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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0375
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35. Visitations-Instruktion von 1577.

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seligmachende lehre des göttlichen worts durch
leute, so ihres hirten ampts ubel wargenomen und
zu denen wir uns solches am wenigsten vorsehen,
zu sprengen und betriglichen mit grosser unserer
und unser lande und vieler frommen christen ge-
fahr, einzuschieben.
Doher wir geursachet mit rath und zuthun
unserer erbeinungs, auch etlicher anderer der
augspurgischen confessionvorwandten chur und
fursten, auch anderer stende uf wege zu gedenken,
wie die eingeschlichenen missvorstende, spaltung
und irthumb von der rechtschaffenen lehre ge-
scheiden, das daraus erfolgete ergernus aufgehaben
und in der kirchen ruhe, auch bei derselbten
lerern christliche und in gottes wort wolgegrundte
einigkeit wiederumb gepflanzet werden möchte.
Derwegen dan wir und ihre liebden unsere
theologen zu mehrmalen zusammen geschickt,
welche entlichen durch gottes gnedige vorleihung
solcher missvorstende, irrung und spaltung der
lere, auch der eingefüreten irthumb halben sich
dermassen mit unserem und anderer der waren
religionvorwandten chur, fursten und stende vor-
wissen vorglichen, das wir unzweifeliche hoffnung
tragen, es sollen nunmehr durch gottes gnade die
kirchen wiederumb zu ruhe kommen, derselbten
lerer und diener in gleichem Vorstände und guter
einigkeit ihren scheflin die heilsame weide gött-
liches worts vortragen, die heiligen sacramenta
unsers erlösers einsetzung gemes reichen und
daraus gottes lob und ehre und der christlichen
kirchen zunehmen erfolgen, auch vieler christen
gemuter, die sich ob diesen trennungen geergert,
zufrieden gestellet werden.
x) Weil uns aber wisslich, wie ubel der fried-
hessige feind unsers glaubens und waren religion
christliche und gotselige einigkeit leiden kan und
nach seinem unruigen und betriglichen art nicht
feiren wird, neben die kirche gottes auch seine
capellen zu bauen, doraus dies christliche werk
anzufeinden, durch schedliche leute und falsche
lehrer bei tag und nacht, wiederumb ihme gefellige
unruhe, spaltung, irrige lehre und was er böses
vormag underzumischen,
so erachten wir uns aus hohem obliegendem
und von gott befohlenem ampt schuldig, mit allem
möglichem fleiss, wachendem gemut und herzen,
vornemblich aber mit gottes hulf des satans be-
triglichen list zu steuren, zu wehren und mit christ-
lichem eifer und ernst entgegen zu trachten.
Wan wir uns dan aus heiliger schrift gött-
liches worts erinnern, das der leidige satan bald
im anfang der christlichen kirchen zu der apostel
zeiten, do noch das lebendige wort, wie das aus

*) E hat den Randvermerk: Occasio aut necessitas
institutae annuae visitationis.

unsers seligmachers und erlösers munde geredt in
vieler christen gedechtnus gewesen, nicht under-
lassen, schedliche unruhe zu stiften, dogegen die
apostel deme vorzukommen und zu wehren 1) vor
gut angesehen, auch einander treulich dazu vor-
mahnet, wieder umbzukehren und die bruder in
allen stedten, da sie das wort des herren gelehret,
zu besuchen und sich ihres vorhaltens zu er-
kundigen.
So haben auch wir unsere * 2) lande derselbten
kirchen und schulen in guter einigkeit bei dem
reinem warem unvorfelschstem worte und religion
augspurgischer confession, einhelligem rechtem ge-
brauch der hochwirdigen sacramenta, gleichformig-
keit der ceremonien, und dan die diener desselben
in getreuem fleiss, untadelkaftiger vorwaltung ihres
amptes christlichem leben und wandel, desgleichen
ihre zuhörer in zucht, erbarkeit und christlichem
gehorsam zu erhalten, ein hohe notturft zu sein
erachtet, das ein stetige unnachlessige inspection
und aufsehen in kirchen und schulen angestellet
wurde.
Derwegen haben wir nachfolgende visitation in
allen unseren 3) erb und schutzvorwandten landen
järlichen unnachlesslichen mit getreuem fleiss, auch
wan und so ofte es die not erfordert, zu halten
vorordnet.
Und anfangs wollen wir, do in einiger super-
intendenz unserer lande und gebiete die anzahl
der kirchendiener so gross, das dem Superinten-
denten geburliche und genugsame inspection auf
sie zu haben, nicht wol möglich, das demselben
aus den vornembsten kirchendienern, die seiner
superintendenz underworfen, etliche adiuncti zu-
geordenet und jedem eine anzahl pfarherrn an-
gewiesen werden, auf welcher lehre, leben und
wandel er vormög habendes bevels und instruction
ein stetiges fleissiges aufsehen haben und also
superintendens und adiuncti die kirchendiener un-
ablesslich zu gebürender furcht, gehorsam und
rechtem gebrauch ihres amptes anhalten sollen.
Wir bevelen und wollen auch, das unsere
rethe und theologen, so wir dazu vorordenen
werden, itzo und kunftig die superintendenzen
auch die stelle der adiuncten in anordenung dieser
visitation und austheilung derselben mit gelarten
gottfurchtigen, ehrlichen standhaften mennern be-
setzen 4), die zu gottes wort, rechten prophetischen
apostolischen heiligen lehre und religion augs-
purgischer confession einen sondern christlichen
eifer, dazu ihre gute gezeugnüs, beides der lehre
und lebens bei den kirchen und menniglichen

x) E hat am Rande: Ab exemplo apostolorum.
2) E hat einen Zusatz: und unserer jungen vettern.
3) E hat den Zusatz: und ihrer liebden.
4) E hat einen Randvermerk: Superattendentes et
adjuncti quales esse debeant.

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