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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0267
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18. Ordnung und reformation ecclesiastici consistorii zu Jena, durch hern Johans Wilhelmen etc. 1569. 239

auch die norma darnach zu urtheilen und zu
richten, mit sich bringet zu beschreiben, allein
das die consistoriales in sachen an dis consisto-
rium gehörig nicht allein wenn supplicationes,
querelae, oder klagen für und einkommen, sonder
auch in allem dem, so ihnen in dieser ordnung
auferlegt, für sich, oder ad denunciationem aliorum,
ex officio, gebührlichen, summarischen und schleu-
nigen process, hindan gesetzt aller uberflüssigen
subtiliteten, und weitleuftigkeiten der formalien
halben, halten, auch sich sonderlich befleissigen
sollen, das die parteien und fürnemlich die armen
kirchen- und schuldiener, und andere dergleichen
miserabiles personae, nicht lang aufgezogen, sonder
so viel müglich befördert, und der unkosten ver-
schonet werden.
Und wo die sachen gering, und nicht weit-
leuftig, so soll keiner partei die durch schriftliche
process aufzuziehen, gestattet werden.
Alle urthel und bescheid sollen schriftlich
verfast, und von dem notario oder seinem sub-
stituten aus der schrift verlesen, und folgends der
enden, da die parteien sess, oder wonhaft, publi-
ciert werden.
Es sollen auch alle citationes, erforderungen,
urthel, und andere process in schriften under des
consistorii siegel durch die geschwornen, oder
andere beiboten, die derhalben auch den präsi-
denten, oder vicepräsidenten angelobt, verkündet
oder angeschlagen werden.
IX. Von strafen und execution der ur-
theil und process.
Nach dem gott sein gesetz gegeben, und das
ampt der schlüssel seiner kirchen befohlen, auch
allen kirchendienern, superintendenten, pfarherrn,
predigern, und diaconen auferlegt, die sünden,
ergernussen und laster zustrafen, so sollen sie als
treue haushalter der gemein Christi, solchem irem
göttlichen befelch des strafampts durch das wort
gottes, und die absonderung und suspension von
den sacramenten und andern christlichen ubungen
in der kirchen nohtwendigs und treues vleis
ausrichten, und wo in einer gemein mehr denn
ein minister verbi were, und jemands darin seiner
begangenen sünden halb von den heiligen sacra-
menten, oder andern christlichen sachen zu suspen-
dieren, so soll solchs zu verhütung, zwispalt und
ergernus, mit aller derselben kirchendiener und
seelsorgern vorwissen und bedenken beschehen.
Und wo sie sich hierin nicht vergleichen möchten,
so sollen sie solchs an ihren superintendenten ge-
langen lassen, und dessen entschieds geleben.
Wo sich aber ein solcher fall in des superinten-
denten kirchen begebe, als denn soll derselbig
durch das consistorium entschieden werden. Item
wenn der suspension und dergleichen fell halben,

sich jemands ob seinem pfarrherr oder prediger
beschweren thete, der sol solches erstlich dem
superintendenten anbringen, der auf vorgehende
verhör und erkündigung die sach zu dijudiciren
hat. Wann sich aber jemands hierüber auch, oder
sonsten bald anfangs ob dem superintendenten be-
klagte, mag er das an dem consistorio fürbringen,
welches als dann den klagenden theil, und den
beschüldigten superintendenten auf ein benannte
zeit für sich erfordern, die sach nach notturft
anhören, rechtlich examinieren, und fürderlich
entschieden soll.
Und dieweil die solennis excommunicatio in
diesen letzten zeiten, darin die bosheit der welt
uberhand, und der glaub und die liebe abnimmet,
schwerlich zu uben, und des son gottes unsers
einigen heilands seiner kirchen befohlenen gewalts
die höchste und gefehrlichste straf ist, und wo
grosse gefahr, auch grosse sorg von nöhten, darzu
sonders zweifels alle gottesfürchtige und ver-
nünftige pfarherr und superintendenten für sich
selbst, auch in solchen hochwichtigen sachen
anderer christlichen gelehrten und erfahrnen per-
sonell raht jeder zeit begehren, und viel mehr
wündschen werden, das solche inen diese bürde,
sorg und last helfen tragen, darüber, solcher
bann, nicht allein in einen ampt oder kirchspiel,
sonder durchaus in allen unsern fürstenthumen
und landen, kraft haben, und exequiert werden
soll, so ist mit sonderm raht und bedacht, christ-
lich, heilsamlich, nützlich, und notwendig geachtet,
das kein person in solchen bann verurtheilt, und
erklert werden soll, ausser dem consistorio, sondern
wenn die pfarherr, prediger, und superintendenten
ir straf ampt nach christlicher ordnung, wie die in
gottes wort, und von dem son gottes selbst,
Matth. 18 befohlen, und fürgeschrieben, in iren
befohlnen gemeinden gebraucht, der sünder aber
dardurch zur bus nicht bewogen, sondern in sünden
verstockt bleibet, und auf solche vormanung, und
mildere straf kein frucht noch besserung folget,
so soll das consistorium des durch die kirchen-
diener mit vorwissen der christlichen gemein ver-
stendiget werden, und darauf den halsstarrigen
sünder zu bestimpter zeit citieren, welche den
pfarherr und superintendenten bei der verhör, und
urtheil, neben den consistorialen, jedoch das sie
zuvor inhalt der form dem präsidenten und
assessorn gegeben, so vil die vorstehende sach be-
langet, auch angeloben zu sitzen und zu votieren,
gleichfals anzukünden. Und wan denn citiert
sünder als dann sich nochmals nicht weisen lassen,
oder auch contumaciter ungehorsam ausbleiben,
und also in seiner offenbaren ergerlichen unbus-
fertigkeit verharren würde, so mag er als dann
kraft göttlichs worts und befelchs auf vorgehende
gnugsame erkündigung, bedenken und beraht-
 
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