3. Unterricht der visitatoren an die pfarrherrn im kurfürstenthum zu Sachsen. 1528.
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Wen das glücke zu wol helt1), den macht es zu
einem narren. Item, Ovidius, vulgus amicitias
utilitate probat. Der pöfel lobet die freundschaft
nur nach dem nutz.
Morgens sollen die kinder den Esopum wider
exponiren.
Dabei sol der preceptor etliche nomina und
verba decliniren, nach gelegenheit der kinder,
viel oder wenig, leichte odder schwere, und fragen
auch die kinder regel und ursach solcher declination.
Wenn auch die kinder haben regulas con-
structionum gelernet, sol man auf diese stunde
foddern, das sie, wie mans nennet, construirn,
welchs sehr fruchtbar ist, und doch von wenigen
geübet wird.
Wenn nu die kinder Esopum auf diese weise
gelernet, sol man ihnen Terentium fürgeben, welchen
sie auch auswendig lernen sollen, denn sie nu
gewachsen, und mehr erbeit zu tragen vermügen.
Doch sol der schulmeister vleis haben, das die
kinder nicht uberladen werden.
Nach dem Terentio sol der schulmeister den
kindern etliche fabulas Plauti, die rein sind, für-
geben, als nemlich Aululariam, Trinummum, Pseu-
dolum und der gleichen.
Die stunde vor mittag, sol allweg für und für
also angelegt werden, das man daran nichts anders,
denn grammaticam lere. Erstlich etymologiam,
darnach syntaxin, folgend prosodiam. Und stetigs,
wenn dis volendet, sol mans widder forn anfahen,
und die grammatica den kindern wol einbilden.
Denn wo solchs nicht geschicht, ist alles lernen
verloren und vergeblich. Es sollen auch die kinder
solche regulas grammatice auswendig aufsagen, das
sie gedrungen und getrieben werden, die gram-
matica wol zu lernen.
Wo auch den schulmeister solcher erbeit ver-
dreusset, wie man viel findet, sol man die sel-
bigen lassen laufen, und den kindern einen andern
suchen, der sich dieser erbeit anneme, die kinder
zu der grammatica zu halten. Denn kein grösser
schade allen künsten mag zugefüget werden, denn
wo die jugent nicht wol geübet wird in der gram-
matica. ^
Dis sol also die ganze wochen gehalten werden,
und man sol den kindern nicht jeden tag ein neu
buch fürgeben.
Einen tag aber, als sonnabend oder mitwoch,
sol man anlegen, daran die kinder christliche
unterweisung lernen.
Denn etliche lernen gar nichts aus der heiligen
schrift. Etliche lernen die kinder gar nichts,
denn die heilige schrift. Welche beide nicht zu
leiden sind. Denn es ist von nöten, die kinder
zu lernen den anfang eines christlichen und gott-
1) 1588 statt [Wen .. helt;]: Wen das glück wol
zuhelt.
seligen lebens. So sind doch viel ursachen, dar-
ümb daneben ihnen auch andere bücher fürgelegt
sollen werden, daraus sie reden lernen. Und sol
in dem also gehalten werden. Es sol der schul-
meister den ganzen haufen hören, also, das einer
nach dem andern aufsage, das vater unser, den
glauben, und die zehen gebot. Und so der haufe
zu gros ist, mag man eine wochen ein teil, und
die andern auch ein teil hören. Darnach sol der
schulmeister auf eine zeit das vater unser ein-
feltig und richtig auslegen. Auf eine andere zeit
den glauben. Auf andere1) zeit die zehen gebot.
Und sol den kindern die stücke einbilden, die
not sind, recht zu leben, als gottesforcht, glauben,
gute werk. Sol nicht von hadersachen sagen.
Sol auch die kinder nicht gewenen, münche oder
andere zu schmehen, wie viel ungeschickter schul-
meister pflegen.
Daneben sol der schulmeister den knaben
etliche leichte psalmen fürgeben, aussen zu lernen,
in welchen begriffen ist, eine summa eines christ-
lichen lebens, als, die von gottesforcht, von glauben,
und von guten werken leren. Als der 112. psalm,
wol dem man, der2) gott förcht. Der 34., ich
wil den herrn loben allezeit. Der 128., wol dem
der den herrn förcht, und auf seinen wegen gehet.
Der 125. psalm, die auf den herrn hoffen, werden
nicht umbfallen, sondern ewig bleiben, wie der
berg Zion. Der 127. psalm, wo der herr nicht
das haus bauet, so erbeiten umb sonst die daran
bauen. Der 133. psalm, sihe, wie fein und lieb-
lich ists, das brüder miteinander wonen. Und
etliche der gleichen leichte und klare psalmen,
welche auch sollen aufs kürzist und richtigst aus-
gelet werden, damit die kinder wissen, was sie
daraus lernen und da suchen sollen.
Auf diesen tag auch sol man Mattheum
grammatice exponiren. Und wenn dieser volendet,
sol man ihn wider anfahen Doch mag man, wo
die knaben gewachsen, die zwo episteln Pauli
zu Timotheon, oder die ersten epistel Johannis,
oder die sprüche Salomonis auslegen.
Sonst sollen die schulmeister kein buch für-
nemen zu lesen. Denn es ist nicht fruchtbar, die
jugent mit schweren und hohen büchern zu be-
laden, als etlich Esaiam, Paulum zun Römern,
S. Johannes evangelion, und andere der gleichen,
umb ihres rhumes willen, lesen.
Vom dritten haufen.
Wo nu die kinder in der grammatica wol
geübet sind, mag man die geschicktisten auswelen,
und den dritten haufen machen.
Die stunde nach mittag sollen sie mit den
1) 1538 statt [Auf andere]: Auf eine andere.
