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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0639
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113. Liebenwerda. Verordnung der Visitatoren vom 9. April 1529.

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In der Visitation 1533 erging am 13. Dezember eine weitere Ordnung (Dresden,
H.St.A., Loc. 10600, a. a. O. Bl. 289a — 291a).
Auf dieser Visitation wurden auch für die Dörfer des Amtes Liebenwerda „Generalia“
publicirt. Diese finden sich unter dem Titel „Generalia aller volgenden dörfer dieses amts
Liebenwerda“, in Dresden, Loc. 10600, Bl. 282a, auch Dresden, Loc. 10598, Bl. 119. Vgl.
hierüber oben S. 51. Alle drei vorstehend erwähnten Ordnungen werden ahgedruckt. (Nr. 113,
114, 115.)
Die Visitations-Akten von 1575, die in Abschrift auch im Liebenwerdaer Pfarrarchiv
vorhanden sind, bieten für unseren Zweck nichts.
113. Verordnung der Visitatoren vom 9. April 1529.
[Aus Dresden, H.St.A., Loc. 10 600, Bl. 259 ff., verglichen mit Loc. 10 598, Bl. 99b ff.]

Der gotts und kirchendienst ist mit funf per-
sonen bestalt, als,
Pfarrer
Zwen diacon
Schulmeister
Unter pedagogus, der custer mit sein soll.
Und nachdeme der pfarrer geschickt und ge-
lert befunden, und die pfarkinder im gut gezeug-
nus seins wandels und lebens gegeben, ist im die
seelsorge und pfarre in der stadt Liebenwerde,
desgleichen, auf den dorfern Lausitz, Zobersch-
dorf, Zscheyscha, welch alle bei einem virtel wegs
von Liebenwerda gelegen, item Daber, Deissa,
Mastorf, bevolen, dieselben mit dem ministerio
verbi, darreichen der heiligen sacrament und allem
pfarreckt zuvorselien.
Alle suntage soll der pfarrer zu Liebenwerde
das evangelium dominicale zu predigen, und dem
volke daraus das erkentnus Christi, als glauben,
liebe, cristlich gedult mit vleis furzuhalden, und
furzubilden vorpflicht sein, nachmittage den cate-
chismum leren, und in allen predigten, wenn das
volk am meisten vorsamlet, soll er sie vormanen,
alle suntage in der kirchen bei der predigt vleissig
zu erscheinen, mit anzeige der grossen gefahr,
darinnen die menschen gehn, wenn sie ein wochen
oder noch ein tag ane gotts wort bleiben. Des-
gleichen soll er inen vleissig vorhalden, das alle
hausveter und eldern vor got schuldig sein, ire
kinder in erkentnus gotlichs worts aufzuzihen, und
sich sunst in alle wege vormuge des buchleins
underricht der visitatorn unwegerlich halden, und
domit allenthalben einickeit der ceremonien bleibe,
dieselben nach anzeige desselben buchleins nicht
uber gehen noch vorandern.
Wenn comunicanten vorhanden sein, soll er
alle suntag ein messe halden , mit gesang in ob-
angezeigten buchlein begriffen.
Die wochen ist dem pfarrer bevoln, in der
stadt zu psalirn mit lesen und recitiren eins
capitels ausem alten und neuen testament, wie es
zuvor angefangen, als montags frue zwen oder

drei psalmen, darnach ein predig aus dem evan-
gelisten Mattheo, die soll der pfarrer thun, dins-
tags dergleichen mit predigen und psaliren aus
Mattheo durch der caplan einen, mitwoch soll frei
sein, damit pfarrer und caplan zu studiren ge-
mussigt, donnerstag nach gewenlichen psalmen aus
predigt aus der epistel dominicali durch den
pfarrer, freitags den catechismum durch den andern
caplan, sonnabent soll ane predig sein, und allein
etlich psalmen gesungen werden,
Die oben angezeigten drei dorfer Lausitz,
Zoberschdorf, Zscheyscha, sollen alle suntage gein
Liebenwerde sich vorfugen, predig und sunst alle
pfarrecht wie zuvor gewertig sein, in der wochen
aber, so es fuglich sein kann, in idem dorfe ein
mal den catechismum predigen.
Desgleichen zu Daber, soll uber den dritten
suntag ein caplan das evangelium dominicale, uf
ein tag in der wochen abermaln zu Daber, uf ein
ander mitwochen zu Teissa, ufn dritten mitwoch
zu Massdorf catechismum und also allweg in dreien
wochen ein mal in einem dorf predigen, sunst
sollen sie alle suntage gein Liebenwerde zur pre-
digt zugehn vorpflicht sein.
Das dorf Mugelentz hat alzeit mit dem pfar-
recht gein Liebenwerde gehort, aber mit der obir-
keit under herzog Jeorgen, nemlich under den
probst zu Mulberg. Nachdeme nue der pfarrer,
wie der probst, nicht dulden wolle evangelische
messe zuhalden, und das sacrament beder gestalt
zureichen, ist dem pfarrer bevolen, ein caplan
nach gewenlicher weis des suntags predigen zu
lassen, doch das kein papistisch mess gehalden;
wo nu das evangelium und Cristi wort aus-
geschlagen, soll er sich raths zu Torgau oder
Wittenberg erholen.
Uber vorangezeigt furgenomen mass zu
predigen und lehre n.
Soll der pfarrer sich mit der weis und ord-
nunge der lehre und predigten halden, vormuge
des buchleins der visitatorn.

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