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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0284
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256

Die Kirchenordnungen. Ernestinisches Sachsen.

den gar armen pfarrherrn mit ihren weib und
kindern zu helfen sein mögte, derwegen dann
der synodus, die chur. und fürstlichen herrn hier-
zu unterthenig und höchstes vleisses bitten thut,
damit die kirche jedesmaln tüchtige und quali-
ficirte seelsorgere haben, und wegen notturftiger
unterhaltung nicht an ihren seelenheil verseumet
werden mögen.
24. Dieweil auch kein nuz darbei, das junge
leute, so allerersten aus den schulen kommen
also balden unversucht uf pfarren gesezt werden,
darumb es rathsamb, das sie erstlichen zue dia-
conen verordnet, und wann sie etliche jhar den
kirchen gebrauch gelernet, allerersten zu dorf-
pfarrhern befördert, damit auch dieselben desto
besser unterhalten könten, die diaconeten etwas
geschmehlert, oder disfals sonsten uf andere
mittel und wege bedacht, und die geringe pfarren
darmit gebessert werden, uf das die diaconi in
stedten sich soviel desto eher zu den pfarren uf
dem lande begeben mögten, wie denn junge an-
gehende leute uf den diaconeten sich viel besser
an geringer unterhaltung, dann die pfarren uf
den land, so mit viel kinderlein uberfallen, so
lange wohl betragen mochten, bis sie gleicher
gestalt zu bessern conditionibus befordert wurden.
25. So giebet hieruber die erfahrung das
die innere und eussere kuhe dem pfarrhern oder
gemeinen kasten nicht sonderlichs nuzes, derhalben
wird für rathsamb angesehen und ermessen, die-
selben abzuschaffen, und das den pfarrhern ihre
ecker allenthalben versteiniget werden.
Wie das die churf. ordnung vermag und mit
sich bringet. Desgleichen das ihnen ihre besoldung
als decem und dergleichen , so sie unter den
pauern als privat versöhnen mit zank und hader
der unterthanen einzubringen, und bestimbte zeit
mit einander und nicht abgesondert, laut izo er-
wenter ordnung entrichtet werde.
26. Welcher gestalt auch das grausame gottes-
lestern abzuschaffen, weil die ausgegangene landes-
ordnung in deme unterschiedliche mass giebet,
so wirdet bedacht, das dasselbe in künftigen aus-
schreiben erinnert und mit ernst darob gehalten
werde.
27. Wie das studium hebreae linguae unter
den pfarrherrn anzustellen, derowegen sollen die
superintendenten und adjuncten in nechster visi-
tation vleissige erkundigung haben, welche pfarr-
herrn etwas in solcher sprach sonderlich können,
dasselbe förder der superintendens oder visitator
berichten und darauf volgents die verordnung be-
schehen, wie sich zu denselben andere pfarrhern
finden, und von ihnen darinnen auch instituiret
und unterrichtet werden mögen.

28. Von den leichpredigen, weil dero selbigen
wegen an vielen orten mangel und unordnung-
erfunden wird, und aber an etlichen enden zu
solchen predigten uf den gottesäckern keine
kirchen vorhanden, so mögte es uf der chur. und
fürsten herrn räthe gut achten hierinnen uf weis
und mas, wie die viel angeregte churfürstliche
ordnung disfals mit sich bringet, gehalten, und
da wie beruret es keine kirchen uf den gottes-
äckern solche predigten nach bestattung der leich,
aber doch gleichwohl die begrebnus also angeordnet
werden, das die schüler an ihrer lehr und unter-
richtung nichts verseumen, und in vergleitung der
leiche die leut ördentlich zu pahren gehen, und
nicht unter einander laufen.
29. Und obwohl schlieslichen der offenen
poenitenz halben, vor des und bisanhero allerlei
disputirliches furgefallen, und das dieselbe stück-
weis die reconciliacio publica unordentlich ge-
halten, so ist sie nunmehr in der ordnung ganz
und vollkommen, nach dem befelh Christi, wo
nun einer oder der ander darob bedenkens trüge,
der soll künftig durch den synodum nach notturft
unterwiesen werden, wo er seine argumenta in
schriften ubergeben wird, dann weil der gebrauch,
so etliche aus eigenen gutbedunken in der kirchen
eingefurt, der ordnung des herrn Christi zuwieder,
da die personen, besonders so sich mit unzucht
oder todtschlag ubersehen, ungeachtet, das sie
reu und leid darüber gehabt, und nach der zeit
nicht öffentlichen in pann als unbusfertige er-
kennet, zu offentlicher abbiet den ganzen kirchen
ohne alle vorgehende gradus admonitionum von
Christo bevohlen, durch die kirchen dienere mit
ernst angehalten, und sonsten nicht absolviret,
noch zu dem hochwürdigen sacramenten zugelassen
werden, werden sich christliche getreue kirchen-
dienern der ordnung des herrn Christi Matth, am
18. berichten, und an derselben wohl benugen
lassen, dardurch dem ergernuss notturftiglich ge-
steuert und geweret, und niemands unrecht gethan
und ubereilet werde.
30. Was dann lezlich die bestallung zum
heiligen creuz betrifft, ist derselbige punct in
angeregter jungster visitation auch auf die bahne
kommen und in berathschlagung gezogen worden,
welcher sich auch zuvörderst dahero veruhrsacht,
das die viertelsmeister und einwohner doselbsten
hierumben sonderliche anderweite ansuchung ge-
than , wie deren uberreigte schrift vermag und
mit sich bringet, und darauf dem superintendenten
alhier doctor Maximiliano Mörlein gebührliche
und notwendige anzeig beschehen, was ihme in
nehern synodo derhalben zu gemüth geführet, und
darneben vermeldet worden, das in ansehung der
dahmaln angezogenen umbstende die notturft in
 
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