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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0748
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720 Die Kirchenordnungen. Die Städte und Ortschaften der ernestinischen und albertinischen Länder.

[d. i. am 13. Januar] dortselbst eintrafen) eine neue Ordnung. Diese Ordnung der Pfarren und
Kirchen zu Zwickau befindet sich Dresden, H.St.A., Loc. 7433, Naue Visitations-Ordnung 1545,
Bl.2—7b,und gelangt hier erstmalig zum Abdruck. (Nr. 171.)
Als im Jahre 1549 Rangstreitigkeiten zwischen dem Pfarrherrn M. Leonhard Beyer und
dem Prediger zu St. Katharinen, M. Christoph Bring, ausbrachen, gab Melanchthon auf Anfrage
den Rath, „dass nur ein pastor sol alhier sein und die andern alle diacon, und dass nicht zwei
pastores und prediger sein sollen, zur erhaltung der einigkeit“. (Brief Melanchthon’s in
Zwickauer Rathsarchiv, III. Alm., Schubk. 2, Nr. 12.).
Die Besetzung der Pfarrstellen gab, wie sie zu Konflikten zwischen Rath und Predigern
geführt hatte (vgl. den Vergleich von 1536), so auch Anlass zu Auseinandersetzungen zwischen dem
Kurfürsten und dem Rathe. Es ist deutlich vom Beginn der Reformationszeit an das Bestreben
des Rathes erkennbar, das Besetzungsrecht für sich zu gewinnen. Die Rechtsverwahrung,
welche der Kurfürst August in einem Befehl d. d. Dresden den 26. Februar 1554 ausspricht,
giebt hierfür einen deutlichen Beleg. In diesem Befehl (Zwickauer Rathsbibliothek, III. Alm.,
Schubk. 2, Nr. 21) erklärt der Kurfürst, es sei ihm nicht entgangen, dass der Rath etliche zum
Pfarramt tüchtige Personen vorschlage, es sei jedoch zu bedenken, „dass das jus patronatus und
die Collation über die Pfarrer zu Zwickau Sr. churfürstlichen Durchl. zuständig.“
Wir erfahren aus dieser Urkunde , dass der Rath die Prediger zu einer Probepredigt
einlud und dass Rath und Gemeinde feststellten, ob sie „an seiner lehr, stimmen, leben und
wandel ein gutes christliches gefallen haben.“ — Jedenfalls war die Sorge des Kurfürsten nicht
unbegründet. In der Visitation von 1554 (vgl. die unten zu nennende Urkunde) wurde daher
dem Rathe eingeschärft, dass bei Besetzung der Pfarrstellen nach der kurfürstlichen Visitations-
Instruktion verfahren werde. In einem Berichte des Rathes an die Visitatoren vom 16. November
1592 (Zwickau, Rathsarchiv, III. Alm., Schubk. 2, Nr. 21) sprach sich der Rath wieder das jus
patronatus, und zwar als ihm „seit unvordenklichen Zeiten“ zustehend zu. Dass auch noch im
folgenden Jahrhundert die Angelegenheit nicht definitiv erledigt war, ersieht man aus einem kurfürst-
lichen Befehle vom 10. Oktober 1659, „wie es ins künftige mit präsentation eines pastoris und
superintendenten gehalten werden“ (Zwickau, Rathsarchiv, III. Alm., Schubk. 3, Nr. 33). -
Auch in anderer Beziehung ist das Streben des Raths nach Erweiterung seiner Com-
petenzen und nach Unabhängigkeit vom Kurfürsten bemerkbar. In der Visitations-Ordnung
vom Jahre 1556 wird dem Rathe verwiesen, dass er zu Zwickau ein eigenes Consistorium ein-
gerichtet und sich erlaubt habe, über Ehesachen zu judiziren; in Zukunft solle dies vermieden
werden und zu jeder Zeit die zuständigen kurfürstlichen Consistorien angegangen werden.
Diese auf der Visitation von 1556 unter dem 16. Mai 1556 dem Rathe übergebene Ver-
ordnung der Visitatoren ist uns erhalten in einer Abschrift, welche der Pfarrer und Super-
attendens Johann Petreius zu Zwickau aus dein Wiedembuch anfertigen und unter eigen-
händiger Beglaubigung der Übereinstimmung mit dem Original (d. d. 2. April 1563) dem Rathe
zugehen liess. Diese Abschrift von 1563 findet sich im Rathsarchiv Zwickau, III. Alm.,
Schubk. 3, Nr. 4 und gelangt hier erstmalig zum Abdruck. (Nr. 172.)
Dass sich der Rath die Sorge für die finanziellen Verhältnisse seiner Pfarrer und der
Pfarrrelikten angelegen sein liess, ersieht man insbesondere aus einer „Voreinigung beider räthe
und der castenherren wegen der verstorbenen kirchendiener weib und kinder, wie lang sie nach
ihrer herren tode unterhalten werden sollen“, vom Jahre 1551. (Zwickau, Rathsarchiv, III. Alm.,
Schubk. 2, Nr. 20.):
Actum sonnabent nach omnium sanctorum anno 1551 [d. i. 7. November].
Nachdem der kirchendiener weib und kinder, nach irer herrn abgang, bei einem erbarn
rath und gemeinen kasten, umb einer versorgung und unterhalt, bishero anlaufen gethan, und
es aber gemeinem kasten unmöglich, sie alle uf selben voll zu unterhalten.so haben
 
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