2) 1538 statt [wol ... der]: wol dem, der.
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Wen das glücke zu wol helt1), den macht es zu
einem narren. Item, Ovidius, vulgus amicitias
utilitate probat. Der pöfel lobet die freundschaft
nur nach dem nutz.
Morgens sollen die kinder den Esopum wider
exponiren.
Dabei sol der preceptor etliche nomina und
verba decliniren, nach gelegenheit der kinder,
viel oder wenig, leichte odder schwere, und fragen
auch die kinder regel und ursach solcher declination.
Wenn auch die kinder haben regulas con-
structionum gelernet, sol man auf diese stunde
foddern, das sie, wie mans nennet, construirn,
welchs sehr fruchtbar ist, und doch von wenigen
geübet wird.
Wenn nu die kinder Esopum auf diese weise
gelernet, sol man ihnen Terentium fürgeben, welchen
sie auch auswendig lernen sollen, denn sie nu
gewachsen, und mehr erbeit zu tragen vermügen.
Doch sol der schulmeister vleis haben, das die
kinder nicht uberladen werden.
Nach dem Terentio sol der schulmeister den
kindern etliche fabulas Plauti, die rein sind, für-
geben, als nemlich Aululariam, Trinummum, Pseu-
dolum und der gleichen.
Die stunde vor mittag, sol allweg für und für
also angelegt werden, das man daran nichts anders,
denn grammaticam lere. Erstlich etymologiam,
darnach syntaxin, folgend prosodiam. Und stetigs,
wenn dis volendet, sol mans widder forn anfahen,
und die grammatica den kindern wol einbilden.
Denn wo solchs nicht geschicht, ist alles lernen
verloren und vergeblich. Es sollen auch die kinder
solche regulas grammatice auswendig aufsagen, das
sie gedrungen und getrieben werden, die gram-
matica wol zu lernen.
Wo auch den schulmeister solcher erbeit ver-
dreusset, wie man viel findet, sol man die sel-
bigen lassen laufen, und den kindern einen andern
suchen, der sich dieser erbeit anneme, die kinder
zu der grammatica zu halten. Denn kein grösser
schade allen künsten mag zugefüget werden, denn
wo die jugent nicht wol geübet wird in der gram-
matica. ^
Dis sol also die ganze wochen gehalten werden,
und man sol den kindern nicht jeden tag ein neu
buch fürgeben.
Einen tag aber, als sonnabend oder mitwoch,
sol man anlegen, daran die kinder christliche
unterweisung lernen.
Denn etliche lernen gar nichts aus der heiligen
schrift. Etliche lernen die kinder gar nichts,
denn die heilige schrift. Welche beide nicht zu
leiden sind. Denn es ist von nöten, die kinder
zu lernen den anfang eines christlichen und gott-
1) 1588 statt [Wen .. helt;]: Wen das glück wol
zuhelt.
seligen lebens. So sind doch viel ursachen, dar-
ümb daneben ihnen auch andere bücher fürgelegt
sollen werden, daraus sie reden lernen. Und sol
in dem also gehalten werden. Es sol der schul-
meister den ganzen haufen hören, also, das einer
nach dem andern aufsage, das vater unser, den
glauben, und die zehen gebot. Und so der haufe
zu gros ist, mag man eine wochen ein teil, und
die andern auch ein teil hören. Darnach sol der
schulmeister auf eine zeit das vater unser ein-
feltig und richtig auslegen. Auf eine andere zeit
den glauben. Auf andere1) zeit die zehen gebot.
Und sol den kindern die stücke einbilden, die
not sind, recht zu leben, als gottesforcht, glauben,
gute werk. Sol nicht von hadersachen sagen.
Sol auch die kinder nicht gewenen, münche oder
andere zu schmehen, wie viel ungeschickter schul-
meister pflegen.
Daneben sol der schulmeister den knaben
etliche leichte psalmen fürgeben, aussen zu lernen,
in welchen begriffen ist, eine summa eines christ-
lichen lebens, als, die von gottesforcht, von glauben,
und von guten werken leren. Als der 112. psalm,
wol dem man, der2) gott förcht. Der 34., ich
wil den herrn loben allezeit. Der 128., wol dem
der den herrn förcht, und auf seinen wegen gehet.
Der 125. psalm, die auf den herrn hoffen, werden
nicht umbfallen, sondern ewig bleiben, wie der
berg Zion. Der 127. psalm, wo der herr nicht
das haus bauet, so erbeiten umb sonst die daran
bauen. Der 133. psalm, sihe, wie fein und lieb-
lich ists, das brüder miteinander wonen. Und
etliche der gleichen leichte und klare psalmen,
welche auch sollen aufs kürzist und richtigst aus-
gelet werden, damit die kinder wissen, was sie
daraus lernen und da suchen sollen.
Auf diesen tag auch sol man Mattheum
grammatice exponiren. Und wenn dieser volendet,
sol man ihn wider anfahen Doch mag man, wo
die knaben gewachsen, die zwo episteln Pauli
zu Timotheon, oder die ersten epistel Johannis,
oder die sprüche Salomonis auslegen.
Sonst sollen die schulmeister kein buch für-
nemen zu lesen. Denn es ist nicht fruchtbar, die
jugent mit schweren und hohen büchern zu be-
laden, als etlich Esaiam, Paulum zun Römern,
S. Johannes evangelion, und andere der gleichen,
umb ihres rhumes willen, lesen.
Vom dritten haufen.
Wo nu die kinder in der grammatica wol
geübet sind, mag man die geschicktisten auswelen,
und den dritten haufen machen.
Die stunde nach mittag sollen sie mit den
1) 1538 statt [Auf andere]: Auf eine andere.
2) 1538 statt [wol ... der]: wol dem, der.