96. Hayn. Registratur von der Lokal-Visitation 1578. Herzberg und Dorf Altherzberg.
577
Die kinderlehr für die kleine jugend wird
mit stetiger erzelung des haubtstück christlicher
lehre und fürhaltung des kleinen catechismi
Lutheri alle sontag zu mittage, ehe man die
vesperpredigt anfehet, durch den kirchner gehalten,
zu Dalzig und Telschitz einen sontag umb den
andern wechselsweise. Zu Zützschen aber uf den
dritten sontag, dieweil der kirchner daselbst, die
andern zween sontag, an welchen der pfarrer
nicht da predigt, das evangelion umb der alten
und unvermugenden willen, so in die andern
kirchen nicht komen können, mit kurzer auslegung
fürlesen mus.
In der fasten aber wird von dem sontag in-
vokavit an bis auf den osterabend, die kinderlehr
also wie bemelt, alle tage durchaus zu Dalzig und
Telschitz wechselsweise, und zu Zitzschen ohne
wechsel jerlich, neben nötigen examine der knaben
und meidlein geubet und getrieben.
Hayn.
Über die in dieser zur Superintendenz Freiberg gehörigen Pfarrei eingehaltene Ord-
nung erfahren wir Näheres durch die Registratur der Visitatoren auf der Lokal-Visitation von
1578. Als ein Beispiel für die Beobachtung und Durchführung der kurfürstlichen Massnahmen
soll diese Registratur (obwohl streng genommen nicht zu unserer Sammlung gehörig) hier aus-
zugsweise aus Dresden, H.St.A., Loc. 2012, Visitationsakten des Consistoriums Dresden, 1578,
Bl. 283, Abdruck finden. (Nr. 96.)
96. Registratur von der Lokal-Visitation 1578.
[Auszugsweise aus Dresden, H.St.A., Loc. 2012, Visitationsakten 1578, Bl. 288.]
III. Der pfarrer hält sich der kirchen-ord-
nung gemess, so anno 58 zu Dresden gedruckt.
IV. Catechismum Lutheri predigt er ufn
mittwoch zum Hain, ufn donnerstag im filial, damit
aber auch die kinder desto besser den catechis-
mum durch frag und antwort lernen mögen, wil
er alle 14 tage ein mal in der wochen an beiden
ortern die kinderlehr halten ausm catechismo.
V. Domesticum examen hat er gehalten mit
allen eingepfarrten, in beiden kirchspielen, es seint
ihr aber nicht sechs, die ihn den catechismum
mit der auslegung können.
VI. Zum Hain kommen eltern und kind sehr
unfleissig beide zum catechismo und der wochen
predigt, ob sie gleich teglich vermahnt werden.
Im filial aber gehen eltern und kind mit freuden
darzu, den der lehnsherr1) lest solche, so ers
erfahren, nicht ungestraft.
VII. Er braucht das gebet vor und nach der
predigt durch gnedigste verordnung des landes-
fürsten der kirchen aufgetragen.
VIII. Register hat er alles dreies.
IX. Ehegerichts-Ordnung will er lesen.
1) Kurfürst von Sachsen.
Herzberg und Dorf Altherzberg.
Hier fand die Reformation früh Eingang. Schon 1524 soll hier deutsche Messe gehalten
worden sein. In der Visitation 1529 wurde von den Visitatoren eine Ordnung erlassen, welche
sich Dresden, H.St.A., Loc. 10598, Registration der Visitation u. s. w., 1529, Bl. 46—58a (auch
Dresden, Loc. 10 600, Bl. 98 ff.) findet. Sie ist neuerdings abgedruckt von Wilhelm Schmidt,
Programm des Leibniz-Gymnasiums zu Berlin, Ostern 1899. Diese Ordnung zeichnet sich da-
durch noch besonders aus, dass Melanchthon bei einer späteren Gelegenheit verschiedene eigen-
händige Zusätze und Anmerkungen gemacht hat. Vgl. über diese Noten das Nähere oben S. 42
unter Herzberg. Wir drucken hier nach Dresden, H.St.A., Loc. 10 598, Bl. 46 ff., unter ver-
gleichender Heranziehung von Dresden, Loc. 10 600, Bl. 98 ff. (Nr. 97.)
In Dresden, Loc. 10600, Bl. 116 ff. ist auch die Ordnung, welche auf der zweiten Visi-
tation von 1533 ff. erlassen wurde, enthalten. Dieselbe bietet jedoch kein allgemeineres Interesse.
(Vgl. oben S. 51 und die dort erwähnten Bestimmungen über Geschäftsvertheilung unter den
Geistlichen und die Rechnung des gemeinen Kastens.)
