Die Cellischen Ordnungen.
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der Zellischen ordnung nicht halten wollen, im sprechen furgefallen.“ Hieraus und aus ähn-
lichen Nachrichten schliesst man, dass in Sachsen die Cellische Eheordnung nur in Merseburg
und später in Leipzig beobachtet worden sei. So Geffcken, a. a. O. S. 21, 22.
Diese Ansicht muss schon deswegen Bedenken erregen, weil die Cellischen Beschlüsse
auf einer Abmachung beruhen, an welcher auch die Abgeordneten des Meissener Consistoriums
theilgenommen hatten. Dass sie unrichtig ist, geht zunächst aus einem Gutachten des Leipziger
Consistoriums von 1555 [Dresden, H.St.A. Loc. 10600. Synodi und Visitationssachen, Bl. 5 ff.]1
)hervor. Dieses zeigt, dass die Cellische Ordnung auch in Meissen („einestheils Consistorii“),
wenn auch nicht strikt beobachtet wurde.
Dasselbe beweist ein vom Leipziger Consistorium dem Kurfürsten Christian 1587 über-
reichtes Memorial „Gebrechen des consistorii zu Leiptzig“ (abgedruckt bei Geffcken
S. 26 ff.). Das Wittenberger Consistorium hat sich allerdings nie nach der Cellischen Ordnung
gerichtet; denn als Wittenberg 1548 albertinisch wurde, hat eine ausdrückliche Übertragung
der Cellischen Ordnung nicht stattgefunden und zu einer thatsächlichen Herübernahme bestand
für die Wittenberger keine Veranlassung. Sie hatten an den Berathungen nicht theilgenommen.
Sie besassen ihre eigene, auf bester Tradition fussende Praxis. Daher sagt das Leipziger Memorial
(Geffcken S. 26 ff'.) mit Recht: „Aber die Wittenberger haben ... von keiner Cellischen ord-
nung gewust.“ Von den Meissenern konnte das nicht gesagt werden.
Durch einen Fund im Superintendentur-Archiv zu Zerbst kann ich sogar ganz im Ein-
zelnen nachweisen, in welcher Form die Cellischen Beschlüsse in Meissen Geltung gefunden
haben. Darüber werde ich unter Meissen Bericht erstatten.
Das Consistorium zu Leipzig übernahm, als es 1550 in die Stelle des Merseburger ein-
rückte, die Merseburger Tradition und hielt sich streng an die Cellischen Beschlüsse — wie es
wiederholt berichtete, so in einem Briefe an den Kurfürsten August vom 18. Februar 1577, in
einem Memorial von 1587 und in einem Berichte von 1599 2).
Wenn also Meissen die Cellische Ordnung frei benutzte, Wittenberg dieselbe gar nicht
kannte, so ist es wohl zu verstehen, dass die Klagen über verschiedene Rechtsprechung nicht
aufhörten — zumal bei dem Mangel eines Obergerichts. Deshalb wurde 1556 eine Vergleichung
der drei Consistorien unter Melanchthon’s Leitung in Dresden versucht; Resultat: die sog.
Dresdener Eheordnung 1556. Aber auch dann verstummten die Klagen über vielfältige Ent-
scheidungen nicht. Richtete sich doch das Wittenberger Consistorium nur in beschränktem
Masse nach der Dresdener Ordnung von 1556 (man vergleiche das von Geffcken, a. a. O.
S. 26 ff. abgedruckte Memorial des Consistoriums zu Leipzig von 1587). Und noch in der Kirchen-
Ordnung August’s von 1580 wurde die Klage über ungleichmässige Ehepraxis wiederholt.
Ausser an den Consistorien zu Merseburg, Meissen und Leipzig hat die Cellische
Eheordnung auch Eingang gefunden in Goslar und Mecklenburg. Die Beschlüsse wurden in
die Goslarer Consistorial-Ordnung von 1555 und in die Mecklenburger Consistorial- Ordnung
von 1570 aufgenommen. Das war bisher schon bekannt.
Eine weitere Geltung ist für das Erzstift Magdeburg nachzuweisen (1562. Vgl. Staats-
archiv zu Magdeburg, Erzstift M. II Nr. 530. Kirchen- und Klostervisitation und Ordnung ge-
halten zu Zeiten des Herrn Administrators Joachim Friedrich’s 1562. Bl. 65 ff.), und ich bin
überzeugt, dass ihr Geltungsgebiet damit keineswegs erschöpft ist.
1) Wird als Anhang abgedruckt.
2) Vgl. Dresden, H.St.A. Loc. 7418 Der Consistorien Schreiben. Mejer, in Ztschr. f. Kirchenr. 13, 188 ff.
Darnach zu berichtigen: Schleusner, a. a. O. S. 397; Geffcken S. 22.
