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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0088
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Ernestinisches Sachsen. Cap. III. 1547—1567.

8 Gulden für Rechnungslegung. Der Missbrauch, wonach aus dem gemeinen Kasten gewissen
Personen Ostern, Pfingsten und Weihnachten eine Mahlzeit ausgerichtet wurde, wird abgestellt.
Dagegen erhalten alle Kirchen- und Schuldiener genau geregelte Zulagen aus dem gemeinen
Kasten. Ein vierter Lehrer wird aus dem Kasten besoldet. Zwei Stipendien werden aus dem
Kasten dotirt. Jeden Sonntag wird in der Kirche für die Armen gesammelt und das Geld in
den gemeinen Kasten gelegt. Von jeder Hochzeit erhalten die Schullehrer eine Suppe und einen
Trunk, oder einen Groschen.
Cap. III. 1547-1567.
Durch die Wittenberger Capitulation ging die Kurwürde auf die Albertinische Linie
über. Die Söhne Johann Friedrich’s wurden mit Gebietstheilen in Thüringen abgefunden. Als
Johann Friedrich zurückkehrte, übernahm er wieder die Regierung, erhielt aber weder Kurwürde
noch Erblande zurück. Im Jahre 1553 erbte er aber die Coburger Pflege und 1554 wurden ihm
durch den Naumburger Vertrag von Kurfürst August weitere thüringische Landestheile überwiesen.
Johann Friedrich hatte drei Söhne: Johann Friedrich II. (der Mittlere), geb.
am 8. Januar 1529, Johann Wilhelm, geb. am 11. März 1530, und Johann Friedrich
der Jüngere, geb. am 17. Januar 1537. Ein vierter Sohn, Johann Ernst II., starb in
seinem Geburtsjahre 1535.
Die durch die Wittenberger Capitulation den Ernestinern gebliebenen Gebietstheile,
welche später die Fürstenthümer Weimar, Eisenach und Gotha bildeten, regierte zunächst Johann
Friedrich allein, zugleich als Vormund für seine Brüder. Nachdem die Rückkehr des Vaters
diesen Zustand kurze Zeit (Johann Friedrich starb 1554) unterbrochen hatte, übernahm er wieder
die alleinige Regierung.
Bald nach dem Tode des Vaters schloss er mit den Grafen Wilhelm, Georg Ernst und
Poppo von Henneberg den Erbverbrüderungsvergleich zu Kahla. In Folge dessen fielen am
1. Januar 1583 hennebergische Gebiete an die Ernestinische Linie. S. das Nähere unter
Henneberg.
Johann Friedrich II. wurde 1555 vom Kaiser mit den sämmtlichen Ernestinischen Ge-
bieten, auch der Pflege Coburg, dem Erbe Johann Ernst’s, belehnt.
Nachdem die jüngeren Brüder zunächst dem älteren die Alleinregierung wiederholt auf
bestimmte Zeit überlassen hatten, verlangten sie 1565 eine Theilung des Landes. Johann
Friedrich II. zog diese aber hin. Johann Friedrich III. starb am 31. Oktober 1565. Durch
den Mutschirungsvertrag von Weimar (21. Febr. 1566) wurden die Länder in den weimarischen
und den coburgischen Theil getheilt. Ersteren erhielt Johann Friedrich, letzteren Johann Wilhelm.
I. Visitation 1554 und folgende Jahre.
Das Interim rief auch in den Ernestinischen Gebieten ernste Schwierigkeiten hervor;
dieselben wurden aber glücklich überwunden. Man vergleiche die ausführliche Darstellung bei
Gustav Schmidt, Justus Menius. Gotha 1867. 2, 43 ff.
Trotzdem durch die früheren Anordnungen das Kirchenwesen wohl geregelt zu sein
schien, stellten sich doch noch mancherlei Mängel heraus. Namentlich liess der sittliche Zu-
stand der Gemeinden viel zu wünschen übrig.
Justus Menius bemerkte in einem Briefe aus dem Jahre 1548 (Weimar Ji. Nr. 217b),
dass auf Befehl des Herzogs Friedrich des Mittleren und Johann Wilhelm’s den Superattendenten
am vergangenen Sonnabend befohlen sei, das Volk in den Predigten zur Busse zu mahnen; dies
sei auch geschehen; aber es nütze nichts; es müsse eine „ordentliche Zucht“ aufgerichtet werden.
Der Empfänger des Briefes (wer dies ist, ist nicht mehr feststellbar) möge diesen Gedanken
beim Kurfürsten anregen.
 
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