den Putz gemalte Inschriften finden
wir in Rothenburg in Verbindung mit Wandmalerei seit dem ersten Viertel des 14. Jahrhunderts (Nr. 13),
nach der Mitte des 15. Jahrhunderts vor allem als Bau- und Renovierungsinschriften in Kirchen und öffent-
lichen Gebäuden (z. B. Nr. 88, 206, 3F7, 419).
Ursprünglich war in Rothenburg die Gruppe der Metallinschriften die umfangreichste. Heute jedoch
nimmt sie durch die im Laufe der Zeit eingetretenen Verluste nur noch den zweiten Platz unter den er-
haltenen Inschriften ein. Hierher gehören die Inschriften auf den Glocken, die Epitaphien, ein Rechts-
spruch (Nr. 154) und eine Brunnentafel (Nr. 383). Sie sind alle aus Messing oder Bronze gefertigt; das
Material läßt sich nicht einwandfrei feststellen, da fast alle Inschriften patiniert sind und nur eine chemische
Analyse Aufschlüsse geben könnte. Da jedoch die schriftlichen Quellen ausschließlich von Messing spre-
chen, wird im Katalog diese Materialbezeichnung für die erhaltenen Inschriften übernommen.
Die meisten Metallinschriften sind Epitaphien. Als Epitaph bezeichnet man ein Erinnerungsmai für
einen Verstorbenen, das in Kirchen oder Friedhöfen angebracht ist. Es kann aus Stein, Holz oder Metall
gefertigt sein48). In Rothenburg haben sich aus der Zeit vor 1650 außer einem Steinepitaph (Nr. 290) nur

46) Vgl. Lutz, Kapitel III, S. ipff.
4") Vgl. Die Kunst- und Altertums-Denkmale im Königreich Württemberg, Jagstkreis, bearb. von E. Grad-
mann, 1. Halbband, Esslingen 1907, S. 630-634 mit Abb.
48) Vgl. F. Panzer und H. Köllenberger, Inschriftenkunde, Sp. 300,

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