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der Zellischen ordnung nicht halten wollen, im sprechen furgefallen.“ Hieraus und aus ähn-
lichen Nachrichten schliesst man, dass in Sachsen die Cellische Eheordnung nur in Merseburg
und später in Leipzig beobachtet worden sei. So Geffcken, a. a. O. S. 21, 22.
Diese Ansicht muss schon deswegen Bedenken erregen, weil die Cellischen Beschlüsse
auf einer Abmachung beruhen, an welcher auch die Abgeordneten des Meissener Consistoriums
theilgenommen hatten. Dass sie unrichtig ist, geht zunächst aus einem Gutachten des Leipziger
Consistoriums von 1555 [Dresden, H.St.A. Loc. 10600. Synodi und Visitationssachen, Bl. 5 ff.]1
)hervor. Dieses zeigt, dass die Cellische Ordnung auch in Meissen („einestheils Consistorii“),
wenn auch nicht strikt beobachtet wurde.
Dasselbe beweist ein vom Leipziger Consistorium dem Kurfürsten Christian 1587 über-
reichtes Memorial „Gebrechen des consistorii zu Leiptzig“ (abgedruckt bei Geffcken
S. 26 ff.). Das Wittenberger Consistorium hat sich allerdings nie nach der Cellischen Ordnung
gerichtet; denn als Wittenberg 1548 albertinisch wurde, hat eine ausdrückliche Übertragung
der Cellischen Ordnung nicht stattgefunden und zu einer thatsächlichen Herübernahme bestand
für die Wittenberger keine Veranlassung. Sie hatten an den Berathungen nicht theilgenommen.
Sie besassen ihre eigene, auf bester Tradition fussende Praxis. Daher sagt das Leipziger Memorial
(Geffcken S. 26 ff'.) mit Recht: „Aber die Wittenberger haben ... von keiner Cellischen ord-
nung gewust.“ Von den Meissenern konnte das nicht gesagt werden.
Durch einen Fund im Superintendentur-Archiv zu Zerbst kann ich sogar ganz im Ein-
zelnen nachweisen, in welcher Form die Cellischen Beschlüsse in Meissen Geltung gefunden
haben. Darüber werde ich unter Meissen Bericht erstatten.
Das Consistorium zu Leipzig übernahm, als es 1550 in die Stelle des Merseburger ein-
rückte, die Merseburger Tradition und hielt sich streng an die Cellischen Beschlüsse — wie es
wiederholt berichtete, so in einem Briefe an den Kurfürsten August vom 18. Februar 1577, in
einem Memorial von 1587 und in einem Berichte von 1599 2).
Wenn also Meissen die Cellische Ordnung frei benutzte, Wittenberg dieselbe gar nicht
kannte, so ist es wohl zu verstehen, dass die Klagen über verschiedene Rechtsprechung nicht
aufhörten — zumal bei dem Mangel eines Obergerichts. Deshalb wurde 1556 eine Vergleichung
der drei Consistorien unter Melanchthon’s Leitung in Dresden versucht; Resultat: die sog.
Dresdener Eheordnung 1556. Aber auch dann verstummten die Klagen über vielfältige Ent-
scheidungen nicht. Richtete sich doch das Wittenberger Consistorium nur in beschränktem
Masse nach der Dresdener Ordnung von 1556 (man vergleiche das von Geffcken, a. a. O.
S. 26 ff. abgedruckte Memorial des Consistoriums zu Leipzig von 1587). Und noch in der Kirchen-
Ordnung August’s von 1580 wurde die Klage über ungleichmässige Ehepraxis wiederholt.
Ausser an den Consistorien zu Merseburg, Meissen und Leipzig hat die Cellische
Eheordnung auch Eingang gefunden in Goslar und Mecklenburg. Die Beschlüsse wurden in
die Goslarer Consistorial-Ordnung von 1555 und in die Mecklenburger Consistorial- Ordnung
von 1570 aufgenommen. Das war bisher schon bekannt.
Eine weitere Geltung ist für das Erzstift Magdeburg nachzuweisen (1562. Vgl. Staats-
archiv zu Magdeburg, Erzstift M. II Nr. 530. Kirchen- und Klostervisitation und Ordnung ge-
halten zu Zeiten des Herrn Administrators Joachim Friedrich’s 1562. Bl. 65 ff.), und ich bin
überzeugt, dass ihr Geltungsgebiet damit keineswegs erschöpft ist.
1) Wird als Anhang abgedruckt.
2) Vgl. Dresden, H.St.A. Loc. 7418 Der Consistorien Schreiben. Mejer, in Ztschr. f. Kirchenr. 13, 188 ff.
Darnach zu berichtigen: Schleusner, a. a. O. S. 397; Geffcken S. 22.
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