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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0586
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558 Die Kirchenordnungen. Die Städte und Ortschaften der ernestinischen und albertinischen Länder.

der armen billich verschonet sein und werden,
inmassen der kasten auch durch u. gnst. herrn
vorordente visitatores anno 1555, wie in der
churfl. canzelei zu befinden, befreiet. Sollen dem-
nach die vorordente kasten-herrn uf die gemeine
noth der hausarmen leute sehen, und wann ihnen
dieselb geclagt wird, sämptlich mit einander nach
vormoge des kastens und gelegenheit der armen
einer hülf sich vergleichen und den armen leuten
geben oder leihen, und was sie sonst ausserhalb
der sontage fur dem kasten also ausgeben oder
vorleihen, als ein ausgabe namhaftig anschreiben.
Sollen auch guten unterscheid der personen
halten und wol sehen, wem sie geben oder leihen,
damit nicht müssigen oder andern, so ihr gut übel
umbbringen und muthwillig arm werden, gegeben
oder denen, die es nicht widerzugebens willens,
unvorsichert gelt ausgelihen und den andern
armen also bekürzung und vorseumnis zugefugt
werde.
Wann sie aber grosse summen über zwei
schock wegleihen oder gelt uf werbung dem kasten
zu nutz anlegen wollen, sollen sie es mit bewilli-
gung und rat der obgenanten herrn oder wer von
rathswegen neben dem pfarrher bevel tragen wird,
thun und wohl versichern und vorschreiben lassen.
Als auch viel frembde betler, so zum theil
krank am leibe oder sonst schaden genommen und
am gut merklich vorderben, zum theil auch viel
unter dem namen mit betrug und aus gewonheit
dem betteln nachgehen, soll denselben ohn der
herrn bewilligung nicht leichtlich fur der kirchen
zu samlen erleubt, sondern wann sie gleich gute
kundschaft ihres armuts haben, vielmehr ihnen
ein zimliche zerung oder hülfe aus dem kasten,
laut des churfl. ausgegangnen generals und lands-
ordnung gegeben und vorzeichnet und aber doch
keinem frembden von haus zu haus, auch uf den
gassen oder mark zu betteln nicht erleubt noch
gestattet werden, damit unsere armen durch frembde
betler, welche billicher ein jeder gemein, da sie
daheim sein, versorgen solte, nicht vorseumet oder
hindenangesetzt werden.
Von der kirchen.
Wiewol die. kirche mit ihrem bau und anderer
vorsehung ein sonderlich abgescheiden rechnung
sein und andere kirch-väter haben solte, wie
allenthalben im lande breuchlich, doch weil alle
einkommen, so die kirchen fur alters gehabt, von
armut und noths wegen zur religion, die kirchen-
und schueldiener zu vorsorgen, geschlagen und

aber der kasten etzlicher grosser beschwerung, die
ihm etwan uferlegt gewest, wie bemeldet, befreiet,
sollen nun gleichwol die kasten-herrn auch die
kirchen mit ihrer zugehörung in ihre vorsorg und
aufsehung lassen bevolen sein und dieselb mit
etzlichen kleinen ausgaben, die ohne des kastens
beschwerung und der armen bekürzung geschehen
können, versorgen und nicht verlassen, als zu
lichten, glockenschmer und strengen, partes zur
communio, kirchengered zu waschen, meien uf
pfingsten und sonst an orgel, schlössern und stüelen
ein wenig zu bessern, darzu soll man uf die drei
grosse fest und uf michaelis sonderlichen fur der
kirchen in schüsseln zum kirchbau zubuss samlen,
darzu der pfarher insonderheit vermanen wird.
Auch was von den stenden und gestüelen in
der kirchen, welche an jemands erben von der
kirchen heimfallen und zu vorleihen zustehen
sollen, noch des raths verordnung eingebracht
wird, soll allein zum kirchbau angewendet werden,
darüber sie ein sonderlich register der einname
und ausgabe halten sollen. Wann aber ein grosser
bau oder ausgabe zu kirchen oder ihrer zugehörung
vorfallen möchte, wird ein erbar rath von ge-
meinem gut dann billiche hülf thun und rath
schaffen.
Die vorsteher des kastens sollen auch das
gelt, so an barschaft im vorrath, nicht ohne nutz
ligen und ruhen lassen, sondern vielmehr zu wer-
bung und nutz des armen kasten anlegen, wie sie
es am besten erkennen werden.
Da es auch der vorrat tregt, mogen sie jähr-
lich ein tuch keufen, die gar armen und nackenden
damit zu kleiden.
Es werden auch wöchentlich zwölf groschen
von churfürst Moritz hochlöblicher seliger gedecht-
nüss gestift almosen unsern armen zu Alten-Dresden
gegeben, die werden sonderlichen armen personen
und darunter ein groschen in die schuele armen
knaben gegeben, die sollen die kasten-herrn auch
am sontage austheilen, und wann der personen,
so die gehaben, absterben, sollen andere nottürftige
mit angebung obangezeigter herrn von rathswegen
angezeiget werden.
Von dem allen sollen die vorordente vier
vorsteher jährlich uf einen gewissen tag als umb
purificationis Mariae einem erbarn rath oder wems
von rathswegen wird bevolen werden, richtige
rechnung thun, des die herrn ein acht tage zuvorn
erinnern.
Actum auf der pfarr, im jahr und tage wie
vormeldt.
 
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