Sehling, Kirchenordnungen.
73
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Die kinderlehr für die kleine jugend wird
mit stetiger erzelung des haubtstück christlicher
lehre und fürhaltung des kleinen catechismi
Lutheri alle sontag zu mittage, ehe man die
vesperpredigt anfehet, durch den kirchner gehalten,
zu Dalzig und Telschitz einen sontag umb den
andern wechselsweise. Zu Zützschen aber uf den
dritten sontag, dieweil der kirchner daselbst, die
andern zween sontag, an welchen der pfarrer
nicht da predigt, das evangelion umb der alten
und unvermugenden willen, so in die andern
kirchen nicht komen können, mit kurzer auslegung
fürlesen mus.
In der fasten aber wird von dem sontag in-
vokavit an bis auf den osterabend, die kinderlehr
also wie bemelt, alle tage durchaus zu Dalzig und
Telschitz wechselsweise, und zu Zitzschen ohne
wechsel jerlich, neben nötigen examine der knaben
und meidlein geubet und getrieben.
Hayn.
Über die in dieser zur Superintendenz Freiberg gehörigen Pfarrei eingehaltene Ord-
nung erfahren wir Näheres durch die Registratur der Visitatoren auf der Lokal-Visitation von
1578. Als ein Beispiel für die Beobachtung und Durchführung der kurfürstlichen Massnahmen
soll diese Registratur (obwohl streng genommen nicht zu unserer Sammlung gehörig) hier aus-
zugsweise aus Dresden, H.St.A., Loc. 2012, Visitationsakten des Consistoriums Dresden, 1578,
Bl. 283, Abdruck finden. (Nr. 96.)
96. Registratur von der Lokal-Visitation 1578.
[Auszugsweise aus Dresden, H.St.A., Loc. 2012, Visitationsakten 1578, Bl. 288.]
III. Der pfarrer hält sich der kirchen-ord-
nung gemess, so anno 58 zu Dresden gedruckt.
IV. Catechismum Lutheri predigt er ufn
mittwoch zum Hain, ufn donnerstag im filial, damit
aber auch die kinder desto besser den catechis-
mum durch frag und antwort lernen mögen, wil
er alle 14 tage ein mal in der wochen an beiden
ortern die kinderlehr halten ausm catechismo.
V. Domesticum examen hat er gehalten mit
allen eingepfarrten, in beiden kirchspielen, es seint
ihr aber nicht sechs, die ihn den catechismum
mit der auslegung können.
VI. Zum Hain kommen eltern und kind sehr
unfleissig beide zum catechismo und der wochen
predigt, ob sie gleich teglich vermahnt werden.
Im filial aber gehen eltern und kind mit freuden
darzu, den der lehnsherr1) lest solche, so ers
erfahren, nicht ungestraft.
VII. Er braucht das gebet vor und nach der
predigt durch gnedigste verordnung des landes-
fürsten der kirchen aufgetragen.
VIII. Register hat er alles dreies.
IX. Ehegerichts-Ordnung will er lesen.
1) Kurfürst von Sachsen.
Herzberg und Dorf Altherzberg.
Hier fand die Reformation früh Eingang. Schon 1524 soll hier deutsche Messe gehalten
worden sein. In der Visitation 1529 wurde von den Visitatoren eine Ordnung erlassen, welche
sich Dresden, H.St.A., Loc. 10598, Registration der Visitation u. s. w., 1529, Bl. 46—58a (auch
Dresden, Loc. 10 600, Bl. 98 ff.) findet. Sie ist neuerdings abgedruckt von Wilhelm Schmidt,
Programm des Leibniz-Gymnasiums zu Berlin, Ostern 1899. Diese Ordnung zeichnet sich da-
durch noch besonders aus, dass Melanchthon bei einer späteren Gelegenheit verschiedene eigen-
händige Zusätze und Anmerkungen gemacht hat. Vgl. über diese Noten das Nähere oben S. 42
unter Herzberg. Wir drucken hier nach Dresden, H.St.A., Loc. 10 598, Bl. 46 ff., unter ver-
gleichender Heranziehung von Dresden, Loc. 10 600, Bl. 98 ff. (Nr. 97.)
In Dresden, Loc. 10600, Bl. 116 ff. ist auch die Ordnung, welche auf der zweiten Visi-
tation von 1533 ff. erlassen wurde, enthalten. Dieselbe bietet jedoch kein allgemeineres Interesse.
(Vgl. oben S. 51 und die dort erwähnten Bestimmungen über Geschäftsvertheilung unter den
Geistlichen und die Rechnung des gemeinen Kastens.)
Sehling, Kirchenordnungen.
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