Brandenburg und Nürnberg gemeinsam
mit alle pfarherr, prediger und kirchendiener wöllen
erinnert haben, damit sie sich tag und nacht in der
heiligen schrift üben und ir ampt getreulich und
fruchtbarlich ausrichten.
Es soll sie auch soliche mühe und arbeit billich
nicht beschweren, angesehen, das es ir ordenlicher
beruf ist und on das auch sunst ein jeder Christ sein
ganz leben mit Gottes wort soll hinbringen; dann
wöllen wir in das himelreich kummen, so müssen wir
aus wasser und Gaist neu geboren werden. Soliche
geburt aber geschichte nicht, aus vergenklichem,
sunder unvergenklichem samen, nemlich aus dem
lebendigen wort Gottes, das da ewiglich bleibt, wie
Petrus spricht [1. Petr. 1, 23]. Wann wir aber nun
also geboren werden und ein neu wesen uberkum-
men, so bedürfen wir auch einer gaistlichen speis
und narung, dasselbig zu erhalten. Das ist dann eben
dasselbig wort, darzu uns der heilig Petrus raizet
und spricht [1. Petr. 2, 2]: Seit girig nach der ver-
nünftigen lautern milch als die jetz geboren kind-
lein, auf das ir durch dieselben zunemet! Und so wir
dann solicher gestalt im neuen götlichen leben durch
Gottes wort aufwachsen und zunemen, so feiret der
Satan gewißlich nicht, sunder fichtet uns stetiglich
an. Gegen dem sein wir dann auch der gaistlichen
waffen und gegenwere nottürftig. Das ist dann aber
das wort Gotes, wie sanct Paulus spricht [Eph 6, 17]:
Das schwerd des gaists ist das wort Gottes.
Dieweil dann unsers neuen lebens anfang, mittel
und end, das ist die geburt-, das wachsen und über-
winden, in Gottes wort stehet, haben sich die seel-
sorger leicht zu erinnern, wie schwere rechnung sie
Gott darumb geben müsten, wann jemand aus irer
versaumnus zur gaistlichen geburt nit kummen oder,
so er schon aus dem Gaist neugeboren were, aus man-
gel guter leer und trost wider verschmachten oder
aber durch falsche leer verfüret und verkeret wer-
den solt. Darumb sollen sie fleißig anhalten mit lesen
und leren, auf das sie mit dem getreuen knecht mir-
gen sprechen: Herr, du hast mir zehen pfund ein-
getan; sihe, ich hab andere zehene damit gewunne.
So werden sie auch widerumb hören: Ei du frum-
mer getreuer knecht, du bist uber wenig getreu ge-
west, so will ich dich uber vil setzen, gehe ein zu dei-
b 1591 : + Das andere capitul.
nes Herrn freud [Matth. 25, 14-30; Luk. 19, 12-27].
Und damit sie sich dester baß in die heiligen
schrift schicken und ire leer dester ordenhcher füren
mögen, wöllen wir inen hiemit ein kurze anlaitung
geben und die fürnembsten stück christlicher leer,
die sie am allermaisten und fleißigsten treiben und
dem gemainen, einfeltigen man einbilden sollen,
nach einander erzelen, nicht der mainung, das sie
daran sollen hangen, sunder dardurch in die heiligen
schrift geweiset und gefüret werden, das sie daselbst
reichlich und gnugsame unterricht erlangen.
b
Vom alten und neuen testament.
Die heilig schrift, darinnen alles, was uns zu unser
seel seligkeit von nöten ist, reichlich und volkum-
menlich anzaigt wirt, begreift in sich zweierlei nam-
haftige lere, nemlich das gesetz und das evangelion,
gleich wie auch zwai testament sein, das alt und das
neu.
Das alt testament ist ein pund Gottes, den er mit
seinem volk gemacht hat, da er inen das gesetz auf
dem berg Sinai gab und steet ungeferlich in disen
worten, Exo. am 19. capitel [5 f.]: Werdet ir meiner
stimm gehorchen und meinen pund halten, so solt
ir mein aigentumb sein vor allen völkern und ir solt
mir ein priesterlich königreich und ein heilig volk
sein etc. Die stimm aber, der sie gehorchen, und der
pund, den sie solten halten, ist das ganze gesetz Mosi,
das inen dazumal geben wurde. Und diser pund ist
nit gehalten worden, kund auch von wegen der
schwacheit unsers flaischs nicht gehalten werden.
Darumb wurde Gott aus barmherzigkeit bewegt,
ein andern und neuen pund, weliches das neu testa-
ment ist, zu machen, und steet solicher neuer pund
oder neues testament ungeferlich in disen worten
[Mark. 16, 16]:Wer glaubt und tauft wirt, der wird
selig. Das wort aber, das wir glauben sollen, ist das
heilig evangelion, darinnen uns, die wir getauft sind,
die vergebung der sünde, das wir Gottes gepot uber-
treten und also das erst testament nicht gehalten
haben, durch den glauben an Christum, der sein blut
zur vergebung der sünd für uns vergossen hat, an-
gepoten wird.
