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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0630
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602 Die Kirchenordnungen. Die Städte und Ortschaften der ernestinischen und albertinischen Länder.

wolgelerter man zu christlicher, ehrlicher und er-
barer zucht und unterweisung der jugent, als
einem hochnotigen ambte furgesetzt werde, welcher
schulmeister in seiner zucht, lehre, leben und re-
gierung, nach vermogen der ordenung unsers ge-
meinen seelsorgenambts, wie obin, im vorrathe
unsers kastens furhanden ligend, sich richten und
unverandert zuhalten, verpflichtet sein sall, dar-
umb aus unserm gemeinen kasten ein namhaftig
jargelt und etlichen vorrathe, uf die vier viertel
jares, nach beschliess einer gemeinen versamlunge
durch die zehen fursteher dem selbigen schul-
meister sall gegeben und vernuget werden, und
sall daruber nichts mehr, aus unser eingepfarten
versamlunge, wie die in vier underschieden obin
angezeigt, suchen noch entpfahen. Aber von fremb-
den schulern, welche alleine uf ire selbst eigene
kost und nicht uf bettlei alhier sollen gelidden
werden, mag der schulmeister, nach ermessunge
eines pfarrers und predigers, sambt der zehen fur-
steher billiche belonunge nemen, also das auch
den selbigen frembden christliche zucht und lehre
mitgeteilet werde. Uf dis schulambt und regierunge
der jugent sollen unser seelsorger, prediger und
zehen fursteher ein unnachlessig treulich ufsehen
haben, und alle sontage derwegen notturftig be-
denken und ratschlag halten, und mit gestracktem
ernst handhaben. Dergleichen sall aus unserm ge-
meinen kasten durch die zehen fursteher eine
ehrliche, betagte, untadliche weibs person mit
eim jaergelde und etlichem vorrathe versehen
werden, die jungen meidlen unter zwelf jaren in
rechtlicher christlicher zucht, ehre und tugent zu
unterweisen, und nach inhalt der ordenunge
unsers seelsorgen ambts deutsch schreiben und
lesen lernen, etliche namhaftige stunden, bei
hellem lichten sonnenschein und an eim ehrlichen
unverdechtigen orte, und daruber auch nichts mehr
aus unser versamlung suchen noch entpfahen.
Aber von frembden meidlein, ab die anderswo an-
her geschickt, in die deutsche schule, mag solche
weibsperson, nach rathe der zehen fursteher, mog-
liche belonung auch nehmen, und die zehen fur-
steher sollen je mit hochem vleis uf die zucht
und regirung dieser deutschen schulen und jungen
meidlein ufsehen haben, damite christliche zucht
ehre und tugent unverrucklich erhalten werde.
Ausgabe fur die gebrechlichen und
alden armen menschen.
Die menschen, so in unser eingepfarten ver-
samlunge und kirchspiel aus zufellen bei uns ver-
armen, von iren freunden, ab sie etliche vermog-
liche der selbigen hetten, mit hulfe verlassen
weren, auch welche aus krankheit oder alder
nicht arbeiten konnen und notturftig arm weren,
sollen durch die zehen fursteher wochentlich alle

sontage, und sustend nach gelegenheit, aus unserm
gemeinen kasten erhalten und versehen werden,

also, das sie ire leib und leben, gotte zu ehre
und lobe, aus mangel notturftiger hausunge,
kleidung, nahrunge und wartunge, ferner zu-
krenken, schwechen und verkurzen, aus christlicher
liebe verhutet sein mogen, und je von keinem
armen unter unser versamlunge solche stucke der
teglichen notturft, offentlich gerufen, geklaget und
gebettelt, werden durfen. Darumb sollen die zehen
fursteher mit grossem steten vleis erkundunge
und nachforschunge furwenden, und warhaftig
gruntlich wissen haben aller solcher armen, wie
obin, in der stadt und dorfern, innerhalb unsers
ganzen kirchspiels, und daruber alle sontage rat-
schlagen, und die namen der jenigen armen,
welche also erforschet, und inen hulfe zuthun
beschlossen, sollen zusambt dem beschlossenen
ratschlage in das handelbuch klerlich ein-
geschrieben werden, damite das vermogen aus
unserm gemeinen kasten ordentlich ausgeteilet
werde.
Ausgabe versehunge der weisen und
armen kinder.
Arme verlassene weisen sollen mit zucht und
leibs notturft, bis sie ire brot verdienen und er-
arbeiten konnen, durch die fursteher ausm ge-
meinen kasten innerhalb der stadt und dorfern
unsers ganzen kirchspiels, nach gelegenheit ver-
sorget werden. Ab auch unter solchen weisen, ader
armer unvermogender leute kindern, junge knaben
befunden, welche zu der schule wol geschickt,
und begreiflich der freien kunste und schrifte
sein wurden, die sollen neben den andern armen
menschen durch die fursteher ausm gemeinen
kasten erneret und versehen werden, und die
andern knaben zur arbeit, handwerken, und zim-
lichen gewerben gefordert werden. Die jungfrauen
unter solchen verlassen weisen, desgleichen armer
leute tochter, sollen auch durch die fursteher
ausm gemeinen kasten zum ehstande beraten
werden mit einer zimlichen hulfe.
Ausgabe versehunge hausarmer leute.
Handwerks leuten und andern hausarmen
leuten, die in ehlichem oder witwen stande, in
der stadt und dorfern innerhalb unsers kirch-
spiels wonhaftig seint, und nicht vermogen, noch
sustend anderswo hulfe haben, ire handwerke
burgerlich, und bauers narung redlich zutreiben
und arbeiten, sollen die fursteher ausm gemeinen
kasten zimliche furstreckunge thun, uf mogliche
tagezeit wider zubezalen. Welche aber uber ire
treue erbeit und vleis solchs nicht vermochten
wider zugeben, denen sall es, als zu irer notturft,
 
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