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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0470
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442

Die Kirchenordnungen. Albertinisches Sachsen.

artikel unterschiedlich angezeiget worden, darnach
sich ein jeder wisse zurichten.
Wie sich die pfarrkinder gegen ihren pfarrern und seel-
sorgern verhalten sollen.
Die pfarrkinder sollen ihre pfarr und kirchen-
diener, als getreue seelsorger, für ihre christliche
veter halten, durch welcher dienst sie im gehör
gottes worts und rechtem gebrauch der hoch-
würdigen sacramenten wiederumb und neu geboren,
kinder gottes werden, derwegen sie dieselbigen
werth und in gebürenden ehren halten, sie lieben
und inen allen guten willen erzeigen, und mit
inen in frieden und guter einigkeit leben sollen,
wie der apostel leret, 1. Thess. 5. da er schreibet,
wir bitten euch lieben brüder, das ihr erkennet,
die an euch arbeiten und euch fürstehen in dem
herren und euch ermanen, habt sie desto lieber,
umb ihres werks willen und seid friedsam mit
ihnen. Und abermals 1. Tim. 5. die eltesten, die
wol fürstehen, halte man zwiefacher ehren werth,
sonderlich die da arbeiten im wort und in der lehr.
Demnach, wann sie vermög ihres tragenden
und ihnen so teuer und hochbefohlenen ampts
mit ihnen zu reden oder zu handlen haben, sollen
inen jeder zeit auch freundlichen und gebürenden
bescheid geben, ire straf und vermanungen, so sie
aus gottes wort thun, zum besten aufnemen und
darbei bedenken, das sie solches thun müssen
und bei verlust ihrer seligkeit und zwiefeltiger
verdamnis derselben schüldig sein, dardurch auch
anders nichts dann ihrer der eingepfarten seelen
seligkeit gesucht wird. Sollen derhalben sie nicht
anfeinden, verachten, verlachen, mit schimpflichen
worten liedern und geberden verspotten, noch
viel weniger schmehen, schenden, lestern oder
sich sonsten unterstehen an ihnen zuvergreifen,
und sich darbei des spruchs Christi erinnern, wer
euch verachtet, der verachtet mich, wie wir denn
auch solche verachtung der kirchendiener umb
ihres ampts willen nicht zugedulden gemeint,
sondern an den ubertretern mit allem ernst, andern
zum exempel und abscheuen, zustrafen gedenken,
sondern sie sollen als fromme pfarrkinder ihrer
pfarrer lehr und christlichen vermanungen, so sie
aus gottes wort thun, gehorsamlich folgen, be-
sonders, wann sie wegen der greulichen laster
als gotteslesterung, zauberei, unzucht, füllerei,
hoffart, neid, hass, zank, hader gestraft, und des
erschrecklichen zorns, drauen und strafen gottes
erinnert werden, darmit gott die verechter seiner
treuen, veterlichen verwarnungen heimgesucht
und hertiglich allezeit gestraft hat.
XVIII. Von den tanzen.
Weil auch in den kretzschmarn hin und
wieder auf den dörfern auf die sontag lobtenz

und andere tenze gelegt worden, so aus den umb-
liegenden dörfern durch jungfrauen, junge ge-
sellen, knecht und megd besucht, und hierdurch
besonders die allernotwendigsten und nützlichsten
predigten des catechismi versaumet werden, bei
welchen sie nicht allein ihren verdienten liede-
lohn, sondern auch ihre angestorbene güter oft-
mals unnützlich umbbringen und verzeren, des-
gleichen auch viel andere unzucht und leichtfertig-
keit üben und mehrmals solche tenze bis in die
tiefe nacht treiben, nachmals im finstern heim-
gehen und auf dem. weg beiderseits wol bezecht,
unbedacht einiger sünde oder schanden, sich bei-
sammen finden, schwechen und schwengern, etwa
auch hertiglich verwunden oder tödten, und ob
gleich an etlichen orten ihnen allein am tag und
nicht lenger zutanzen gestattet, dann bis man das
licht eingetragen, sind gleichwol die jungfrauen
und megd in den kretzschmarn aufgehalten und
zum saufen und aller unzucht angereizet worden,
und gleicher gestalt erst bei der nacht weib und
mans personen, junge gesellen, knecht und megd,
miteinander heimgangen, daraus allerlei unzucht,
schand, laster und ander unfug erfolget, und ge-
wisslich nichts bessers were, denn das solche
fleischliche wollust und das daraus folgende
ergernis genzlichen abgeschaffet und ernstlich
darob gehalten würde, so gelanget doch an uns,
das die leichtfertige jugent deme ausserhalb
unserer lande nachleuft, der ende das ihre ver-
schwendet, welches wol verbleiben könte, und
durch hader und zank in grosse beschwerung ge-
raten. Damit aber solches verkommen, und der
frechen wilden jugend hierinne ziel und mass ge-
geben werde, so lassen wir bis auf fernere ver-
ordnung geschehen, da es gebreuchlich, das der
tanz alle sontage nach verrichter vesperpredigt
vom pfingstdienstage an bis auf michaelis, auch
einen tag auf jedes dorfs kirmes, und einen tag
in der fassnacht, bei tag und sonnenschein, bei
gewisser peen, ehrlich ohne einig verdrehen und
unzüchtiges geberde an einem offentlichen, ge-
meinen ort und in keinen winkeln zuhalten ver-
stattet werde, doch das die ergerlichen lobetenze,
bettler tenze, und was dergleichen an etzlichen
orten bishero mehr ergerliches gestattet worden
sein mag, da knecht und megde einen weiten weg
miteinander, darzu bei nechtlicher weile, nicht
ohne verdachte unzucht wieder heim gehen, genz-
lich bei namhafter peen verboten und ernstlich dar-
über gehalten werde, wie wir dann dieselben hiemit
bei vermeidung unserer ernsten straf und ungnade
genzlich verboten und abgeschafft haben wollen.
XIX. Von spinnstuben und scheidabend.
Dieweil auch dergleichen leichtfertigkeit und
unzucht sich mehrmals in den rockenstuben und
 
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