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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0157
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General-Visitationen zweier Landestheile. Verschiedene kleinere Ordnungen des Kurfürsten.

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gedruckte, sehr lange Gebet „wider die furstehende noth des türken und anderer landplagen
1560“ befindet sich u. A. im Staatsarchiv Gotha K.K. 3 (Vol. II) Nr. 85.
Am 15. Dezember 1577 erliess August eine V.O. wegen allgemeiner Busse. Dieselbe er-
schien 1578 in Dresden unter dem Titel „Des durchleuchtigsten hochgeborenen fürsten und
hern, hern Augusts, herzogen zu Sachsen .... V.O. welcher gestalt in allen ihrer churfürst-
lichen gnaden landen, und derselben kirchen, die leute und underthanen, durch die lehrer des
worts zu rechtschaffener reue, busse und besserung des sündlichen lebens ermanet, auch gott
der almechtige um linderung seines zorns und straf, durch das gemeine gebet angerufen solle
werden.“ Ein Exemplar ist in Jena, Universitätsbibliothek Thl XLIII, o. 3 Nr. 6. In diesem
Exemplar ist von einer Hand des 16. Jahrhunderts offenbar zu Gebrauchszwecken bei dem Ge-
bet für den Landesfürsten hinzugefügt: „Herzog Friedrich Wilhelm zu Sachsen, seiner fürstlichen
gnaden gemall, so wol auch unser gnedigen fursten und hern herzog Johannsen zu“ (weiteres
beim Binden abgeschnitten). Offenbar ist also das Mandat auch im Ernestinischen Sachsen an-
gewendet worden.
An verschiedenen Stellen lesen wir von einer Ehegerichts-Ordnung oder Ehe-Ordnung.
So wird in dem Berichte, welchen die Visitatoren des Meissener Consistorialbezirkes über die
Ergebnisse der Lokal-Visitationen von 1577 erstatten (Dresden, Loc. 2003, Extract aus der
Meissnischen Visitation, Anno 1577, Bl. 396—398 a, abgedruckt bei G. Müller, a. a. O. 9, 182 ff.),
bei den Pfarrern gerügt „Ihr wenig halten examen domesticum in den fasten oder sonsten,
halten selten verzeichniss der geehelichten, verstorbenen und geteufften, haben keine ehegerichts-
ordnung die sie abgelesenn hetten.“
In der grossen Kirchen-O. von 1580 findet sich im Abschnitt von Ehesachen der Satz:
„haben wir derhalben nochmals wie es in unseren Landen mit erlaubniss der ehe und ab-
schaffung der ergerlichen unzucht künftiglich gehalten werden sol, ein ordnung verfassen . . .
auf dass nicht allein in den gemeinen vorfallenden irrungen der pfarrer und kirchendiener_
unsern underthanen bericht zu geben, sondern auch unsere amtleute der straf halben, wider die
ergerlichen laster gebürlichen bescheid .wissen.“ Die Pfarrer sollen diese O. zweimal
jährlich von der Kanzel verlesen. (Die Ordnung, welche folgt, handelt von Verlöbnissen, von
Verwandtschaftsgraden, von Desertion, von Strafe der Unzucht und des Ehebruchs.)
Im Abschnitt „Von der superintendenz und visitation bei den kirchen“ wird als
13. Visitationsfrage genannt „Ob er auch die ehegerichts - ordnung alle jahr zweimal öffentlich
von der canzel ablese“. Im Abschnitt „Vom amt und verrichtung der consistorialen bei diesen
oberconsistorio“ wird von dieser selben Ordnung gesagt: „Do dann sonderlich diese verordnung
zuthun, weil durch die gedruckte ordnung, so von der canzel jherlich abgelesen, viel sachen,
vermittelst der gnaden gottes, entweder verhütet, oder doch schleunig durch die superintendenten,
unsere amptleute, erb- und gerichtsherrn ohn alle weitleuffigkeit, und beschwerlichen unkosten
armer leut verrichtet werden können; das in den jherlichen visitationibus derselben durch die
superintendenten und adjunkten die pfarrer, amptleut, erb- und gerichtsherrn ernstlich und mit
vleis erinnert werden, was in mehr gedachter, gedruckten und publicirten eheordnung ausdrück-
lich begriffen . . . .“ Welche Bewandtniss hat es mit dieser schon 1577 erwähnten Ehe-O.?
Eine besondere Ehe-Ordnung habe ich bis zu dieser Zeit nicht gesehen. Der von
Georg von Anhalt für Merseburg und später für Anhalt publizirte umfangreiche Ehe-Unter-
richt [s. unter Merseburg] kann nicht gemeint sein. Man wäre versucht, an die Dresdener Ehe-
Ordnung von 1556 zu denken. Diese ist aber keine eigentliche O., sondern nur eine Vergleichung
der Consistorien. Wäre sie Gesetz geworden, so wäre sie gewiss in den General - Artikeln von
1557 (Abschnitt: „Von pfarhern, kirchen- und schulendiener in gemein“) verwerthet oder wenig-
stens citirt worden, was nicht geschehen ist. Ausserdem hätte sich der Kurfürst nicht im
Jahre 1577 die Dresdener/O. nebst der Cellischen (welch’ letztere nach dem oben Ausgeführten
Sehling, Kirchenordnungen. 17
 
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