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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0482
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454

Die Kirchenordnungen. Albertinisches Sachsen.

oder zu den kranken in todes nöten erfordert
werden, können sie nicht zugleich auf solch ihr
ampt warten und auch des viehes hüten. Der-
wegen sollen sie mit der zechhut nicht beschweret
werden, auch den bauern nichts dafür zugelten
oder zugeben schüldig sein, und gleichwol macht
haben, ihr viehe unter der gemeine viehe zu-
treiben, und hierinnen von den bauren nicht ge-
fehrt werden, welche verpflichtet sein sollen, für
den schaden gut zusein, so des pfarrers oder
küsters viehe in solcher zechhut verloren würde,
gleich so wol als sie den andern nachbarn, so
umb die zech selbst hüten, für den schaden ab-
trag thun müssen.
Da man aber vom viehe einem bestelten
hirten lohnet, sollen pfarrer und küster gleiche
bürden mit den nachbarn tragen und für ihr viehe
auch reichen und geben, nach gewonheit des orts
gleich andern, ohne gefehrde.
Als auch die glöckner gemeiniglich sehr ge-
ringe besoldung haben, das sie sich mit ihrem
weib und kindern davon nicht zuerhalten, sonsten
auch die kirchenkinder und gemeine einen müssig-
genger auf solchen dienst zuerhalten unvermögende,
derwegen auch gut und nötig, das handwerksleute
hierzu berufen und angenommen, damit nun an
kirchendienste kein mangel sei, so lassen wir hier-
mit nach, das die kirchner, so auf den dörfern
handwerge können, dieselben nicht ausserhalb
auf den herren höfen oder sonsten, sondern alleine
daheim in ihren heusern zur notturft und nicht
zu feilem kaufe, den umbliegenden stedten und
meistern desselbigen handwerks zu nachteil,
treiben. Hieran sie denn die stedte und derselben
hand wergsmeister oder communen unbetrübet und
unverhindert lassen sollen. Da aber zwischen
stedten, dörfern oder derselben erbherren sonder-
liche vertrege, wieviel meister eines handwergs
jedes orts geduldet werden solten, aufgerichtet, so
sol der kirchner umb dieser unser nachlassung
willen nicht befreiet, sondern mit in dieselbige
zal gerechnet werden.
Damit sich auch die glöckner desto bass zu-
erhalten, so sollen ihnen beide, pfarrern und kirch-
ner, jeder auf die quartal, und also vier mal im
jar, da die kirchen vermögend, einen groschen,
oder da sie arm, auf ein quartal einen halben
groschen zugeben schüldig sein. Da auch die ge-
wonheit den pfarrern und glöckner brod zugeben,
darauf sie etzliche umbgeng einzumanen haben,
doch von vielen bauern, in deme das sie solch
brod, so ihnen sol gegeben werden, ubel oder viel
zu klein backen, betrieglich gehandelt wird, so
sol hinfüro ein jedes brod, so man dem pfarrer
und glöckner zugeben schüldig ist, ein gewönlich
hausbacken brod und aufs wenigste eines groschen
werth sein, oder so es geringer und dem kirchner

nicht annemlich, ein silbern groschen dafür ge-
geben werden.
Und weil es verschiener zeit gewonheit ge-
wesen, das man den kirchner auf den dörfern den
grünendonnerstag oder ostereier, desgleichen den
heiligen abend oder neue jar, so sie den spreng-
kessel oder geweihete wasser umbgetragen, nun
aber weil solches gefallen, nicht mehr geben wollen,
gleichwol es umb ein geringes zuthun ist, also,
das sich dieselbigen jemands zubeschweren nicht
ursache, so achten wir für gut und billich, das
ihnen solches nachmals gutwillig gegeben werde,
so viel mehr, weil es frei und auf keine gewisse
anzal gerichtet, oder jemands daran gebunden ist.
XLI. Wie es bei dem abzug des verstorbenen
pfarrers nachgelassenen witwen oder kindern
mit der vergleichung gehalten werden sol.
Es sol auch der superintendens, neben dem
collatore, lehenherrn, rat, richtern und gemeinen
eine billiche vergleichung machen, nach gelegen-
heit des inventarii, der zeit des jars, unter dem
verdienten gewechs auf dem felde und anderm
einkommen der pfarr, darmit der witwen und
ihren kindern das jenige, so der vater seliger fast
verdienet hat, nicht entzogen, und doch die pfarr
nicht gar veröset und ausgeschepft werde, das der
neue pastor nachmals gar nichts finde, und lange
zeit vergeblich dienen müsse, sondern das gleich-
heit hierinnen gehalten, keinem mehr, und dem
andern weniger, gegeben, oder aber sonsten aus
gefastem neide, oder unverschuldter abgunst, dem
einen teil unbillich vorgehalten und dem andern
zugewendet werde.
Sonderlich sollen die superintendenten darob
sein, das dem inventario genug folge geschehe,
und alles, das so verzeichnet ist, in dem werth
und wirden bei der pfarr gelassen werde, wie es
der verstorbene pfarrer erstlich gefunden hat.
XLII. Vom inventario, und register des ein-
kommen der pfarr.
Die inventaria der kirchen und pfarren sollen
von den erb und lehenherrn und kirchvetern
fleissig verzeichnet und gehalten und darauf ge-
sehen werden, das die nicht verruckt oder ent-
genzt, und die abziehende oder der verstorbenen
pfarren erben an korn oder anderm getreidich
zu felde, in der scheunen, oder aufm boden, auch
stro, heu, viehe und anderm so viel lassen, als
ihnen eingereumet worden und sie im anziehen
funden, damit solches der naue anziehende pfarrer
zum anzug und anrichtunge seines haushaltens
also finden und haben möge. Da aber die kirch-
veter hierinnen seumig und ihres unfleis halben
etwas davon hinweg kommen würde, sollen sie
solch inventarium an allem, daran mangel be-
 
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