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mit alle pfarherr, prediger und kirchendiener wöllen
erinnert haben, damit sie sich tag und nacht in der
heiligen schrift üben und ir ampt getreulich und
fruchtbarlich ausrichten.
Es soll sie auch soliche mühe und arbeit billich
nicht beschweren, angesehen, das es ir ordenlicher
beruf ist und on das auch sunst ein jeder Christ sein
ganz leben mit Gottes wort soll hinbringen; dann
wöllen wir in das himelreich kummen, so müssen wir
aus wasser und Gaist neu geboren werden. Soliche
geburt aber geschichte nicht, aus vergenklichem,
sunder unvergenklichem samen, nemlich aus dem
lebendigen wort Gottes, das da ewiglich bleibt, wie
Petrus spricht [1. Petr. 1, 23]. Wann wir aber nun
also geboren werden und ein neu wesen uberkum-
men, so bedürfen wir auch einer gaistlichen speis
und narung, dasselbig zu erhalten. Das ist dann eben
dasselbig wort, darzu uns der heilig Petrus raizet
und spricht [1. Petr. 2, 2]: Seit girig nach der ver-
nünftigen lautern milch als die jetz geboren kind-
lein, auf das ir durch dieselben zunemet! Und so wir
dann solicher gestalt im neuen götlichen leben durch
Gottes wort aufwachsen und zunemen, so feiret der
Satan gewißlich nicht, sunder fichtet uns stetiglich
an. Gegen dem sein wir dann auch der gaistlichen
waffen und gegenwere nottürftig. Das ist dann aber
das wort Gotes, wie sanct Paulus spricht [Eph 6, 17]:
Das schwerd des gaists ist das wort Gottes.
Dieweil dann unsers neuen lebens anfang, mittel
und end, das ist die geburt-, das wachsen und über-
winden, in Gottes wort stehet, haben sich die seel-
sorger leicht zu erinnern, wie schwere rechnung sie
Gott darumb geben müsten, wann jemand aus irer
versaumnus zur gaistlichen geburt nit kummen oder,
so er schon aus dem Gaist neugeboren were, aus man-
gel guter leer und trost wider verschmachten oder
aber durch falsche leer verfüret und verkeret wer-
den solt. Darumb sollen sie fleißig anhalten mit lesen
und leren, auf das sie mit dem getreuen knecht mir-
gen sprechen: Herr, du hast mir zehen pfund ein-
getan; sihe, ich hab andere zehene damit gewunne.
So werden sie auch widerumb hören: Ei du frum-
mer getreuer knecht, du bist uber wenig getreu ge-
west, so will ich dich uber vil setzen, gehe ein zu dei-
b 1591 : + Das andere capitul.
nes Herrn freud [Matth. 25, 14-30; Luk. 19, 12-27].
Und damit sie sich dester baß in die heiligen
schrift schicken und ire leer dester ordenhcher füren
mögen, wöllen wir inen hiemit ein kurze anlaitung
geben und die fürnembsten stück christlicher leer,
die sie am allermaisten und fleißigsten treiben und
dem gemainen, einfeltigen man einbilden sollen,
nach einander erzelen, nicht der mainung, das sie
daran sollen hangen, sunder dardurch in die heiligen
schrift geweiset und gefüret werden, das sie daselbst
reichlich und gnugsame unterricht erlangen.
b
Vom alten und neuen testament.
Die heilig schrift, darinnen alles, was uns zu unser
seel seligkeit von nöten ist, reichlich und volkum-
menlich anzaigt wirt, begreift in sich zweierlei nam-
haftige lere, nemlich das gesetz und das evangelion,
gleich wie auch zwai testament sein, das alt und das
neu.
Das alt testament ist ein pund Gottes, den er mit
seinem volk gemacht hat, da er inen das gesetz auf
dem berg Sinai gab und steet ungeferlich in disen
worten, Exo. am 19. capitel [5 f.]: Werdet ir meiner
stimm gehorchen und meinen pund halten, so solt
ir mein aigentumb sein vor allen völkern und ir solt
mir ein priesterlich königreich und ein heilig volk
sein etc. Die stimm aber, der sie gehorchen, und der
pund, den sie solten halten, ist das ganze gesetz Mosi,
das inen dazumal geben wurde. Und diser pund ist
nit gehalten worden, kund auch von wegen der
schwacheit unsers flaischs nicht gehalten werden.
Darumb wurde Gott aus barmherzigkeit bewegt,
ein andern und neuen pund, weliches das neu testa-
ment ist, zu machen, und steet solicher neuer pund
oder neues testament ungeferlich in disen worten
[Mark. 16, 16]:Wer glaubt und tauft wirt, der wird
selig. Das wort aber, das wir glauben sollen, ist das
heilig evangelion, darinnen uns, die wir getauft sind,
die vergebung der sünde, das wir Gottes gepot uber-
treten und also das erst testament nicht gehalten
haben, durch den glauben an Christum, der sein blut
zur vergebung der sünd für uns vergossen hat, an-
gepoten wird.
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