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Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften und der Künste [Mitarb.]; Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin [Mitarb.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Bayerische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig [Mitarb.]; Österreichische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Akademie der Wissenschaften in Göttingen [Mitarb.]; Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz [Mitarb.]; Lutz, Dietrich [Bearb.]
Die deutschen Inschriften: DI (Band 15 : Münchner Reihe ; Band 4): Die Inschriften der Stadt Rothenburg ob der Tauber — München: Druckenmueller, 1976

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https://doi.org/10.11588/diglit.45638#0029
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Grabsteine mit eingehauenen Inschriften, die im 16. Jahrhundert kaum noch verwendet wurden, wer-
den in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts wieder häufiger. Die Texte werden meist nicht mehr am
Rand, sondern im Bildfeld angebracht. Sie sind zum Teil in Versen abgefaßt und berichten ausführlicher
über den Verstorbenen als in früherer Zeit (z. B. 549, 554, 577).
Eine formelhafte Textgestaltung läßt sich auch bei Bauinschriften beobachten. Sie beginnen meist mit
der Jahreszahl und nennen den Anlaß der Inschriftsetzung (Beginn oder Ende der Baumaßnahmen, z. B.
1433 angefangen - 1471 volbracht, Nr. 88). Die am Bau Beteiligten werden durch Wappen und Mono-
gramm vertreten (vgl. Nr. 638, XXVIII) oder mit vollem Namen genannt (Nr. 99t). Die meisten Bau-
inschriften nennen in aller Ausführlichkeit Baudaten, Bauherren und Bedeutung des Baus (z. B. die Bau-
inschrift am Toppierschlößchen Nr. 29 und die Bauinschrift am Rathausneubau Nr. 268).
Die Inschriften Rothenburgs sind auf sehr verschiedene Weise datiert54). Die einfache Datierung durch
die Angabe der Jahreszahl findet sich während des gesamten Zeitraums bei kurzen Inschriften, besonders
bei Bauinschriften. Gelegentlich ist bei der Jahreszahl ein Monogramm beigefügt. Zuweilen sind bei der
Jahreszahl auch Steinmetzzeichen oder Wappen mit und ohne Monogramme angebracht (vgl. die Sammel-
nummer 638).
Die Zahlen sind anfänglich in römischen Zahlzeichen geschrieben. Nach der Wende zum 15. Jahrhun-
dert werden die ersten arabischen Ziffern verwendet (zuerst 1438, Nr. 62). Im 16. Jahrhundert treten die
römischen Zahlzeichen zurück, halten sich aber in einzelnen, meist besonders feierlich gestalteten In-
schriften bis 1650.
Die Tagesbezeichnung erfolgt nach dem christlichen Festkalender und, sehr viel seltener, nach dem
römischen Kalender. Für die römische Datierung gibt es nur sieben Beispiele (Nr. 7, 9, 11, iöf, 19, 2of, 21);
sie endet spätestens in der Mitte des 14. Jahrhunderts, letztes bekanntes Beispiel 1343 Dezember 4, Nr. 21;
auf dieser Grabplatte enthält jedoch nur die erste der vier Inschriften ein Datum nach dem römischen
Kalender, die übrigen drei sind nach dem Festkalender datiert). In der Renaissance wird die römische
Datierweise nur in zwei besonders feierlichen Inschriften wieder aufgenommen (Nr. 261, 262).
Die Datierung nach dem Festkalender wird dann bis ins 16. Jahrhundert ausschließlich angewandt
und erst von da ab durch die heute gebräuchliche Datierweise abgelöst. In der Regel steht bei dieser Form
zuerst die Jahreszahl, dann folgt die Festangabe, z. B. IN DIE COSME ET DAMIANI (Nr. 1). Selten
steht zwischen Jahresangabe und Festtag noch ein Teil des Textes (z. B. Nr. 27).
Das erste Beispiel moderner Datierung finden wir in einer lateinischen Inschrift des Jahres 1519 (Se-
cunda mensis Septembris, Nr. 173). Die Datierung nach dem Festkalender hält sich vereinzelt bis ins 17. Jahr-
hundert (letztes Beispiel Nr. 548^). Auf einer Reihe von Inschriften werden beide Arten gleichzeitig ver-
wendet, z. B. Anno 1364 Suntags nach dein newen Jarstag den 2. Januarii (Nr. 234b). Dabei stimmen Festtag
und Tagesangabe gelegentlich nicht überein. Das Tagesdatum wird ergänzt durch die Angabe der Sterbe-
stunde (ältestes Beispiel vmb 4 Vhr Nr. 237b).
Nach 1582 übernimmt Rothenburg nicht die gregorianische Kalenderreform, sondern behält wie die
anderen protestantischen Gebiete bis 1700 den alten Kalender bei.
Der häufigste Zusatz zur Jahreszahl besteht von den Anfängen der Rothenburger Inschriften bis 1650
aus der Formel Anno Domini, gelegentlich ergänzt durch den Zusatz Jar (z. B. Anno Domini 1363 Jar,
Nr. 224). In der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts wird Domini häufig weggelassen. Auch in deutschen
Inschriften wird fast immer die lateinische Formel gebraucht, eine deutsche Formel findet sich nur aus-
nahmsweise (z. B. im Jar 1376, Nr. 306, im Jar Christi 1362, Nr. 222b). Die deutschen Inschriften kennen
einige seltene ausführlichere Formeln, z. B. Nach Crist gebürt MCCCC vnd in dem XXXVII Jar (Nr. 59b),
Als man tzalt nach Christi vnsers lieben herren gepurt 1302 jar (Nr. 158). In zwei Inschriften wird die Jahres-
zahl in einer besonderen Form ausgedrückt: Anno domini xvc vnd iiii ior (Nr. 159) und Noch Cristi vnsers
liben herrn gepurth 149 vnd iiii Jore (Nr. 125b)- In der Renaissance werden in feierlichen Inschriften Formeln
wie z. B. Anno Salutis (Nr. 217b), anno salutis humanae (Nr. 530), Anno Restauratae Salutis (Nr. 366b), anno
post verbwn (Nr. 558b) oder anno temporis novissimi (Nr. 310) verwendet. Zu den Besonderheiten der Da-
tierung gehören die beiden Chronogramme von 1564 (Nr. 322b) und 1625 (Nr. 509). Die Angabe des
Jahres nach der sogenannten Minderen Zahl (d. h. das Jahrhundert wird weggelassen) ist in Rothenburg
nicht vertreten.
In der Rechtschreibung und Zeichensetzung 55) folgen die Inschriften den Schreibgewohnheiten ihrer
Zeit. Die Zeichensetzung ist sehr unregelmäßig. In den frühen Inschriften wird nach jedem Wort in der
Zeilenmitte ein Punkt gesetzt, um die Worttrennung zu verdeutlichen. Später werden Punkte zur Hervor-

54) Vgl. Lutz S. 26-28.
55) Vgl. Lutz S. 24-26.

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