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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0099
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Exkurs über Synodus und Visitationen.

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gleichzeitig General-, Lokal- und Spezial- oder Partikular-Visitation sein, oder besser gesagt: im
historischen Rahmen derselben Visitation können gleichzeitig die verschiedenen Arten der Visitation
vorgenommen werden.
So wird in der That auch in den Quellen eine Visitation, die wegen der falschen Lehre
über das Abendmahl vom Kurfürsten August über das ganze Land angeordnet war, theils
General-, theils Lokal-Visitation genannt (vgl. Albertin. Sachsen Cap. 3, IV). In einem Akten-
stücke Dresden, H.St.A. Loc. 8527 schreibt der Synodus Insp. Oelsnitziana am 15. März 1575
an den Kurfürsten, er hätte vernommen, dass der Kurfürst „eine Lokal- oder General-Visitation“
angeordnet habe. Eine Visitation von 1582 wird ebenso theils General-, theils Lokal-Visitation ge-
nannt. (Mitthl. der Geschichts- und Alterthumsforschenden Gesellschaft des Osterlandes 11, 117 ff.)
In einer Urkunde im Staatsarchive zu Magdeburg A. 50. XI. Nr. 70 wird dieselbe kur-
sächsische Visitation von 1578 bald „Spezial-Visitation“, bald „Lokal-Visitation“ genannt.
Die Instruktion für die Visitation des Ernestinischen Sachsen von 1569/1570 (Weimar,
Ges.-Archiv Ji. Nr. 42. S. oben S. 67) nennt eine Visitation, welche sich über das ganze Land
erstrecken, und an Ort und Stelle von den für das ganze Land dazu Verordneten vorgenommen
werden soll — offenbar deshalb, weil die Pfarrer in particulari inquirirt werden: „Partikular-
Visitation“.
Die General-Visitation von 1592 im Albertinischen Sachsen wird, weil sie einen
„speziellen Punkt“ zum Gegenstand hat, wohl auch als Spezial-Visitation bezeichnet.
Für die grosse Visitation im Albertinischen Sachsen von 1597 wurde eine V.O. ausgearbeitet
(Dresden, H.St.A. Loc, 10603. Visit. so jährlich u. s. w.), welche die Instruktionen 1. für
die General-Visitation, 2. die Lokal-Visitation und 3. den synodus enthält. Die an zweiter
Stelle erwähnte Visitation wird auch Spezial-Visitation genannt. Eine gewissermassen offizielle
Definition von General- und Spezial- oder Lokal-Visitationen wird in dieser V.O. gegeben: „Die
eine visitation soll dahin gerichtet sein, das furnehmlich auf den statum religionis gesehen und
das jüngst gehaltene visitationswerk .... erhalten werde und mochte demnach die general-
visitation genannt werden. Die andere aber die lokal - visitation, die soll nicht allein auf die
lehr, leben und wandel der kirch- und schul-diener, auch der zuhörer göttlichs worts, sondern
auch in gemain auf allerhandts irrunge und gebrechen, die entweder zwischen den personen
ihren einkummen oder ahn gebäuden und anderen sachen sich zutragen würde“ sich erstrecken.
Weil die erste Visitation also eine allgemeine Frage, die andere Detailfragen behandelt, werden
sie in General- und Spezial-Visitation unterschieden; für letztere wird aber auch der Ausdruck
„Lokal-Visitation“ gebraucht. Man beachte auch die vorsichtige Formulirung in der Benennung. —
Es besteht somit keine feste Regel. Je nachdem das eine oder das andere Moment
betont werden soll, wird dieser oder jener Terminus verwandt,
B. Synodi.
Was die Synodi anlangt, so werden in ähnlicher Weise unterschieden: Synodi, welche die
Centralstelle (der Bischof, das Consistorium) mit den Superintendenten, oder den sämmtlichen
Pfarrern, oder wie in Wittenberg der General-Superintendent mit seinen Superintendenten (vgl.
Generalartikel von 1555) veranstaltet (General-Synodi), und Synodi, welche der Superintendent mit
seinen Pfarrern abhält (Spezial-Synodi). Vgl. z. B. Albertin. Sachsen, Cap. 3, III. Letztere werden
in den Quellen zumeist „Partikular-Synodi“ genannt (vgl. Albertin. Sachsen Cap. 3, III. Vgl.
Visit.-Instruktion für Mansfeld bei Richter 2, 141), weil nämlich in der Regel damit eine Parti-
kular-Inquisition, d. h. eine gegen jeden einzelnen Pfarrer mit Bezug auf Leben, Lehre und
Wandel zum Zwecke der kirchlichen Disciplin durchgeführte Inquisition verbunden war. Doch
kann diese auch beim General - Synodus vorkommen. So pflegte der Bischof von Merseburg,
Georg von Anhalt, sämmtliche Pfarrer seines Stifts einzeln beim General-Synodus zu verhören.
 
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