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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0533
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47. Ordnung und berechnunge des teutschen ampts zu Alstedt durch Tomam Münzer. 1524.

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vor aller werlt. Dornach so wirt das volk er-
innert durch die heiligen gelese und der lieben
apostein sendebriefe, wie ein ider aus-
erweiter mensch der wirkung gotis sol stat geben,
ehe dann got der vater seinen allerliebsten son
durch das evangelion aus rede. Hirnach wirt ge-
sungen das gradal und alleluia, auf das der
mensche geherzt werd, sich festiglich auf gotis
wort zuverlassen. Dann aus solchen lobsengen
aus den psalmen gezogen sieht er, wie got der
almechtige mit seinen lieben auserwelten hat umb
gehalten, also das er sie nach im zeucht uber iren
dank, mit veterlicher straf sie zu unterrichten auf
sein holtselickeit. Vor die prosa oder sequentien
singt man den psalmen miserere mei deus etc.
in tono peregrino.
Zum andern ist zu wissen, das wir alzeit ein
ganz capitel anstat der epistel und evangelion
lesen, auf das die stuckwerkische weise damit vor-
worfen werden, und das die heilige schrift der
biblien dem volk gemein werde, ja auch die after-
gleubischen cerimonien oder geberde im selbigen
hinfellig werden durch stetliches anhören der göt-
lichen wort, und dis alles doch mit senftem und
gelindem abbrechen bemelter cerimonien, also ge-
lindert werde alle frecheit, und die leut mit ge-
wonlichem gesange, mit eigener sprache geleitet
werden, wie die kinder mit milch erzogen, und
doch irer bösen weise kein stat gegeben werd.
Ob man wol vil ergernis im gegenteil vortreget,
so ist doch alzeit solchs ampts besserung kreftiger,
die widersacher zu stillen. Darumb singen wir
auch in dem geheim gotes die episteln und das
evangelion auf unser sprach, das der heilige
apostel Paulus seine sendebriefe liess offenbar
lesen vor aller gemein, und Christus unser heiland
hat das evangelion einer ider creaturen befolen
vor zu predigen unvorwickelt und unvorblümet,
wider mit latin oder irgent einer zulage, sonder
wie es ein jeder in seiner sprach vornimpt oder
vornemen mag, keins angesehen etc.
Zum dritten. Nach dem evangelion singet
man am sonntage oder feierfesten das zusammen
getragen übereinkommen aller heubt artikel
des glaubens, in welchen den groben irtumen
der kirchen begegnet ist, das die getichten christen
nit wenen dorfen, das solchs inen geleugnet wirt,
nach dem das gotis geheim unvorholen wirt vor-
getragen der ganzen werlt.
Zum vierden geschicht darnach die predige;
dann sie ist do gelegen, das der gesang erkleret
werde, der im ampt gehort ist. Dann David saget:
die erklerung deiner wort gibt vorstand den kleinen.
Nach der predige singet man: Nu bitten wil-
den heilgen geist etc. Dornach das bene-
dictus, auf das der prediger sich wider ruste athem
zuholen, und das volk vor das gehorte wort gotis
Sehling, Kirchenordnungen.

got lobe. Wir halten kein opfer in der geheim
gotis.
Zum funften singet man die prefation,
durch wilche die christenheit erinnert wirt, das
sie den erstgebornen aller creaturen erkenne in
der fülle und erkentnis gotlichs willens und der
kunst gotis, die er von im selbs hat mit allen
auserwelten.
Zum sechsten singet man das sanctus, auf
das erklert werde, wie der mensche sol geschickt
sein, der do on nachteil seiner selen beim handeln
des sacraments sein sol. Nemlich: Er sol und
muss wissen, das got in im sei, das er in nicht
austichte oder aussinne, wie er tausend meilen
von im sei, sondern wie himel und erden vol,
vol (!) gotis seint, und wie der vater den son in
uns on unterlass gebiret, und der heilige geist nit
anders dan den gecreuzigten in uns durch herz-
liche betrubnis erkleret. Daruber uns nit anders
gebricht, dan das wir unser blintheit nit erkennen
wollen noch vornemen, wann uns got in die hochste
ehre durch schande setzt, in des geists gesuntheit
durch krankheit des leibs etc. Dann so kompt er
in seinem namen, wenn unser nam vorunehret
und vorschantfleckt wirt on all unser vorwirken
und vorwarlosen etc.
Zum siebenden. Auf das wir nu solche hoche,
mechtige anfechtung mugen gedultig tragen, nemen
wir die weise, die Jesus Christus, der son gotis,
befolen hat seiner kirchen zu halten, seiner dabei
zu gedenken durch alle trubsal, auf das unser
sele vor schmachte und hungerig werde nach der
speise des lebens. So ist uns von nöten, aufs
aller herrlichste zuhalten die aller herlich-
sten wort Christi, alle menschen vom an-
kleben dises lebens zuweisen durch den, der sein
gedechtnis, wesen und wort wil in der sel des
menschen haben, nit wie im vih, sonder als in
seinem tempel, wilchen er ganz teuer erarnt hat
mit seinem kostbarlichen blut.
Zum achten. Die wort der termung seint
im ersten anfang der kirchen auch offentlich ge-
halten, und abgangen allein umb ein gespenste,
wilchs sich erhoben durch etliche hirten auf dem
felde. Nu aber after glauben zu vormeiden,
wilcher durch missbrauch der geheim gotis in der
kirchen ist, singen wir die selben wort der termung
offentlich etc. Dann Christus, der son gotis, hat
die selbigen wort nicht zu einem gesagt oder vor-
borgen, sonder zu allen, wie der text des evan-
gelion klerlich anzeigt. Er redet do in vielfeltiger
zal: Nemet hin und esset etc. Nemet hin und
trinkt alle daraus etc. Da neben ist auch die
consecration ein termung, wilche nicht allein von
einem, sonder durch die ganze vorsamlete gemein
geschicht. Da mit sei geantwortet unsern wider-
sachern, die uns vorfolgen one rechtschaffenen
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