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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0405
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40. Des durchlauchtigsten, hochgebornen fürsten u herrn,
und sich ungebürliches eindringen nicht zubesorgen
noch zubeklagen haben, der gestalt sie ihr ius
ungeschmelert behalten, und dennoch jeder zeit
bekante und bewerte kirchendiener haben, die sie
sonst mit schwerem kosten erforschen, und gleich-
wol nicht allwege zum besten versehen werden
möchten.
Vom examine aller kirchendiener, so
entweder ordinirt, oder zur andern
pfarren gefördert werden sollen.
Zum ersten. Wenn einer oder mehr seinen
dienst der kirchen bei den consistoriis anbieten,
oder zum kirchenampt durch einen collatoren be-
rufen und fürgestellet würde, sollen unsere ver-
ordente consistoriales fürnemlich auf nachfolgende
artikel achtung geben. Erstlich, das sie mit be-
sonderem fleis und ernst erkündigen, ob er in der
lehre rein, und nicht mit falschen opinionibus und
schedlichen irrthumen in einem oder mehr artikeln
vergiftet sei. Zum andern, sollen sie auch mit
allem fleis seine geschickligkeit erkündigen, was
er in heiliger schrift zuförderst, und denn auch
sonsten studirt, ob er nicht allein der lateinischen,
sondern auch der griechischen und hebreischen
sprache erfaren, wie er auch sonsten in den
controversiis geübet, das er die reine lehr, im fall
der noth, wider die papisten, rotten und secten
mit bestendigem grunde gottes worts wisse zuver-
theidigen.
Zum dritten, sollen sie auch fleissig erfaren
seine gaben, damit er von gott zu leren durch den
heiligen geist gezieret, und zum dienst der kirchen
ausgerüstet. Ob er beredt, eine starke oder weiche
stimme habe, starkes leibs oder ein valetudinarius
sei, auf das er nach denselben mit nutz der
kirchen an sein gebürend ort möge befordert
werden.
Zum vierten, sollen sie auch nicht weniger
fleissige kundschaft seines lebens und wandels
haben, wie er sich, da er zuvor im dienst, gehalten,
welchs nicht allwege aus den blossen testimoniis
zunemen, weil oftmals auch den unwirdigen gute
zeugnis gegeben werden , damit man ihrer mit
fugen los werden möge. Und weil an solchem
besonders viel in annemung der kirchendiener
gelegen, sol keiner ad examen zugelassen werden,
er hab denn zuvor öffentliche glaubwirdige testi-
monia und kundschaften seines herkommens und
lebens entweder von seinen praeceptoribus, oder
von der oberkeit, darunter er gewohnet, oder von
seinen collegis, bei welchen er im kirchenampt
gedienet, fürgebracht und dargelegt.
Zum fünften auch, das alter, das keiner, nach
der lehr S. Pauli, zu jung aufgestellet, er bette
denn lehr und lebens halben sich also erzeiget,
das bei ihm nicht zubesorgen, das er aufgeblasen,
Sehling, Kirchenordnungen.

herrn Augusten, herzogen zu Sachsen, Ordnung. 1580. 377
sich selbst grösserer geschickligkeit, denn am im
selbst, hielte, und also aus ubermuth und künheit
der kirchen gottes schedlich dienen möchte.
Zum sechsten, soviel denn das examen be-
langet, ob wol nützlich und notwendig, das, be-
sonders die jungen und angehende kirchendiener,
auf die definitiones und erklerung der fürnemsten
artikel christlicher religion abgerichtet sein sollen,
damit sie von jedem artikel in sonderheit, was von
demselben fürnemlich zuwissen von nöten, summarie
begriffen; jedoch, weil sich nicht mit geringem
nachteil und schaden der kirchen befunden, das
die jungen studiosi, so sich auf das predigampt
zubegeben fürhabens, solche examina von wort zu
wort oftmals nicht allein mit grossem unverstand
auswendig gelernet, und, da sie mit andern worten
befraget, nicht allein nichts antworten können,
sondern auch mehrmals im alten und neuen testa-
ment ganz und gar nichts gelesen, welche nach-
mals sich auf postillen begeben, mit frembden
federn schmücken, und eigener kunst oder ge-
schickligkeit, damit sie der kirchen dienen solten,
wenig bei sich haben.
Demnach ist unser ernstlicher wille und
meinung, das hinfüro die examina aller kirchen-
diener, sie sind ordinirt oder nicht, mit besonderm
ernst und fleis fürgenommen, und nachfolgender
gestalt jederzeit gehalten werden.
Erstlich, da einer sein dienst der kirchen an-
geboten, oder sonst gefordert worden, das er an
einem höhern und fürnemen ort der kirchen dienen
möchte, sol ihm zuförderst die erklerung der
streitigen artikel in der formul der concordien
fürgehalten, und befragt werden, ob er dieselbige
gelesen habe. Im fall es nicht geschehen, sol ihm
solche für allen dingen mit fleis zulesen, zu-
gestellet werden.
Darnach sollen die verordente theologen des
consistorii allewegen, in gegenwart beider oder
eines aus den politischen assessorn, mit ihm das
examen fürnemen, und von den fürnemsten artikeln
unser christlichen religion conferiren, und sie not-
dürftiglich befragen.
Als von gott und seinem göttlichen wesen,
auch von den personen im selben wesen.
Von der person Christi, vom heiligen geist,
von den engeln, ob sie erschaffen, ob sie allezeit
geblieben, was ihr ampt.
Von erschaffung der welt, ob nur ein einige
welt.
Vom fall des menschen, wie er im anfang von
gott erschaffen, ob er in solchem stande geblieben.
Vom freien willen, ob der mensch soviel
natürlicher kreften nach dem fall unser ersten
eltern behalten, das er aus natürlichem vermögen
sich könne zu gott bekeren, oder etwas zu seiner
bekerung wirken.

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