34. Dresdener Ehe-Ordnung. 1556.
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dieselbigen denen gerichtshaltern keines weges j solte, wollen wir sie beiderseits selbst dermassen
verschweigen, dass auch die gerichts-herren ge- ! in strafe nehmen, dass unser ernst im werk ge-
bührliche strafe gegen die verbrechere unweiger- j spüret, und empfunden werden soll. [Die folgenden
lich ergehen lassen; dann, wo solches verbleiben Capitel enthalten rein weltliches Recht.]
34. Dresdener Ehe-Ordnung. 1556.
[Nach Dresden, H.St.A., Loc. 7418, der Consistorien Schreiben Bl. 225 ff. (von mir bezeichnet Dr. I). Verglichen
mit Dresden, H.St.A., Loc. 10 737, „Bedenken, wie auf unseres gn. herrn und fürsten Moritzen zu Sachsen“
(von mir bezeichnet Dr. II); mit Dresden, H.St.A., Loc. 7429, Cellische Consistorial- und andere in rath gezogene
Kirchenordnung 1545 ff. (von mir bezeichnet Dr. III); mit den Ausgaben von Muther und Schleusner.
Vgl. oben S. 111.]
Von den gradibus.
Die Zellische ordenung, von den verbotenen
gradibus soll eintrechtiglich und gleich in con-
sistoriis gehalten werden, und sollen die consistoria
nicht dar in dispensiren, vor oder nach den ehe-
gelubden. Wer auch dawider handelt soll von den
pastorn und consistorien der weltlichen oberkeit
angezeigt werden; die soll ernstliche straf uben.
Doch soll unterschied gehalten werden zwischen
den gradibus, die gott ausdrücklich verboten hat,
und die in unsern kirchen darüber angehengt seint
zuer erinnerung und zu guter zucht, denn die
gotlichen verbot 1) seind allen creaturn ganz un-
dispensirlich* 2) und sollen mit ernster leibesstraf
erhalten werden. Es sollen auch die pastores 3)
in allen kirchen jerlich zweimal auf bestirnte son-
tag dem volk das 18. capitel Levitici verlesen mit
kurzer erclerung und vermahnung, von ewigen
und zeitlichen strafen, die got gewisslich uber
alle incestos 4) sendet; dabei sollen sie auch die
leut von den andern verbotenen grad deutlich und
unterschiedlich unterrichten, das sie sich weissen
zue huten.
Von der ehescheidung.
Diese gütliche regel ist unwandelbar, was
gott zusammengefuget hat, soll kein mensch schei-
den. Darumb hat keine oberkeit gewalt eheleut
von einander zu reisen, sondern alle oberkeit und
regiment seind got diesen dienst schuldig, den
ehestand, wie in got geordnet hat zuerhalten und
alle verbotene Vermischung, und zerstörung des
ehestandes mit grossem ernste zue strafen, und
vornemlich wen 5) die pastorn vom offentlichen
ehebruch bericht werden, sollen sie dem consistorio
davon anzeigung thun, das soll die gefallen per-
son citiren und sie zur besserung vermahnen, und
mit der publica penitentia strafen.
Dabei soll die weltliche oberkeit ihr straf
auch uben. Wie nun die unschuldige person claget,
soll erstlich die reconciliation versucht werden,
und so dieselbe nicht erhalten wurd, und die un-
schuldige person begert, das sie ledig gesprochen
werde, sol der richter nach erkundung*), ob auch
die clagende person ein gut zeugnuss habe, sie
ledig sprechen, und zulassen, das sie sich wieder
umb in einen christlichen ehestand mit einer andern
person begebe, und wurd diese ehe nicht durch
den richter zertrennet, sondern durch die schuldige
person, die wider gotes willen ihren ehestand
selbmutwilliglich zerreist, und in gotes gericht und
zorn stelt, aber der richter ercleret nach gotes
wort, das die unschuldige person ledig sei wie
Matthei 19 geschrieben ist, excepto casu scor-
tationis. Und wie die processus ordentlich zu-
halten sind, das wissen die verordenten in den
consistoriis aus gemeinen rechten2), und sol vor
solchen ordentlichen process keiner person erleubet
werden, sich in ein andern ehestand zu begeben.
Es sollen auch die pastores solche personen
nicht trauen, wo sie nicht des consistorii urthel
zuvor gesehen haben, und sollen den amptleuten
bericht darvon thun, das sie solches zusammen-
lanfen ohne ordentlichen process nicht gestatten.
Von dem 3) ersten offentlichen verlobnus
eine andere beschlaft und ehe zusagt.
So dieses vorfallet, das einer, der ein recht
offentlich verlobnus mit einer gehalten hat, her-
nach eine andere beschlaft und ihr auch eine ehe
zusaget, diese volgende beschlafung ist ohne zweifel
ein ehebruch, den die erste offentliche verlobnus
ist gewisslich ein ehe. Darumb sol der theter als
ein ehebrecher gestraft werden mit der publica
poenitentia und durch weltliche oberkeit und sol
die versunung mit der ersten verlubnuss versucht
werden.
So sie aber daruf begeret, dass sie von ime
^Muther, a. a. O. S. 461: vergebot. Schle
ner, Ztschr. f. Kirchengesck. 6, 394: gebot.
2) Muther, a. a. O. S. 461: (un)dispensirlich.
3) Muther, a. a. O. S. 461: pasterer.
4) Muther, S. 462: incester.
5) Muther, S. 462: so.
*) In Dr. III ist dieses Wort von Melanchthon an
dem Bande hinzugeschrieben worden.
2) In Dresden III hat hier Melanchthon hinzu-
gefügt: und der gericht gebrauch und nach gelegen-
heit derselben in ehesachen.
3) Muther S. 462 hat hier noch die Worte „der
nach der“.
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dieselbigen denen gerichtshaltern keines weges j solte, wollen wir sie beiderseits selbst dermassen
verschweigen, dass auch die gerichts-herren ge- ! in strafe nehmen, dass unser ernst im werk ge-
bührliche strafe gegen die verbrechere unweiger- j spüret, und empfunden werden soll. [Die folgenden
lich ergehen lassen; dann, wo solches verbleiben Capitel enthalten rein weltliches Recht.]
34. Dresdener Ehe-Ordnung. 1556.
[Nach Dresden, H.St.A., Loc. 7418, der Consistorien Schreiben Bl. 225 ff. (von mir bezeichnet Dr. I). Verglichen
mit Dresden, H.St.A., Loc. 10 737, „Bedenken, wie auf unseres gn. herrn und fürsten Moritzen zu Sachsen“
(von mir bezeichnet Dr. II); mit Dresden, H.St.A., Loc. 7429, Cellische Consistorial- und andere in rath gezogene
Kirchenordnung 1545 ff. (von mir bezeichnet Dr. III); mit den Ausgaben von Muther und Schleusner.
Vgl. oben S. 111.]
Von den gradibus.
Die Zellische ordenung, von den verbotenen
gradibus soll eintrechtiglich und gleich in con-
sistoriis gehalten werden, und sollen die consistoria
nicht dar in dispensiren, vor oder nach den ehe-
gelubden. Wer auch dawider handelt soll von den
pastorn und consistorien der weltlichen oberkeit
angezeigt werden; die soll ernstliche straf uben.
Doch soll unterschied gehalten werden zwischen
den gradibus, die gott ausdrücklich verboten hat,
und die in unsern kirchen darüber angehengt seint
zuer erinnerung und zu guter zucht, denn die
gotlichen verbot 1) seind allen creaturn ganz un-
dispensirlich* 2) und sollen mit ernster leibesstraf
erhalten werden. Es sollen auch die pastores 3)
in allen kirchen jerlich zweimal auf bestirnte son-
tag dem volk das 18. capitel Levitici verlesen mit
kurzer erclerung und vermahnung, von ewigen
und zeitlichen strafen, die got gewisslich uber
alle incestos 4) sendet; dabei sollen sie auch die
leut von den andern verbotenen grad deutlich und
unterschiedlich unterrichten, das sie sich weissen
zue huten.
Von der ehescheidung.
Diese gütliche regel ist unwandelbar, was
gott zusammengefuget hat, soll kein mensch schei-
den. Darumb hat keine oberkeit gewalt eheleut
von einander zu reisen, sondern alle oberkeit und
regiment seind got diesen dienst schuldig, den
ehestand, wie in got geordnet hat zuerhalten und
alle verbotene Vermischung, und zerstörung des
ehestandes mit grossem ernste zue strafen, und
vornemlich wen 5) die pastorn vom offentlichen
ehebruch bericht werden, sollen sie dem consistorio
davon anzeigung thun, das soll die gefallen per-
son citiren und sie zur besserung vermahnen, und
mit der publica penitentia strafen.
Dabei soll die weltliche oberkeit ihr straf
auch uben. Wie nun die unschuldige person claget,
soll erstlich die reconciliation versucht werden,
und so dieselbe nicht erhalten wurd, und die un-
schuldige person begert, das sie ledig gesprochen
werde, sol der richter nach erkundung*), ob auch
die clagende person ein gut zeugnuss habe, sie
ledig sprechen, und zulassen, das sie sich wieder
umb in einen christlichen ehestand mit einer andern
person begebe, und wurd diese ehe nicht durch
den richter zertrennet, sondern durch die schuldige
person, die wider gotes willen ihren ehestand
selbmutwilliglich zerreist, und in gotes gericht und
zorn stelt, aber der richter ercleret nach gotes
wort, das die unschuldige person ledig sei wie
Matthei 19 geschrieben ist, excepto casu scor-
tationis. Und wie die processus ordentlich zu-
halten sind, das wissen die verordenten in den
consistoriis aus gemeinen rechten2), und sol vor
solchen ordentlichen process keiner person erleubet
werden, sich in ein andern ehestand zu begeben.
Es sollen auch die pastores solche personen
nicht trauen, wo sie nicht des consistorii urthel
zuvor gesehen haben, und sollen den amptleuten
bericht darvon thun, das sie solches zusammen-
lanfen ohne ordentlichen process nicht gestatten.
Von dem 3) ersten offentlichen verlobnus
eine andere beschlaft und ehe zusagt.
So dieses vorfallet, das einer, der ein recht
offentlich verlobnus mit einer gehalten hat, her-
nach eine andere beschlaft und ihr auch eine ehe
zusaget, diese volgende beschlafung ist ohne zweifel
ein ehebruch, den die erste offentliche verlobnus
ist gewisslich ein ehe. Darumb sol der theter als
ein ehebrecher gestraft werden mit der publica
poenitentia und durch weltliche oberkeit und sol
die versunung mit der ersten verlubnuss versucht
werden.
So sie aber daruf begeret, dass sie von ime
^Muther, a. a. O. S. 461: vergebot. Schle
ner, Ztschr. f. Kirchengesck. 6, 394: gebot.
2) Muther, a. a. O. S. 461: (un)dispensirlich.
3) Muther, a. a. O. S. 461: pasterer.
4) Muther, S. 462: incester.
5) Muther, S. 462: so.
*) In Dr. III ist dieses Wort von Melanchthon an
dem Bande hinzugeschrieben worden.
2) In Dresden III hat hier Melanchthon hinzu-
gefügt: und der gericht gebrauch und nach gelegen-
heit derselben in ehesachen.
3) Muther S. 462 hat hier noch die Worte „der
nach der“.