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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0236
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208

Die Kirchenordnungen. Ernestinisches Sachsen.

da man den commissarien der consistoria nicht
eigen gefengnus und landknechte ordenen wolte,
zu hofe beradschlaget werden.
In solche gefengnus möchten auch gelegt
werden, diejenigen, so mit unordentlichen wesen,
mit schlemmen, rasseln, spielen, in heusern, ohne
aufhören böse exempel geben.
Item, die an heiligen nechten, als der oster,
christabend, ohne alle reverenz, in der religion,
oder der heiligen feste, ir saufen und quassen
treiben, sollen mit dem banne gestraft werden.
So auch etliche befunden wurden, die ihre
eltern schlahen, oder verechtlich, oder unverehret
halten, sollen mit dem kerker gestraft werden,
oder mit dem bann, oder auch mit verweisung des
lands, durch die weltliche oberkeit.
Auch weren diejenigen billich ernstlich und
hart zu strafen durch die commissarien, welche
oft verwarnet, durch die visitatores dem pfarherr,
prediger, aus einem trotze und verharten un-
gehorsam, inen ir gebürlich einkommen nicht
geben wollen.
Auch sind die kirchner und custer, welche
mit den bauren ein heimlich verbündnus 1) wider
iren pfarherr machen, entweder irs ampts zu ent-
setzen, oder mit dem kerker zu strafen.
Item die priester und kirchendiener, welche
ir weib und kind, ubel, unchristlich handeln, oder
im ergerlichen zank und unwillen mit ihren ehe-
weibern leben, und gegen ihnen mit ubermacht,
tyrannei, und saevicia sich erzeigen, die sollen
citiert werden, und nach gelegenheit, mit der
suspension ab officio oder andere weise gestraft
werden.
Und wenn gleich der bann auf die erste weise
und nach fürgeschriebener form gegen andere ver-
brecher, contumaces oder delinquentes, nach form
der kirchen, nicht solte gebraucht werden, so
müste er doch nicht fallen der gotts lesterer halben,
auch der offentlichen wucherer halben, wo die ein
mal gestraft nicht ablassen, sondern fortfaren
würden. Was aber lesterer gottes, christlicher
lehr, und cäremonien sein, ist vorhin gemeldet.
Wucherer.
Offentliche wucherer sind diejenigen, die ir
geld anlegen auf zinse auf benante jare, behalten
ihn für, ire heuptsummen wider zu fordern, der
zins sei gleich gros oder klein.
Item diejenigen, welche sich durch bürgen
versichern lassen, wenn sie gleich einen gewön-
lichen zins nemen.
Viel mehr sind die unleidliche, offentliche
wucherer, die doch kein entschüldigung haben,

welche obberürter weise, einer oder beider, ihr
geld auf zins aus thun, unterstehen sich gott und
die leute zu betriegen, in dem, das sie auf einen
schein verschreibung nemen, auf gewonlich zins,
und dingen doch darneben ein, es geschehe gleich
one bei brief oder revers, oder auch durch solche
bei vorpflichtung, dinstgeld, pferd, oder was es
sonst sei. Dieselben leute, sie sind edel oder un-
edel, wo sie ein mal oder zwei gestraft oder ver-
manet, als sie denn das erste mal umb ein red-
lich geld wol mügen gestraft werden, wollen aber
gleichwol im lande bleiben, die lestern gott, in
dem, das sie sich für christen ausgeben, und der
sacrament gebrauchen. Hirumb, und da die welt-
liche oberkeit sie nicht veriagt, so sollen sie doch,
durch der kirchen gericht, in bann gethan, der
sacrament und christlicher gemein, auch christ-
licher sepulturn und begrebnus unwirdig, auf vor-
gehende proces, erklert werden, und darzu wider-
umb nicht gestadt noch gelassen werden, sie haben
denn irs abstehens von solchem unchristlichem
wucher, gnugsamen schein und caution gemacht.
Und solchs erfordert die grosse notdurft, denn so
die laster ungestraft bleiben, so würde gott die
christlichen lande mit dem türken und andern
plagen zu strafen bewegt.
Von der investitur, oder einsetzung
der priester in die pfarren.
Das einsetzen, einweisen der pfarherr und
prediger, soll durch die nehesten superattendenten,
einen oder zween geschehen, in facie ecclesiae,
auf des kirchspiels kosten, das des pfarherrs be-
nötigt. Erstlich mit verlesung des sechsten cap.
1. Timo. anzufahen, haec doce, & exhortare, bis
ans ende. Zum andern, das der pfarher oder pre-
diger dem volk gelobt werde, wie gott Moisi be-
fohl, das er dem Josua thun solt, da er spricht:
Lauda eum laude tua, sag viel guts von im,
num, 27. cum impositione manuum.
Constitutio der priester ehe und ihrer
kinder succession halben.
Nach dem nu von etlichen jaren her, durch
die christliche und apostolische lere, der sched-
liche irrthumb, so durch die bepste, wie S. Paulus
sagt, aus des teufels lehre, eingefürt, in unsern
landen, und folgig in andern offenbart, das die
priester so wol als die leien, eine rechte christ-
liche ehe annemen und besitzen mügen, und das
sie rechte eheliche kinder mit ihren eheweibern
zeugen.
Darumb so wollen wir, auf das solche der
priester ehe, in unsern landen und fürstenthümen,
und gebieten, jedermenniglich, und in allen ge-
richts stülen, für eine rechte bestendige ehe, und

1) Ausgabe von 1566: verstendnus.
 
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