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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0251
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15. Instruction Johans Friderichen des mittlern, Johans Wilhelm und Johans Friderichen d. j. 1554. 223

genomener erkundigung etzliche priester befunden,
welche gottes wort deme volk furzutragen, auch
inen demselben noch die hailigen sacramenta zu-
raichen oder die christlichen ceremonien zuhalten
ungeschickt, oder aber sonsten eines ergerlichen
lebens, wesens oder wandels weren, so sollen unsere
visitatores dieselben hinweg und andere gelarte
und gotfurchtige an die stadt schaffen und dorin
wider alter oder jugent, reichthumb oder armut,
kinder oder anders, was auch das sein mochte,
ansehen oder sich dovon abhalten lassen, in be-
trachtung das mer auf viler selen hail und seli-
kait dan uf einer person gelegenhait in diser
groswichtigen sach mus gesehen und gedacht werden.
Sollte aber ein pfarher guter ler und un-
streflichs wesens und wandels sein und konte
doch alters und leibs schwachhait halben seinem
ampt lenger nit vorsein, und doch also arm were,
das er sich von dem seinen nicht erneren konte,
auf den fal sollen unsere visitatores mit den leuten
handeln, das sie denselben von der pfar oder
kirchen einkomen noch gelegenheit ires vormugens
und des schwachen pfarhers person auf ein mal
etwas zur abfertigung geben, oder aber ime jer-
lich auf sein lebelang eine pension reichen wolten.
Do es aber die pfarren und die kirchen nicht
vormochten, auch die pfarkinder arm, oder solchs
mit gutem willen nicht thuen wolten, so sollen
sie mit dem alten oder kranken pfarher uf ain
zimliche abfertigung oder jerliche pension handeln,
und uns woruf es zurichten sein konte bericht
thuen, dorauf wollen wir uns gegen inen oder
unsern amptleuten, schossern oder rethen der
stedte desselben orts, unsers gemuths vornemen
lassen, und zu solcher handlung sollen auch die
lenherrn vom adel, so ferne sie in deme selben
kirchspiel oder in unsern landen wonen, auch
unsere amptleute und schossere uf heiligende
unsere offene briefe durch die visitatores erfordert
und gezogen werden, auf das sie sovil dester be-
quemer und bestendiger handeln mogen.
Wurden aber pfarher, prediger oder diaconi
befunden, die einen irthumb im glauben, es were
des hochwirdigen sacraments des leibs und bluts
Jesu Christi, der hailigen tauf, interims, adia-
phorischer, Osianders, widerteuferischen, Schwenk -
feldischen, Zwinglischen und Majorischen vor-
furischer secten oder andern kezerei und falscher
lher halben, oder sonsten an unserer christlichen
religion und Augspurgischer confession zweivel
oder ekel hetten, den sollen unsere visitatores als
balt sagen, sich furderlich aus unsern landen zu-
wenden, mit der vorwarnung, wo sie doruber be-
treten wurden, das sie mit ernst sollen gestraft
werden, und do sich gleich einer oder mer dor-
von abzustehen erbitten werden, so sollen sie doch
im kirchampt nicht gelassen werden, sintemal die

erfarung gibt, das sie von solcher gift nicht
lassen.
Es wurde dan befunden, das derselbigen einer
oder mer aus lauterm einfalt und nicht aus
bosem vorsatz in solchen irthumb geraten were
und sich dem noch christlich unterweisen lassen,
auch den irthumb offentlich widerrufen wollte, dan
uf einen solchen fall solte derselbe lenger geduldet
und dem superattendenten desselben orts bevolen
werden uf inen seiner ler kirchen ceremonien
auch wesens und wandels halben fleissige achtung
zugeben.
Do auch gleich einer ader mer an ler recht-
schaffen befunden und doch am leben wesen und
wandel streflich gespurt, so sollen dieselben (wo
der gebrechen wichtig) auch entsetzt und ander
gotfurchtige leute an ire stadt geordent werden,
sintemal der pfarher unchristlichs lebens die baurn
und gemaine leute mer ergert dan sie mit der
lar pessern und bauen konnen.
Wurde aber etwan ein geringer mangel oder
zwitracht zwischen den pfarhern und pfarkindern
befunden, dorumb der pfarher desselben orts der
pfarkinder hass und abgonst halben nicht bleiben
wollte und unsere visitatores aus genomener er-
kundung sovil spuren wurden, das solcher abgonst
zwischen dem pfarhern und pfarkinder nicht anders
zuhelfen oder zuraten sein sollte, dan das man
den pfarher transponire, auf den fal oder dormit
derselbe pfarher an einem andern ort mer frucht
schaffen und durch sein predigt mer bauen und
bessern konte, lassen wir geschehen, das derselbe
pfarher an einem andern ort und superattendenz
gesezt werde. Solten aber unsere visitatores be-
finden, das die pfarkinder zu solcher abgonst keine
pilliche ursach hetten, sondern allain dorumb, das
er sie amptshalben umb ihre laster christlich und
geburlich gestraft, die abgonst uf ihren pfarher
(ungeacht das er reiner ler und gutens lebens
were) geworfen oder das sie umb vorwitz oder
geniess willen gern einen andern hetten, uf den
fal sollen unsere visitatores die dinge gutlich zu-
vorrichten fleis haben und do inen nicht wolte
vorfolget werden, uns an welchem thail der mangel
gewest dovon bericht thuen, uf das den leuten
nicht eingereumbt, ire pfarher ohne ursach zuvor-
dringen.
Solte auch an etzlicher gelerten und fleissiger
pfarher wesen und wandel geringe gebrechen ge-
spurt werden, deren sie abzustehen von dem vorigen
visitatorn oder itzigen superattendenten nicht vor-
warnet, und sie sich zupessern und solchen ge-
brechen abzustellen erbitten wurden, mit denselben
solle man es noch ein halb jar vorsuchen und vor-
ordenen, das dorauf fleissig gesehen werde, do dan
keine pesserung gespurt so solle er geurlobt und
ein anderer an seine stadt vorordent werden.
 
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