Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0379
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
35.Visitations-Instruktion von 1577.

351

erbare, gutherzige, warhaftige und glaubwirdige
menner vom rath oder gemein, ad partem oder
wie es sich fuglich schicken will, befragen.
15. Wie sich die vorwalter, kastenhern,
kirchväter, hospitalmeister in ihrem ampt mit
reichnng der kirchendiener besoldung, der armen
underhalts, erbaunng der kirchen und geistlichen
heusern vorhalten.
16. Soll1) der visitator sich fleissig umbsehen,
wie die pfarherrn ihrer gebeude pflegen, ob sie
auch etwas daran bessern und die in gutem wesen
im dach und fach vormöge unserer ordnung erhalten.
Uf folgende artikel soll jedes ortes
obrigkeit, auch etzliche warhaftige und
glaubwirdige personen von den ein-
pfarreten ihrer pfarherren, kirchen
und schuldiener halb, befragt werden.
1. Ob sich der pfarherr, diacon etc. mit der
predigt, reichung der hochwirdigen sacramenta,
ceremonien etc. gottes wort, augspurgischer con-
fession und d. Lutheri seligen lehre und catechismo
gemess Vorhalte.
2. Mit was fleiss er den catechismum oder
die kinderlehre in der kirchen treibe, ob er auch
die kinder befrage, underweise und wie er sich
gegen den kranken mit trost, reichung des heiligen
abendmahls und sonsten Vorhalte, ob er auch
leichpredigten thue.
3. Wie sich ein jeder pfarherr und kirchen-
diener in seinem straf ampte erzeige, ob er die
laster mit sanftmut und guter bescheidenheit,
nachdeme es der text mitbringet, strafe, oder aus
seinen privat affecten oder rachgier die leute nam-
haftig oder sünst unvermeldet, doch ausgemahlet,
übel ausmache, sich zu zorn bewegen lasse,
scharfe ungeburliche, stachlichte, schmeliche, grobe
wort und geberde in der predigt gebrauche.
4. Ob er auch unnötige ergerliche gezenk
der lehre oder person halben, uf die canzel bringe.
5. Was 2) die kirchendiener vor einen wandel
furen, wie ihr leben mit der lehre ubereinstimme,
ob sie eines eingezogenen messigen lebens sein,
oder aber, ob sie in hader zank, unvorsönlichem
hasse, mit ihrem nechsten in trunkenheit, spiel -
sücht und dergleichen lastern, leben, gastereien
und anderen weltlichen sachen, mit vorlassung
ihrer kirchen und amptes, nachwandern, in kretzsch-
marn und schenken sich finden lassen, oder selbst
viel gastereien halten.
6. Ob sie jemand an der absolution oder
den sacramenten vorseumen.

J) Randvermerk von E: Pfarrgebeu.
2) Randvermerk bei E: leben pastorum.

7. Ob sie auch ihr weib und kind zu demut,
gottesturcht, christlicher zucht und erbarkeit, an-
halten.
8. Ob sie sich auch weltlicher sachen annehmen,
der obrigkeit in ihr ampt greifen, umb belohnung
erznei geben, den leuten in welthandeln pro-
curiren, schreiben oder advocirn, kaufmanschaft
oder wucherische contract, vorkauf oder dergleichen
unzimliche narung treiben.
9. Wie sie ihre pfarre in ehren und wirden
zu haus und zu felde halten, ob sie auch die ge-
beude mit dach und fach, ofen, fenstern, thuren
und wie ihnen vormöge unserer ordenung geburet,
bessern, auch ihre zeune und dorffrieden in guten
würden erhalten, ob sie auch die pfarholzer un-
pfleglich angreifen und vorwusten.
10. Ob der pfarherr auch die schule fleissig
visitire und wie die schuldiener sich mit under-
weisung der knaben, auch mit bestellung der ge-
senge in der kirchen und bei den begrebnussen
erzeigen, dies alles mit guter ordnung geschehe
und was sie vor einen wandel und leben furen.
11. Mit was fleiss und geschicklikeit der
deutschen knaben und meidlein schulmeister, auch
die custodes, ihres ampts warten.
12. Welchergestalt den durftigen und armen
mit austheilung des almosens und sonsten hand-
reichung und hulfe geschehe.
13. Mit was fleiss die eltern ihre kinder
und gesinde zur predigt und catechismo anhalten
und weisen.
14. Ob auch die obrigkeit und gerichte, die
so die predigt vorsetzlich vorseumen, die kinder
und gesinde dazu nicht halten, den feiertag mit
ross oder handarbeit, unserer ordenung zuwider,
entheiligen, geburlichen darumb strafen.
Was nun die visitatores von geistlichen und
weltlichen personen und ihrem beruf und ampten
in ordentlicher erkundigung und visitation, das
der kirchen Christi ergerlich ist, vorbesserung und
absekaffens bedarf, befinden und erkunden werden,
das sollen sie getreulich 1), wie sichs im grunde
vorhelt und nicht anders, bei vormeidung unserer
ernsten straf und ungnade aufzeichnen und solche
schrift vorpetschirt jeder adiunctus seinem Super-
intendenten , der superintendens dem consistorio,
so er underworfen und das consistorium gegen
Dresden in unsere canzlei schicken und ferners
bescheids aus dem synodo darauf gewertig sein.
Es sollen auch die superintendenten jeder,
wie auch derselben adiuncten, einen unparteischen
auszug und vorzeichnus machen, welche pfarherrn
gelehrt und vor anderen mit gutem ingenio unc
gottesgaben, zu predigen und sonsten gezieret

i) Randvermerk bei E: wie man solle vorzeichnen
und uberschicken.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften