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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0186
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158

Die Kirchenordnungen. Ernestinisches Sachsen.

Uber das sollen in sonderheit die, so sich
christliches namens rhümen, lieb erzeigen, welche
williglich tregt alle beschwerden1), und gibt, wo
sie auch nicht schuldig ist, bezalet, wo sie auch
mit unrecht beschweret were, sucht nicht rach
durch eigene gewalt, wie Christus Matthei am 5.
leret. Und solche ehre solten wir billich dem
heiligen evangelio thun, das wir treulich bezaleten,
damit das heilige evangelion nieht gelestert und
geschmehet würde, wie es geschicht durch diese,
die unter dem schein des heiligen evangelii ver-
meinen von zinsen und andern weltlichen bürden,
frei zu werden2).
Von trübsal.
Zu dem dritten stücke christliches lebens,
das ist zu guten werken, gehöret auch, das man
wisse, wie man sich in trübsal halten sol.
Zum ersten, sol man die leute leren, das alle
trübsal, nicht allein geistliche, sondern auch leib-
liche, als armut, krankheit, fahr der kinder, fahr
der güter, vihesterben, hunger, uns von gott zu-
geschickt werden. Umb der ursach willen, das
uns gott damit vermane, und zur busse reize.
Wie in der ersten zun Corinthern am 11. stehet:
Wenn wir vom herrn geplagt werden, so werden
wir gestraft, das wir nicht mit der welt verdampt
werden.
Nu ists nicht genug, das wir wissen, das uns '
gott solchs zuschicke, sondern man sol auch leren,
das man gott darinnen anrüfen sol, und ver-
trauen, er werde helfen, wie denn droben von dem
gebet geleret ist, wie gott im 49. Psalm spricht:
Du solt mich anrufen in trübsal, so wil ich dich
erhören.
Neben dem allen sollen auch die leute ver-
manet werden, wie schwach der mensch ist, und
wie der teufel stetigs uns zu argem unterstehe zu
reizen, das er uns in zeitlich und ewig schande
und elend bringe. Denn Christus spricht, Johannis
am 8. Der teufel sei ein todschleger. So sagt
Petrus in seiner 1. epistel am letzten capitel, der
teufel gehe umb wie ein brüllender lewe, und
suche jemand, den er zureisse. Darumb wir stetigs
in gottes forcht stehen sollen, wachen und beten,
das gott uns regire und behüte. Denn das ist
die rechte ubung des glaubens, fechten mit gebeten
wider solche fahr. So spricht Christus, Luce
am 21. So seid nu wacker allezeit, und betet.
Diese unterricht haben wir- den pfarherrn
gethan, und sie vermanet, das sie diese fürnemste

1) 1538 statt [beschwerden]: beschwerung.
2) 1538 hat hier folgenden Zusatz: „Denn sol
oberkeit unrechte bürden, wucher und unbilliche be-
schwerung abschaffen, denn sie schuldig sind, das un-
rechte zu strafen, und das rechte zu schützen, Röm. 13.“

stücke des christlichen lebens, die wir hie erzelet,
als nemlich busse, glauben, gute werk, klar und
richtig den leuten fürtragen wolten, und viel
andere sachen, davon der arme pöfel nicht viel
verstehet, fallen lassen.
Vom sacrament der taufe.
Taufe sol gehalten werden, wie bisher, das
man kinder teufe, denn dieweil die taufe eben
das bedeut, das die beschneidung bedeut hat,
und man die kinder beschnitten hat, sollen sie
auch die kinder teufen. Und wie gott spricht,
er wölle die kinder, so beschnitten werden, in
schutz und schirm annemen. Denn also sagt gott,
Genesis am 17.: Das ich dein gott sei, und deines
samens nach dir. Item: Und wil ihr gott sein.
Also sind auch in gottes schutz die kinder, die
getauft werden, darumb sol gott auf solche seine
zusagung ernstlich angerufen werden.
Es sollen auch die groben leut unterrichtet
werden, das die taufe solche grosse güter mit sich
bringet, das ist, das Gott des kindes beschützer
und beschirmer sein wil, und sich des kindes an-
nemen.
Damit aber die umbstehenden dis gebet und
wort in der taufe verstehen, ists gut, das man
deudsch teufe.
Es sollen auch die leut zu weilen vermanet
werden, so man von den sacramenten predigt,
das sie bedenken ihre taufe, und unterrichtet
werden, das die taufe nicht allein bedeut, das
gott die kindheit wölle annehmen, sondern das
ganze leben. Und das also die taufe nicht allein
den kindern ein zeichen sei, sondern auch die
alten reize und vermane zur busse, denn busse,
reue und leide wird durch die wassertaufe bedeutet.
Dabei auch sol die taufe den glauben erwecken,
das denen, so reu uber ihre sunde haben, die sunde
abgewaschen und verzihen sind. Denn dieser glaube
ist die volkomene taufe.
Von dem chrisma oder kresem sol man sich
nicht zanken1). Denn der rechte chresem2),
damit alle christen gesalbet werden von gott
selbs, ist der heilig geist. Wie man denn liset
Esaie am 61. cap. und zun Ephesern am 1.
Vom sacrament des leibs und bluts
des herrn.
Von dem sacrament des waren leibs und
bluts unsers lieben herrn Jhesu Christi, sollen
den leuten diese drei artickel fürgehalten werden.

1) 1538 statt [kresem .. man]: kresem, als ein
unnötig frei ding, sol man.
2) 1538 statt [rechte kresem]: rechte nötige
kresem.
 
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